Anschlag in Wien: Terrorist versuchte bereits im März eine Waffe zu kaufen
Es ist der 21. März 2020, als der spätere Attentäter via Instagram versucht, eine Waffe für 500 Euro zu kaufen. "Schickt ein Foto einer Handfeuerwaffe", schreibt er einem Bekannten. "Wieso brauchst du?", fragt dieser ein paar Stunden später und ergänzt: "Um 500 euro [sic!] eine". Anschließend wechseln sie auf den Messengerdienst "Telegram", der weitere Verlauf des Gesprächs ist unbekannt. Dieses pikante Detail enthüllen die Ermittlungsakten, die PULS 24 vorliegen. Geliefert wurden diese den heimischen Behörden im Zuge der Ermittlungen nach dem Anschlag "von einer amerikanischen Sicherheitsbehörde", dem FBI.
Zu dieser Zeit ist der Attentäter etwa drei Monate auf freiem Fuß – vorzeitig entlassen. Er wollte 2018 nach Syrien ausreisen und sich dem "Islamischen Staat" anschließen. Im Juli 2020 empfing er in Wien amtsbekannte Dschihadisten aus der Schweiz und Deutschland. Nur einen Tag nach deren Abreise fuhr er mit einem weiteren Verdächtigen in die Slowakei und versuchte explizit Munition für eine AK-47 zu kaufen – er verwendete bei der Tat einen Nachbau der Kalaschnikow. Am 2. November wird er sich gegen 18.25 Uhr beim Schwedenplatz einfinden, in Richtung Marc-Aurel-Straße gehen – dort wird er um 19.36 Uhr gefilmt – und gegen 20 Uhr anfangen zu schießen. Er wird vier Menschen töten und über 20 teils schwer verletzen, bevor Beamte der WEGA ihn "neutralisieren".
Wollte "eine oder mehrere Schusswaffen besorgen"
Im Zuge der Zusammenarbeit zwischen dem heimischen BVT und dem deutschen Bundeskriminalamt kommen die Behörden dem mutmaßlichen Waffenhändler auf die Spur. Das Instagram-Profil ist mit einer Mailadresse verknüpft, diese mit einer Handynummer. Für die Ermittler bestand im Dezember 2020 "Grund zu Annahme, dass" der Attentäter "bereits zu diesem Zeitpunkt sich eine oder mehrere Schusswaffen besorgen wollte und der nun zur Anzeige gebrachte" 20-jährige mutmaßliche Waffenhändler "laut dem vorliegenden Chatverlauf bereit war, entsprechende Unterstützungshandlungen hierfür zu leisten".
Ob gegen den 20-Jährigen ermittelt wird oder er in Haft sitzt wird von der Staatsanwaltschaft Wien gegenüber PULS 24 weder bestätigt noch dementiert und auf "laufende Ermittlungen" verwiesen. Der Chat und der versuchte Waffenkauf ist ein weiteres Puzzlestück bei den Ermittlungen. Belegt ist, dass der Attentäter kurz nach seiner Haftentlassung bereits wieder Kontakt mit ebenfalls einschlägig vorbestraften Personen hatte, diese auch gemeinsam von der Polizei kontrolliert wurden – inklusive Abfrage beim LVT – und es dennoch keine Konsequenzen nach sich zog. Erst Stunden nach dem Anschlag klickten für zahlreiche Verdächtige die Handschellen, derzeit sitzen insgesamt zehn Personen in Untersuchungshaft.
Zusammenfassung
- Der Wiener Attentäter versuchte bereits im März 2020, drei Monate nach seiner vorzeitigen Haftentlassung, an eine Handfeuerwaffe zu kommen.
- Das belegen vom FBI gelieferte und vom BVT ausgewertete Instagram-Chats.
- "Schickt ein Foto einer Handfeuerwaffe", schreibt er einem Bekannten. "Wieso brauchst du?", fragt dieser ein paar Stunden später und ergänzt: "Um 500 euro [sic!] eine".
- Anschließend wechseln sie auf den Messengerdienst "Telegram", der weitere Verlauf des Gesprächs ist unbekannt.