Anschlag auf Kriegs-Blogger: Russin festgenommen

Der Kreml in Moskau hat die Ermordung des russischen Militärbloggers Wladlen Tatarski in St. Petersburg als "Terroranschlag" eingestuft. Eine Verdächtige wurde festgenommen, auch ein Video mit einem Geständnis hat das Innenministerium in Moskau veröffentlicht.

"Es gibt Angaben, dass die ukrainischen Geheimdienste mit der Planung dieses Terroranschlags etwas zu tun haben könnten", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag. In Haft sitzt eine 26-jährige Verdächtige wegen Mordes. Bei der Explosion wurden mehr als 30 Menschen verletzt.

Die Verdächtige namens Darja Trepowa, eine russische Staatsbürgerin, sei festgenommen worden, teilte das staatliche Ermittlungskomitee am Montag mit. Das Innenministerium in Moskau veröffentlichte ein Video, in dem die mutmaßliche Täterin zugibt, am Sonntag in dem Café gewesen zu sein. Sie habe Tatarski, der mit bürgerlichem Namen Maxim Fomin heißt, eine Büste übergeben, die dann später explodierte. Der 40-Jährige starb. Auf die Frage, wer ihr diese Büste gegeben habe, meinte sie, dass sie das später sage.

"Terroristische Handlungen" von Kiew? 

Peskow warf der Führung in Kiew vor, "terroristische Handlungen" in Russland zu unterstützen. Es ist der zweite Fall seit Beginn des russischen Angriffskriegs vor gut einem Jahr, in dem ein russischer Propagandist getötet wurde. Im vergangenen Jahr starb die Publizistin Darja Dugina bei einer Autoexplosion bei Moskau.

Verbindungen zu Nawalny-Stiftung

Kiews Geheimdienste hätten den "Terroranschlag" gegen Wladlen Tatarski geplant und dafür eine inzwischen inhaftierte Verdächtige herangezogen, teilte das Anti-Terror-Komitee am Montag mit. Nach Darstellung des Anti-Terror-Komitees stand die festgenommene Frau mit der Anti-Korruptions-Stiftung des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny in Verbindung. Zuvor hatten Medien berichtet, die mutmaßliche Täterin habe in der Vergangenheit an Demonstrationen für die Freilassung Nawalnys teilgenommen und sei wie der Oppositionsführer überzeugte Kriegsgegnerin.   

Die ukrainische Regierung habe schon seit 2014 viele Menschen "ermordet", sagte Peskow mit Blick auf den Donbass. Auch deshalb gebe es die "militärische Spezialoperation" in der Ukraine. So nennt Russland seinen Angriffskrieg offiziell. Die Ukraine hatte im April 2014 eine Anti-Terror-Operation gegen die prorussischen Separatisten im Donbass begonnen, die 2018 in Operation der Vereinten Kräfte umbenannt wurde. Die ukrainische Führung wollte damals die Kontrolle über die Regionen Donezk und Luhansk, die sich lossagten von Kiew im Zuge der prowestlichen Revolution, wiedererlangen.

Sprengsatz in Geschenk

Tatarskij, dessen richtiger Name Maxim Fomin lautet, hatte nach offiziell unbestätigten Medienberichten am Sonntag zu einem "patriotischen Abend" in das Café "Stritfud-Bar No.1" im Zentrum von Sankt Petersburg eingeladen. Dabei soll er eine Büste geschenkt bekommen haben, die dann explodierte. 

32 Verletzte

Die Zahl der Verletzten bei dem mutmaßlichen Bombenanschlag auf den bekannten russischen Militärblogger in Sankt Petersburg ist einem Medienbericht zufolge auf 32 gestiegen. Zehn von ihnen befänden sich in ernstem Zustand, meldete die staatliche russische Nachrichtenagentur RIA am Montag unter Berufung auf das Gesundheitsministerium. Der Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, sieht eine Gruppe von Radikalen hinter dem Mordanschlag auf den Militärblogger.  

Der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak sagte, in Russland mache sich "Inlandsterrorismus" breit. Der von Russland eingesetzte Chef des besetzten ukrainischen Gebiets Donezk, Denis Puschilin, wies der Regierung der Ukraine die Verantwortung für Tatarskis Tod zu. Prigoschin sagte hingegen, er würde dem "Regime in Kiew" nicht die Schuld geben. Er gab zudem an, dass das Cafe früher ihm gehört habe. Er habe es aber "patriotischen" Aktivisten überlassen, die dort Treffen abhielten. Reuters konnte die Angaben nicht unabhängig verifizieren.

Der Blogger und Kriegsberichterstatter hatte ab 2014 zunächst als Aufständischer für die Unabhängigkeit des russisch kontrollierten Donbass gekämpft, ehe er sich dem Journalismus zuwandte. Er verbreitete in seinem Blog Videos vom Frontgeschehen in der Ukraine und gab zuletzt jungen russischen Soldaten Tipps, wie sie sich in den vordersten Linien verhalten sollten.

Prigoschin lobte den Blogger als Patrioten und widmete ihm eine Aktion in der umkämpften ostukrainischen Stadt Bachmut. Dort ließ er auf dem Verwaltungsgebäude eine russische Flagge hissen - mit dem Namen von Tatarski auf dem Stoff. Der Wagner-Chef behauptete, dass Bachmut eingenommen sei. Die Eroberung der Verwaltungszentrale sei "rechtlich" der Beweis, dass die Ukraine keine Kontrolle mehr habe über die Stadt. Die ukrainische Führung hat die Lage in Bachmut stets als schwierig bezeichnet, aber auch betont, den strategisch wichtigen Ort zu halten. Weder Kiew noch die russische Militärführung in Moskau haben einen Fall Bachmuts bestätigt.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein bekannter russischer Kriegsberichterstatter und Blogger starb am Sonntag bei einer Explosion in einem Café in Sankt Petersburg.
  • Laut unbestätigten Medienberichten soll es sich dabei um einen gezielten Anschlag gehandelt haben.