Autokonvoi in Wien: "Höllenlärm" und Polizeieinsatz am Ring

Die Polizei hat den Autokonvoi von Impfgegnern untersagt - dennoch fanden sich am Ring Demonstranten ein. Es seien wenige, sorgten für "einen Höllenlärm" und teils gefährliche Situationen. Gegen 18 Uhr löste sich der Autokorso laut Polizei aber ohne gröbere Zwischenfälle auf.

Für Freitag hatten Gegner der Corona-Maßnahmen angekündigt, unter anderem im Wiener Prater einen Autokorso abhalten zu wollen. Doch die Polizei untersagte das - auf einschlägigen Social-Media-Kanälen wurde dennoch mobilisiert. Die Polizei rechnete mit einer "sehr dynamischen Situation" und kontrollierte schon die Zufahrtsstraßen nach Wien. 

Am Freitagnachmittag berichtete die Polizei von Fahrzeugkolonnen auf der Wiener Ringstraße. "Wir sind konsequent am Einschreiten und versuchen, dass wir so gut wie möglich den Verkehr am Fließen halten", sagte Polizeisprecher Christopher Verhnjak. Das gelinge den Beamten auch gut, lobte PULS 24 Reporterin Sabine Loho die Exekutive vor Ort. 

"Höllenlärm" und Polizeieinsatz

Loho berichtete von wenigen Demonstranten, die jedoch "einen Höllenlärm" verursachten. Nach 18 Uhr schritt am Ring dann auch die Polizei ein. Rund zwei Dutzend Beamte fuhren vor. Die Abschlussveranstaltung am Heldenplatz war erlaubt, demonstrieren am Ring jedoch untersagt. Dadurch kam es auch immer wieder zu gefährlichen Situationen, wenn zum Beispiel immer wieder Demonstranten ohne Auto die Straßenbahn-Gleise betraten und die Bim notbremsen musste. "Ein Wunder, dass da noch nichts passiert ist", schilderte Loho die Situation.

Es wurde viel gehupt, jedoch nicht nur von den Demo-Teilnehmern, sondern auch von anderen, die sich darüber ärgern, wenn Autos vor grünen Ampeln abbremsen. Die Reporterin berichtet auch von Beinah-Auffahrunfällen, wenn Autos spontan abbremsen. 

Gegen 18 Uhr löste sich der Korso laut Polizei auf. 

"Es sind nur ein paar, aber die machen einen Höllenlärm"

PULS 24 Reporterin Sabine Loho berichtet vom Autokorso am Ring-

Kontrollen, Anzeigen, notierte Kennzeichen

Es gab laut Polizei zahlreiche Anzeigen im Verkehrsbereich, aber keine Gewalttaten und keine Festnahmen. Die Fahrzeugkolonnen hätten sich vor allem auf den Ring beschränkt. Die Autos und Lastwagen machten vor allem durch Hupen auf sich aufmerksam, an den Lkw waren auch Transparente montiert. Videos auf Twitter zeigten, wie Fahrzeuge hupend oder mit Österreich-Fahnen bestückt, direkt an Polizisten vorbeifuhren. Wo eine Anhaltung nicht möglich war, wurden Kennzeichen notiert, betonte Verhnjak. Neben der Untersagung der Veranstaltung gilt in Wien auch ein generelles Hupverbot. 

PULS 24 Chefreporterin Magdalen Punz berichtete am Freitagnachmittag von Staus auf den Zufahrten in die Bundeshauptstadt. Auch sie beobachtete Österreich-Flaggen an mehreren Fahrzeugen. 

PULS 24 Chefreporterin Magdalena Punz berichtet von Staus bei der Einfahrt nach Wien.

Als Grund für die Untersagung gab Polizeisprecher Christopher Verhnjak gegenüber PULS 24 die Emissions- und Lärmbelastung an. Außerdem seien Hinweise eingegangen, dass "Demonstrationsteilnehmer*innen entgegen der Intention bzw. Anweisung der Anmelder ihre Fahrzeuge als Blockademittel verwenden, um den innerstädtischen Verkehr völlig lahmzulegen". 

Der Wiener Polizeisprecher Christopher Verhnjak im PULS 24 Interview über die Beweggründe für das Verbot des Autokonvois von Corona-Maßnahmengegnern.

Der Konvoi mit rund 3.000 Fahrzeugen nach kanadischem Vorbild war für Freitagmittag bei der Prater Hauptallee angemeldet worden und sollte dann ab 16 Uhr über den Praterstern, die Aspernbrücke, den Ring, den Franz-Josefs-Kai und die Praterstraße ziehen. Für die Abendstunden war eine Abschlusskundgebung am Heldenplatz geplant.

"Falter"-Chefredakteur Florian Klenk im PULS 24 Interview. 

Klenk: Infrastruktur-Sabotage nicht vom Demonstrationsrecht gedeckt

Solange nur gehupt oder demonstriert wird, so "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk, der sich vor Ort ebenfalls ein Bild machte, werde es kaum Aufregung geben. Problematisch werde es, so Klenk gegenüber PULS 24, wenn Straßen lahmgelegt und die Infrastruktur "sabotiert" wird. Das gehe nicht und sei auch nicht vom Demonstrationsrecht gedeckt. In diesem Fall werde die Reaktion der Polizei spannend. 

Brodnig: Demo-Verbot ist "Loose-Loose-Situation"

Journalistin Ingrid Brodnig im Interview. 

Die Journalistin Ingrid Brodnig sieht in der Untersagung eine "Loose-Loose-Situation" - beide Seiten verlieren. Ein Verbot könnte eine Trotzreaktion und eine "Jetzt-erst-recht-Mentalität" verursachen, sagt sie im PULS 24 Interview. Andererseits sei diese Form von Protesten "viel aufdringlicher", es könnte auch mit wenigen Personen der gesamte Verkehr lahmgelegt werden. Die Szene würde sich jedenfalls auf ein "Katz-und-Maus-Spiel" mit der Polizei vorbereiten. 

Diana zu Hohenlohe erklärt die rechtlichen Grundlagen der Untersagung.

Auf Autos und Lkw werde zum einen wegen des kanadischen Vorbilds gesetzt, aber auch, weil zu den Corona-Demos zuletzt weniger Menschen kamen. Diese Demos seien viel auffälliger und sichtbarer. Außerdem gibt es in der Szene Forderungen nach härteren Aktionen. Das sei aber auch riskant für die Organisatoren, da sie auf noch weniger Verständnis in der Bevölkerung stoßen.

Falsche Argumente, richtige Entscheidung

Juristin Diana zu Hohenlohe erklärt, dass das Versammlungsrecht ein hohes Gut sei - es aber eben auch Einschränkungsmöglichkeiten gibt. "Grundrechte des einen haben ihre Grenze, wo Grundrechte des anderen eingeschränkt werden". 

Eine Demonstration könne also untersagt werden, wenn dadurch Straftaten verhindert werden können, es für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung notwendig sei oder durch die Demos die Gesundheit und Freiheit anderer gefährdet werde. Die Polizei müsse das mit dem Versammlungsrecht abwiegen.

Anzeigen und Abschleppungen

Dass die Demo laut sei und die erhöhten Emissionen seien kein ausreichender Grund, sagt die Juristin - das treffe auf Verkehr immer zu. Aber Autos haben ein besonderes Gefährdungspotenzial und im Prater sind auch Familien und ältere Menschen unterwegs, dort seien sonst keine Fahrzeuge zugelassen. Die ganze Nacht über Lärm müsse man auch nicht tolerieren. Die Untersagung sei also gerechtfertigt, sagt zu Hohenlohe - sie würde sich aber auf andere Argumente als die Polizei stützen.

Sollten trotz Verbots tatsächlich Konvois in Wien bilden, werde es Anzeigen und Abschleppungen geben, teilte die Polizei mit.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Polizei hat den Autokonvoi von Impfgegnern untersagt - dennoch bildeten sich Fahrzeugkolonnen vor allem am Wiener Ring, die durch Hupen und Transparente auf sich aufmerksam machten.
  • Nach 18 Uhr schritt am Ring dann auch die Polizei ein. Rund zwei Dutzend Beamte fuhren vor. Die Abschlussveranstaltung am Heldenplatz war erlaubt, demonstrieren am Ring jedoch untersagt.
  • Loho berichtete von rund 1.000 Demonstranten, die jedoch "einen Höllenlärm" verursachten. Gehupt hätten jedoch auch andere Wiener, die sich über Verkehrsbehinderungen ärgerten.
  • Es gab laut Polizei zahlreiche Anzeigen im Verkehrsbereich, aber keine Gewalttaten und keine Festnahmen. Der Autokorso löste sich gegen 18 Uhr laut Polizei auf.
  • Die Journalistin Ingrid Brodnig sieht in der Untersagung eine "Loose-Loose-Situation" - beide Seiten verlieren.
  • Juristin Diana zu Hohenlohe erklärt, dass das Versammlungsrecht ein hohes Gut sei - es aber eben auch Einschränkungsmöglichkeiten gibt. "Grundrechte des einen haben ihre Grenze, wo Grundrechte des anderen eingeschränkt werden".