Salzburg vor "Alles-oder-nichts-Spiel" gegen FC Sevilla
"Die Konstellation ist schon ein Wahnsinn, spannender geht's nicht", meinte Salzburg-Trainer Matthias Jaissle. Eine Zitterpartie vor leeren Rängen hätte sich sein Team mit zählbaren Erfolgen in Wolfsburg (1:2) oder Lille (0:1) ersparen können. Der dritte Matchball soll nun verwertet werden. Die Bullen gehen als Tabellenzweiter hinter Lille ins Gruppenfinale. Mit einem Sieg und gleichzeitigem Punkteverlust der Franzosen in Wolfsburg ist auch der Gruppensieg noch möglich.
Auf das Parallelspiel will Jaissle aber nicht schauen. "Wir beteiligen uns an so Rechenspielen überhaupt nicht", betonte der Deutsche. "Wir gehen in die Partie mit vollem Fokus da etwas zu reißen." Der 33-Jährige sieht seine Mannschaft für das "Alles-oder-nichts-Spiel", wie er es nennt, gerüstet. "Wir haben den Ehrgeiz, die Partie zu gewinnen. Wir wollen alles raushauen gegen eine europäische Spitzenmannschaft. Unser Anspruch ist auf jeden Fall, das Ding auch zu ziehen."
Schon bei den beiden vergangenen CL-Teilnahmen hatten die Salzburger vor der letzten Runde noch Chancen auf den Achtelfinal-Einzug. 2019 und 2020 wäre in den abschließenden Heimspielen gegen Liverpool bzw. Atletico Madrid allerdings jeweils ein Sieg vonnöten gewesen. Gegen die beiden Schwergewichte setzte es stattdessen jeweils 0:2-Niederlagen und die Bullen stiegen in die Europa League um.
Diesmal soll mehr herausschauen. "Die Ausgangslage haben sich die Jungs erarbeitet, das sollen sie jetzt krönen", sagte Jaissle am Dienstag. Ein Schlüssel sei es, "mit Freude und Unbekümmertheit wieder auf den Platz zu gehen". Mit einer solchen hatten die Salzburger aus den ersten drei CL-Partien dieser Saison sieben Punkte geholt. In den vergangenen sieben Pflichtspielen gelangen ihnen aber nur zwei Siege und zwei Remis.
Auch Karim Adeyemi agierte zuletzt glücklos. Der deutsche Nationalstürmer erzielte in den jüngsten acht Partien nur ein Tor. "Er weiß selber, dass er zuletzt nicht der Karim war wie zu Beginn der Saison", meinte Jaissle. "Aber der Junge ist so klar in der Birne, der weiß, was er besser machen muss. Ich bin mir sicher, dass er speziell in so einem Topspiel dann auch wieder zünden kann."
An der Seite von Adeyemi könnte Noah Okafor stürmen. Beim Schweizer, der zuletzt zwei Wochen wegen Oberschenkelproblemen gefehlt hat, sehe es laut Jaissle nicht schlecht aus. "Es geht in die richtige Richtung." Okafor sei vor seiner Verletzung "richtig gut unterwegs" gewesen. "Es würde mich sehr freuen, wenn er morgen das 'Go' gibt." Kommt es nicht, dürfte wie vor zwei Wochen in Lille der 18-jährige Benjamin Sesko beginnen.
Die beiden jüngsten CL-Niederlagen haben Salzburg zwar unter Zugzwang gebracht. Zu Hause haben die Bullen unter Jaissle aber noch kein Spiel verloren. Dazu könnte der Salzburger Winter eine Rolle spielen. Temperaturen unter dem Gefrierpunkt sind angesagt, auch leichter Schneefall ist möglich. Sevilla hätte aber auch schon in kälteren Gefilden gespielt, entgegnete Jaissle. Der Platz sei in einem sehr guten Zustand. "Deswegen glaube ich, dass es ein sehr ausgeglichenes Spiel ist."
Das Hinspiel im September in Südspanien endete 1:1. Adeyemi holte drei Elfmeter heraus, vergab aber ebenso wie Torschütze Luka Sucic einen davon. Es gebe auch diesmal eine interne Rangliste für Elfmeterschützen, verriet Jaissle. Bekanntgeben wollte er sie nicht. Für Sevilla traf im Heimspiel Routinier Ivan Rakitic in Unterzahl ebenfalls vom Punkt. Ohne Gegentor hat Salzburg noch keines der bisher 17 CL-Spiele der Red-Bull-Ära überstanden. Jaissle: "Es ist auf so einem Topniveau nicht einfach, die Null zu halten."
Gelingt es gegen Rakitic und Co. erstmals, stünden die Bullen in der K.o.-Phase. Der Achtelfinal-Einzug würde alleine an UEFA-Prämien 9,6 Mio. Euro bringen - ganz zu schweigen vom Imagegewinn. Als einziges österreichisches Team hat bisher Sturm Graz 2000/01 in der Champions League überwintert, damals sogar als Gruppensieger. Vor 21 Jahren wurde anstelle eines Achtelfinales aber noch eine zweite Gruppenphase ausgetragen.
Die Salzburger wissen um ihre historische Chance. "Wenn uns das jemand vor Saisonbeginn gesagt hätte, dass wir es am letzten Spieltag in der eigenen Hand haben, hätten wir das alle unterschrieben", meinte Jaissle. Ein bisschen Druck sei vor dem vielleicht wichtigsten Spiel der Halbsaison spürbar, gestand ÖFB-Teamspieler Nicolas Seiwald. "Aber mit dem Druck musst du umgehen als Fußballer - das macht uns nur stärker." Gegen Lille (2:1) und Wolfsburg (3:1) haben die Salzburger zu Hause bereits gewonnen. Corona-bedingt fehlt im Entscheidungsspiel nun allerdings die Unterstützung der Zuschauer.
Zusammenfassung
- Die Ausgangsposition ist weitaus besser als in den beiden vergangenen Jahren.
- Fußball-Meister Red Bull Salzburg benötigt am Mittwoch im abschließenden Gruppenspiel daheim gegen den FC Sevilla einen Punkt, um als erstes österreichisches Team ins Champions-League-Achtelfinale einzuziehen.
- Sevilla hätte aber auch schon in kälteren Gefilden gespielt, entgegnete Jaissle.
- "Deswegen glaube ich, dass es ein sehr ausgeglichenes Spiel ist."