Weltärztepräsident Montgomery: "Die Impfpflicht ist nichts vom Teufel"
"Jeder denkt nur noch an sich, nicht an ein gesellschaftliches Wir", sagt der Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery. Denn die Impfbereitschaft sinkt. Eine aktuelle Umfrage für PULS 24 zeigt außerdem, dass 70 Prozent der Menschen gegen eine generelle Impfpflicht sind, 59 Prozent sind allerdings für die Impfpflicht für Gesundheitspersonal, 50 Prozent für die Pflicht im Sozialbereich und 49 Prozent befürworten die Impfpflicht im Bildungsbereich.
Die Pandemiebekämpfung bleibt weiterhin ein Schwerpunkt im Regierungsprogramm. Derzeit seien von Corona viele Junge betroffen. Die Regierung ruft zur Impfung auf.
Für Montgomery zeigen die Zahlen eine "Entsolidarisierung" nach dem Prinzip "man selber möchte nichts tun, die anderen sollen". Mit der Impfung schütze man ja nicht nur sich selbst, sagt der Weltärztepräsident - da brauche es ein "gesellschaftliches Umdenken". Man müsse sich mittlerweile schon überlegen, was man mit nicht gebrauchten Impfdosen macht - der Mediziner spricht sich fürs Spenden an andere Länder aus.
Man müsse außerdem auf Menschen, die nicht täglich Nachrichten Nachrichten konsumieren, mehr zugehen und sie in ihrer Sprache und Welt erreichen, denn die Impfkampagnen würden große Gesellschaftsgruppen nicht erreichen, sagt Montgomery.
Generelle Impfpflicht politisch nicht machbar
Eine generelle Impfpflicht sei aber verfassungsrechtlich schwer umzusetzen, gibt der Mediziner gleichzeitig zu bedenken - für einzelne Berufsgruppen sei das aber machbar. Wobei es sich dabei um keine Impfpflicht, sondern um ein Berufsverbot für Nichtgeimpfte handle - das mache rechtlich einen Unterschied, sagt Montgomery. Im Gesundheitsbereich mache das Sinn.
Montgomery merkt an, dass es bereits Impfpflichten gibt: Etwa bei der deutschen Bundeswehr, auch die Masernimpfung für Kinder sei verpflichtend. Die Pflicht "ist nichts vom Teufel", sagt er, sie sei lediglich politisch nicht opportun. Vor allem der deutschen Politik wirft er vor, im Wahlkampf "keine klaren Vorgabe" machen zu wollen. Sein Seitenhieb in Richtung der Spitzenkandidaten: So komme man "aber auch nicht ins Kanzleramt".
Lockdown im Herbst sei möglich
Es werde im Herbst weltweit wieder zu Anstiegen bei den Infektionszahlen kommen, sagt der Arzt. Auch Lockdowns und Reisebeschränkungen seien wieder möglich. Man müsse die Infektionszahlen, den R-Wert, also wie viele Personen eine infizierte Person ansteckt und die Auslastung der Intensivstationen beobachten. "Wir tun alles, um das zu verhindern", sagt er. Aber die Menschen hätten es auch selbst in der Hand.
Impfen, Händewaschen, Masken zu tragen, Abstand zu halten und nicht auf Festivals, wie jenes in Kroatien zu fahren, bei dem sich über 100 Österreicher infiziert haben, rät der Experte. Er nimmt aber auch Boulevardmedien in die Pflicht - wegen diesen würden sich immer weniger Menschen an die Maßnahmen halten.
Zusammenfassung
- Die Corona-Zahlen stiegen wieder, die Delta-Variante wütet. Dennoch sinkt die Zahl jener, die sich impfen lassen wollen.
- Für den Weltärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery hat das auch etwas mit Entsolidarisierung zu tun.
- "Jeder denkt nur noch an sich, nicht an ein gesellschaftliches Wir", sagt der Weltärztepräsident Frank Ulrich Montgomery.
- Mit der Impfung schütze man ja nicht nur sich selbst, sagt der Weltärztepräsident - da brauche es ein "gesellschaftliches Umdenken".
- Montgomery merkt an, dass es bereits Impfpflichten gibt: Etwa bei der deutschen Bundeswehr, auch die Masernimpfung für Kinder sei verpflichtend. Die Pflicht "ist nichts vom Teufel", sagt er, sie sei lediglich politisch nicht opportun.
- Es werde im Herbst weltweit wieder zu Anstiegen bei den Infektionszahlen kommen, sagt der Arzt. Auch Lockdowns und Reisebeschränkungen seien wieder möglich.