Fünf Millionen Österreicher geimpft: Kurz will mehr auf Eigenverantwortung setzen
Mehr als fünf Millionen Österreicher - genau 5.005.125 oder 56 Prozent der Bevölkerung - haben nach den Daten des E-Impfpasses bis Freitag, 24.00 Uhr, zumindest eine Corona-Teilimpfung erhalten. Damit wurde das Ziel von fünf Millionen Geimpften bis Ende Juni um neun Tage verfehlt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte Anfang April versichert, dass alle Impfwilligen bis Ende Juni den Erststich erhalten, Anfang Juni wurde das Ziel nach unten revidiert.
Am Freitag kamen 83.139 Impfungen hinzu. 3.662.891 oder 41 Prozent der Österreicher haben beide Teilimpfungen erhalten, angesichts der deutlich ansteckenderen Delta-Variante ein entscheidender Wert. Gegen die Delta-Variante schützt nur eine Vollimmunisierung ausreichend.
"Unglaubliche Leistung"
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) zeigte sich trotz der Zielverfehlung erfreut: "Das ist eine unglaubliche Leistung und zeigt, was wir im Kampf gegen die Pandemie gemeinsam alles erreichen können." Auch er wies auf die Wichtigkeit der Vollimmunisierung hin: "Um uns allen bestmöglichen Schutz vor neuen Virusvarianten bieten zu können, ist es besonders wichtig, dass alle möglichst bald ihre Impfserie abschließen. Die aktuellen Daten und Forschungsergebnisse zeigen uns, dass sich dadurch die Schutzwirkung vor der Deltavariante besonders stark erhöht."
Mückstein appellierte: "Wenn Sie noch keine Impfung erhalten haben, dann nutzen Sie bitte jetzt dieses einfache und vielfältige Angebot. Nutzen wir gemeinsam den Sommer, um uns bestmöglich für den Herbst vorzubereiten."
Höchste Durchimpfungsrate im Burgenland
Am höchsten ist die Erst-Durchimpfungsrate im Burgenland mit 62 Prozent. In Niederösterreich sind 59,6 Prozent der Bevölkerung geimpft, in Tirol 56,4 Prozent. Nach der Steiermark (56 Prozent), Vorarlberg (55,9 Prozent), Kärnten (53,6 Prozent), Wien (53,4 Prozent) und Salzburg (52,7 Prozent) bildet Oberösterreich das Schlusslicht mit einer Durchimpfungsrate von 52 Prozent.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie nun verstärkt auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung setzen. "Der Staat hat die letzten eineinhalb Jahre massiv in das Leben jedes Einzelnen eingegriffen, er muss sich jetzt wieder auf seine Kernaufgaben zurückziehen", sagte er im Gespräch mit den Bundesländer-Zeitungen (Samstag-Ausgaben).
"Individuelles medizinisches Problem"
"Die Krise redimensioniert sich. Sie wandelt sich von einer akuten gesamtgesellschaftlichen Herausforderung zu einem individuellen medizinischen Problem", das jeden betreffe, der nicht geimpft sei, meinte Kurz. Die Pandemie werde nunmehr dem individuellen Risiko- und Vernunftmanagement überantwortet. "Wir sind eine liberale Demokratie. Es gibt das Recht, rechtskonform unvernünftig zu handeln. Man kann am Tag zehn Schnitzel essen oder mit 140 Kilo die Felswand hinaufklettern, ohne dass der Staat unten steht und das Seil sichert." Für besonders sensible Orte der Zusammenkunft wie Schulen oder Gesundheitseinrichtungen werde die Eigenverantwortung aber auch weiterhin an spezielle Sicherheitsstandards gekoppelt sein.
Einen "Zickzack-Kurs" ortete am Samstag NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker: "Es ist geradezu grotesk, dass ausgerechnet jener Bundeskanzler, der den Menschen jetzt eineinhalb Jahre lang jede Eigenverantwortung abgesprochen und genommen hat und ihnen in seinem Kontroll- und Überwachungswahn die Polizei sogar ins Schlafzimmer schicken wollte, die Pandemie jetzt plötzlich zu einem 'individuellen medizinischen Problem' erklärt." Wichtigste Aufgabe der Regierung sei es jetzt, die Bevölkerung zum Impfen zu bringen - etwa mittels einer Broschüre, die an jeden Haushalt gehen soll.
Um ein Stück politische Normalität zu demonstrieren, tourt Kurz derzeit durch die Bundesländer. Am Samstag besuchte der Kanzler etwa die "Riverdays" in Graz, bei denen unterschiedliche Sportbewerbe entlang der Mur stattfinden, darunter die Staatsmeisterschaften der Kanuten. "Es freut mich, dass nach langen Monaten des Verzichts nun endlich wieder Sport, Kultur, Tourismus und vieles andere möglich ist", wurde Kurz in einer Aussendung zitiert.
Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), derzeit Vorsitzender der LH-Konferenz, verteidigte unterdessen in der "Ö1"-Reihe "Im Journal zu Gast" die Lockerungen. Man solle den Menschen die Aufbruchsstimmung jetzt nicht nehmen.
Zusammenfassung
- Mehr als fünf Millionen Österreicher - genau 5.005.125 oder 56 Prozent der Bevölkerung - haben nach den Daten des E-Impfpasses bis Freitag, 24.00 Uhr, zumindest eine Corona-Teilimpfung erhalten.
- Damit wurde das Ziel von fünf Millionen Geimpften bis Ende Juni um neun Tage verfehlt. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte Anfang April versichert, dass alle Impfwilligen bis Ende Juni den Erststich erhalten.
- Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) zeigte sich trotz der Zielverfehlung erfreut: "Das ist eine unglaubliche Leistung und zeigt, was wir im Kampf gegen die Pandemie gemeinsam alles erreichen können."
- Auch er wies auf die Wichtigkeit der Vollimmunisierung hin: "Um uns allen bestmöglichen Schutz vor neuen Virusvarianten bieten zu können, ist es besonders wichtig, dass alle möglichst bald ihre Impfserie abschließen".
- Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) will im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie nun verstärkt auf die Eigenverantwortung der Bevölkerung setzen. "
- "Die Krise redimensioniert sich. Sie wandelt sich von einer akuten gesamtgesellschaftlichen Herausforderung zu einem individuellen medizinischen Problem", das jeden betreffe, der nicht geimpft sei, meinte Kurz.