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Bestandaufnahme in Dubai: Pariser Klimaziele am Prüfstand

Acht Jahre nachdem das Pariser Abkommen auf der UNO-Klimakonferenz (COP) im Jahr 2015 beschlossen worden ist, wird in Dubai bei der COP28 erstmals gemäß dem Vertrag eine globale Bestandsaufnahme ("Global Stocktake") zur Umsetzung präsentiert. 2021 wurde mit dieser "Inventur" der Klimaziele der einzelnen Nationen ("NDC") begonnen. Um die globale Erderwärmung auf 1,5 Grad zu reduzieren reichen sie nicht - das ist bekannt, aber wichtig sei der Stocktake laut UNO trotzdem.

Aus dem Bericht der UNFCCC (UNO-Klimarahmenkonvention), der am 14. November publiziert wurde, ging hervor, dass selbst bei Umsetzung aller NDC die Lücke groß ist. So lägen die im Jahr 2030 ausgestoßenen weltweiten Emissionen nur zwei Prozent unter dem Niveau von 2019. Für das 1,5-Grad-Ziel sollte dem Weltklimarat IPCC zufolge jedoch eine Reduktion von 43 Prozent erreicht werden. Die Regierungen würden angesichts der Klimakrise nur "Babyschritte" machen, lautete die Kritik von UNFCCC-Exekutivsekretär Simon Stiell.

Optimismus versprühte einen Tag später hingegen der Gastgeber der COP28 auf seiner Online-Präsenz: Präsident Sultan Ahmed Al Jaber lobte USA und China für ihre ankündigten Bemühungen eine Verdreifachung der Kapazitäten an Erneuerbare Energien auf globaler Ebene bis 2030 zu unterstützen. Die "New York Times" hielt indes fest, dass in dieser gemeinsamen Ankündigung jener Teil fehlt, der Chinas Stromversorgung ohne fossile Brennstoffe thematisiert.

Ein Makel, der auch dem Pariser Klimaabkommen anhaftet, doch in Dubai sollen fossile Brennstoffe bzw. der Ausstieg aus diesen sehr wohl auf der Agenda landen. Bei diesem Punkt wird auch Kritik am COP-Präsidenten laut, denn Ahmed Al Jaber ist nicht nur Industrieminister, sondern auch der Chef der staatseigenen Ölgesellschaft der Vereinigte Arabischen Emirate.

Die Diskussion um einen Ausstieg aus fossiler Energie wird aber nicht zu verhindern sein, da das globale Treibhausgasbudget einen eher raschen Umstieg auf Erneuerbare erfordert. Das Hauptziel der Konferenz und ihrer Vertretern aus rund 200 Nationen wird ab 30. November zumindest die deutliche Verringerung von Gas, Erdöl und Kohle sein müssen. Schon im Vorfeld der UNO-Klimakonferenz wurden Erinnerungen an jene in Glasgow vor zwei Jahren wach. Hier ging es "nur" um den Ausstieg aus Kohle. Die endete statt mit diesem Bekenntnis ("phase-out") mit einem für viele Teilnehmer frustrierende Kompromiss, dem schrittweisen Abbau ("phase-down") in der Abschlusserklärung.

Die "out"- oder "down"-Debatte wird nun zwei Jahre später ein Comeback feiern, samt der Frage, was es mit dem Wort "unabated" auf sich hat. Auch in Glasgow hieß es in der Abschlusserklärung, der schrittweise Abbau betreffe "unabated" Kohle, wie im Punkt IV "Mitigation" nachzulesen ist. Gleichzeitig findet die COP28 laut US-Klimabehörde NOAA im wärmsten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen vor 174 Jahren statt - die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt demnach über 99 Prozent.

Gerrit Hannsen vom Deutschen Institut für Internationale Politik und Sicherheit, das in seiner Funktion als beratende Stiftung für den Deutschen Bundestag wie auch die Bundesregierung tätig ist, schrieb Anfang Juli in einem Bericht, dass nicht nur die Debatte über den Begriff "unabated" eine Hürde werden könnte. Hannsen sah schon im Juni bei der Vorbereitungskonferenz in Bonn die "zentrale Säulen des Pariser Abkommens unter Beschuss - denn es herrsche ein Kampf um die Interpretation, die zentrale Fragen des Papiers betreffen.

Auf diese Debatten will sich zumindest UNO-Generalsekretär António Guterres nicht einlassen. Er rief stattdessen dazu auf, Investitionen in Erneuerbare zu verstärken, einhergehend mit einem "phase-out" aus den fossilen Energien - also der kompromisslosen Lösung. Gleichzeitig betonte er, dass die Industrieländer das Vertrauen wiederherstellen müssten, "indem sie ihre finanziellen Zusagen einhalten".

Denn auch in Dubai wird wieder um die versprochenen Finanzflüsse in den Globalen Süden gerungen werden. Noch ist weder der "Loss and Damage"-Topf gefüllt, wie auch die Klimawandelanpassung-Gelder nicht vollständig ausfinanziert wurden.

Und im Globalen Süden gibt es die Debatte, ob Strom nun aus fossiler Energie oder Erneuerbarer oder gar Atomkraft stammt, für viele Menschen nicht. Laut Ausblick der Internationale Energieagentur (IEA) für den afrikanischen Kontinent aus dem Vorjahr sind alleine hier 600 Millionen Menschen, oder 43 Prozent der Bevölkerung, ohne einen Zugang zu Strom. Die Mehrheit lebt dabei in der Sub-Sahara-Region. Eine Region, die auch die Frage nach "Klimagerechtigkeit" aufwirft, denn gerade diese 49 Staaten sind laut vielen Studien besonders vulnerabel gegenüber den Folgen der Klimakrise.

Auf die Entscheidungsträger bei der von 30. November bis 12. Dezember dauernden Klimakonferenz in der größten Stadt der Vereinigten Arabischen Emirate warten also große Aufgaben. Österreich ist in Dubai unter anderem durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und bei der abschließenden Verhandlungswoche durch Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) vertreten.

(S E R V I C E - Bericht Deutschen Instituts für Internationale Politik und Sicherheit https://www.swp-berlin.org/10.18449/2023A46/) - Vorläufige Agenda der COP28: https://unfccc.int/sites/default/files/resource/cma2023_01_adv.pdf)

ribbon Zusammenfassung
  • Acht Jahre nachdem das Pariser Abkommen auf der UNO-Klimakonferenz (COP) im Jahr 2015 beschlossen worden ist, wird in Dubai bei der COP28 erstmals gemäß dem Vertrag eine globale Bestandsaufnahme zur Umsetzung präsentiert.
  • 2021 wurde mit dieser "Inventur" der Klimaziele der einzelnen Nationen ("NDC") begonnen.
  • So lägen die im Jahr 2030 ausgestoßenen weltweiten Emissionen nur zwei Prozent unter dem Niveau von 2019.