Nach EGMR-Entscheidung: Wäre Impfpflicht auch in Österreich möglich?
Fünf Kinder und ein Vater aus Tschechien wandten sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) und wollten wissen, ob die dort geltende Impfpflicht zulässig sei. In Tschechien müssen Kindern neun verschiedene Impfungen verabreicht werden, darunter auch Masern, Mumps und Röteln. Wer seine Kinder nicht impft, dem droht eine Strafe - und die Kinder dürfen eventuell nicht in den Kindergarten.
Die Richter bestätigten nun am Donnerstag, dass eine Impfpflicht grundsätzlich zulässig ist. Jeder Staat dürfe das selbst entscheiden, der Spielraum sei groß. Nicht erlaubt sei allerdings, dass die Staaten körperlichen Zwang anwenden. Geldbußen oder ein Ausschluss vom Kindergarten seien hingegen rechtens, da das den späteren Schulbesuch nicht verhindere.
Der Völkerrechtsexperte Ralph Janik sagt nun, dass die Entscheidung des EGMR bedeutet, dass eine Abwägung zu Gunsten der Impfpflicht ausfallen kann. Die tschechische Regelung sei nicht menschenrechtswidrig - und dadurch wäre es auch eine Impfpflicht generell nicht - zumindest nicht immer.
Beim Fall in Tschechien fiel die Entscheidung so aus, weil die Vorschule keine Pflichtschule sei und weil die Strafen gering seien. In diesen Fällen ist eine Impfpflicht also möglich, so Janik.
Was heißt das für Österreich?
In Österreich hätte wir zwar die Debatte, die Politik würde sich aber nicht trauen, sagt Janik. Eine Impfpflicht sei aber auch in Österreich möglich. "Ich kann emotional nachvollziehen, das sich Menschen Sorgen machen darüber, was sie bekommen", sagt der Rechtsexperte. Er beruhigt aber: Eine Impfpflicht sei, wenn sie denn komme, immer eine Abwägung. Denn auch das Rechts auf körperliche Unversehrtheit sei rechtlich ein wichtiges Gut. Das müsse dann mit dem Interesse daran, Krankheiten ganz auszurotten oder Menschen zu schützen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen dürfen, abgewogen werden.
Das heißt eine etwaige Impfpflicht sei nicht absolut: Gegen den Willen könne das nicht so einfach geschehen, sagt Janik, und Strafen dürften nicht hoch sein. Es gehe dabei also eher um Menschen, die etwa auf ihren zweiten Impftermin vergessen und dafür "einen Anstoß" brauchen.
Wie könnte die Impfpflicht in Österreich eingeführt werden?
Es müsse eine "enorm breite parlamentarische Debatte" vorangehen, sagt Janik. Man müsse sich überlegen, wie hoch die Strafen wären und welche religiösen oder weltanschaulichen Ausnahmen es geben könnte. "Die Religion der Impfverweigerer würde aber nicht gehen", sagt Janik. Eine Verordnung würde aber jedenfalls nicht ausreichen.
Der Staat sei außerdem verpflichtet, Alternativen zur Impfung bereitzustellen. Janik glaubt also nicht, dass das Testen irgendwann nicht mehr in den 3-Gs enthalten sein wird. "Die Diskussion wird größer gemacht, als sie ist", sagt er abschließend.
Zusammenfassung
- Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat eine Impfpflicht für grundsätzlich zulässig erklärt. Jeder Staat dürfe das selbst entscheiden, der Spielraum sei groß.
- Nicht erlaubt sei allerdings, dass die Staaten körperlichen Zwang anwenden. Geldbußen oder ein Ausschluss vom Kindergarten seien hingegen rechtens, da das den späteren Schulbesuch nicht verhindere.
- Der Völkerrechtsexperte Ralph Janik sagt nun, dass die Entscheidung des EGMR bedeutet, dass eine Abwägung zu Gunsten der Impfpflicht ausfallen kann. Die tschechische Regelung sei nicht menschenrechtswidrig - und dadurch wäre es auch eine Impfpflicht nicht
- In Österreich hätte wir zwar die Debatte, die Politik würde sich aber nicht trauen, sagt Janik. Eine Impfpflicht sei aber auch in Österreich möglich.
- Eine Impfpflicht sei, wenn sie denn komme, immer eine Abwägung. Denn auch das Rechts auf körperliche Unversehrtheit sei rechtlich ein wichtiges Gut.
- Das heißt eine etwaige Impfpflicht sei nicht absolut: Gegen den Willen könne das nicht so einfach geschehen, sagt Janik, und Strafen dürften nicht hoch sein.