Österreichs "Meilenstein" gegen die Niederlande
Das ganze Land ist komplett aus dem Häuschen. Der Sieg gegen die Niederlande bedeutet nicht nur das Weiterkommen in der Gruppe D - das ÖFB-Team ist sogar Gruppensieger. Diese herausragende Leistung ist vor allem der starken Vorstellung der Österreicher zuzuschreiben. Gleichzeitig muss man erwähnen, dass Frankreich erneut schwächelte und so den ersten Gruppenplatz verlor.
Umstellungen in der ÖFB-Startelf
ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick mischte erneut in der Startaufstellung durch. Es war schon klar, dass Österreich mit ziemlicher Sicherheit die Gruppenphase überstehen wird. Dementsprechend war zu erwarten, dass der Teamchef heftig durchrotieren würde.
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Maximilian Wöber startete neben Philipp Lienhart von Beginn an, Alexander Prass durfte nach zwei starken Auftritten nach Einwechslung endlich in die Startelf. Am Flügel rotierten sowohl Patrick Wimmer als auch Romano Schmid rein, Christoph Baumgartner und Konrad Laimer mussten auf die Ersatzbank.
"Elegante" Lösung der Österreicher
Österreich zeigte sich bei eigenem Ballbesitz erneut ein ganzes Stück verbessert. Die Schwächen auf der Sechser-Position wurden gegen die Holländer elegant kaschiert, indem die ÖFB-Spieler oft direkt von der Innenverteidigung (mit Lienhart und Wöber) an die letzte Linie zu Marcel Sabitzer und Marko Arnautović spielten.
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Die Besetzung des Zwischenlinienraums war mit Sabitzer und Arnautović herausragend, wobei vor allem Arnautović mit dem Rücken zum Tor glänzte. Italiens Nationalteamspieler und Inter-Mailand-Kollege Alessandro Bastoni sagte zuletzt treffend: "Mit dem Rücken zum Tor gehört Arnautović zu den besten Spielern der Welt."
Besser als gegen Frankreich
So konnten die Österreicher viel öfter das vertikale Offensivspiel umsetzen, das sich Rangnick schon gegen Frankreich gewünscht hatte. Dabei spielte es natürlich eine Rolle, dass das Team immer selbstbewusster auftrat und sich mehr Risiko zutraute. Gleichzeitig offenbarten die Holländer große Räume in ihrem mannorientierten Pressing, sodass sie immer wieder mal halbherzig weiter vorne ansetzten. Beim hohen Pressing wurde die Niederlande aber sehr rasch vom starken ÖFB-Goalie Patrick Pentz entmutigt, der fast immer die richtige Lösung fand.
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Ein weiterer belebender Faktor im österreichischen Offensivspiel war die Hereinnahme von Prass, der in dieser Saison mit Sturm Graz österreichischer Meister wurde. Prass brachte viel Dynamik, Vertikalität und besseres Pressing ins Spiel der Österreicher. Besonders seine Diagonalpässe sind typisch für das Red-Bull-Spiel und erinnern stark an die Spielweise von Trainer Christian Ilzer bei Sturm Graz.
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Genau diese Dynamik und Präzision fehlte bisher im Spiel der Österreicher. Allerdings hatte Prass defensiv einige Probleme. Trotz der insgesamt cleveren Spielweise mit dem Ball blieben die Schwierigkeiten in der Verteidigung bestehen - vor allem, wenn das ÖFB-Team im tiefen Block verteidigen musste.
Hohes ÖFB-Pressing "überragend"
Im hohen Pressing zeigten sich die Österreicher überragend und ließen den Holländern kaum Raum zur Entfaltung. Erneut mit einem klassischen 4-2-2-2 agierte das ÖFB-Team im Offensiv-Pressing richtig stark - wie schon in der Vorschau beschrieben, nahezu perfekt. Sobald die Rangnick-Elf jedoch gezwungen war, tiefer zu verteidigen, zeigten sich wieder Schwächen.
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Dieselben Spieler, die auf super hohes Pressing, aggressives Herausverteidigen und Risiko eingestellt sind, hatten Schwierigkeiten, sich im tieferen Pressing gegenseitig abzustimmen. Es fehlte sehr oft das richtige Timing im Herausverteidigen. So entstanden in der Viererkette riesige Lücken, wenn ein Verteidiger zu früh und naiv herausrückte. Auf diese Weise kamen die Holländer zu ihren zahlreichen Chancen, die sie aber fast konsequent nicht nutzten.
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Am Ende stand es bei den Expected Goals tatsächlich 1,77 zu 1,16 für die Niederlande, was natürlich auch den glücklichen Spielverlauf der Österreicher widerspiegelte. Aufmerksame Leser:innen wissen aber natürlich, dass bei der qualitativen Bewertung der Torchancen das Eigentor von Donyell Malen nicht gewertet wird. So kann man insgesamt von einem ausgeglichenen Spiel sprechen - zumindest bezüglich der Chancen auf beiden Seiten.
Defensive Probleme bei Österreich
Diese defensiven Unstimmigkeiten müssen Rangnick und Co. in den Griff bekommen. Kaum verteidigen die Österreicher tief, brennt der Hut. Im tiefen Block gibt es einfach keine idealen Abläufe. Das ÖFB-Team hatte gegen jeden Gegner längere Phasen, in denen man tiefer verteidigen musste. Das passiert einfach in der Spieldynamik - besonders gegen spielstarke Gegner. Die Mannschaft muss lernen, auch in solchen Situationen, in denen man "leiden" muss, zu bestehen und diszipliniert zu verteidigen.
Trotzdem: "Ein Meilenstein"
Die Österreicher haben gezeigt, dass sie vor allem im Pressing überragende Fähigkeiten besitzen. Doch auch mit dem Ball wird die Mannschaft von Spiel zu Spiel besser. Mit gezielten Anpassungen und einer verbesserten Abstimmung in der Defensive kann das ÖFB-Team weit kommen. Der Sieg gegen die Niederlande ist ein Meilenstein und zeigt das enorme Potenzial dieser Mannschaft. Nun gilt es, die Lehren aus dem Spiel mitzunehmen und die Schwäche im tiefen Verteidigen zu beheben, um auch in den kommenden Partien erfolgreich zu sein.
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Zur Person: Samuel Akhondi (30) kommt ursprünglich aus Wien und begann seine Karriere als Taktik-Analyst bei den Fußball-Fachmedien "90 Minuten" und "Spielverlagerung". Er ist Besitzer der UEFA-B-Lizenz und co-trainierte den FCM Traiskirchen zusammen mit Chefcoach Oliver Lederer. Während der WM 2018 arbeitete er gemeinsam mit Maximilian Senft als Taktik-Analyst für den ORF. Derzeit ist Akhondi Experte und Co-Kommentator bei Laola1, wo er die "LigaZwa" kommentiert. Zusätzlich arbeitete er als externer Spielanalyst für die Admira und den LASK, war Gast bei "Sport & Talk aus dem Hangar-7" und hat als Vortragender bei der Trainerausbildung des ÖFB agiert. Von Beruf ist er eigentlich Zahnarzt und arbeitet derzeit als Research Fellow an der Harvard School of Dental Medicine in Boston.
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Zusammenfassung
- Österreich gewann mit 3:2 gegen die Niederlande und sicherte sich den Gruppensieg in der Gruppe D.
- Der renommierte Taktik-Experte Samuel Akhondi analysiert exklusiv für PULS 24, wie sich das ÖFB-Team diesen fulminanten Erfolg holte.
- Teamchef Ralf Rangnick rotierte stark in der Startaufstellung, unter anderem mit Maximilian Wöber und Alexander Prass.
- Österreich zeigte sich bei eigenem Ballbesitz verbessert und glänzte mit Marcel Sabitzer und Marko Arnautović im Zwischenlinienraum.
- Das hohe Pressing der Österreicher war überragend, aber im tiefen Block gab es weiterhin Probleme.
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