APA/HELMUT FOHRINGER

"Extrem gefährlich": Lorenz K. zu über 16 Jahren verurteilt

Eigentlich sitzt der wohl bekannteste österreichische IS-Terrorist Lorenz K. bereits eine neunjährige Haftstrafe ab. Doch selbst in Haft dürfte er wieder einschlägige Chats verfasst haben und zu Anschlägen angestachelt haben. Selbst vor Gericht fiel er am Mittwoch mit einer verbalen Entgleisung auf. Am Abend kam dann das Urteil im zweiten Prozess.

Der mittlerweile 25-jährige verurteilte IS-Terrorist Lorenz K. ist der wohl bekannteste Jihadist Österreichs. Bereits vor Jahren versucht, einen minderjährigen Deutschen zu einem Selbstmordattentat auf einen Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen zu verüben. Der Anschlag scheiterte nur, weil die Zündung nicht funktionierte. 

Im April 2018  wurde er deshalb zu neun Jahren Haft verurteilt. Seither musste er ständig das Gefängnis wechseln - weil er immer noch als gefährlich gilt und weil er immer noch versucht, Einfluss auf die Szene auszuüben. Am Mittwochabend fasst er erneut eine hohe Haftstrafe aus. Die Geschworenen sahen ihn schuldig, aus der Haft heraus versucht zu haben, einen Deutschen zu einem Anschlag im Namen des IS anzustiften. Für die Bestimmung zum Mord - zu dem es nie kam - kassierte K. 16 Jahre und neun Monate. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Terrorpläne aus der Haft

Ab November 2019 hat er zunächst in der Justizanstalt (JA) Stein und nach seiner Verlegung nach Graz ab Jänner 2020 in der JA Karlau mittels illegal beschaffter Mobiltelefone wieder verfängliche Chats verfasst haben. 

PULS 24 berichtete ausführlich über die Anklage: Demnach soll Lorenz K. im Gefängnis mit einem Mitangeklagten und einem gesondert verfolgten Dritten eine Terrorzelle gebildet und die Ziele der radikalislamistischen Miliz "Islamischer Staat" (IS) verfolgt haben. 

Neue Anklage gegen Lorenz K.

Im Kern der Anklage geht es um Bestimmung zum Mord und Bestimmung zur vorsätzlichen Gefährdung durch Sprengmittel, jeweils begangen als terroristische Straftaten. Zusätzlich sind die Verbrechen der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation inkriminiert - nur dazu ist Lorenz K. geständig.

"Der ist extrem gefährlich"

Lorenz K. unterhielt zwei Instagram-Profile mit 228 bzw. 73 Abonnenten und nutzte den Messenger-Dienst WhatsApp, wobei er seine Profile mit dem IS-Logo versah. "Ganz gezielt" suchte Lorenz K. laut Staatsanwalt Hannes Winklhofer mit seinem Instagram-Profil nach teils Minderjährigen, die im Dienste des Islamischen Staat kämpfen und für diese Ideologie sterben. Er forderte einen Schuldspruch und eine "angemessene", strenge Strafe: "Der ist extrem gefährlich"

"Was reden sie für eine Scheiße?"

Von der Richterin auf die jüngeren Chatpartner angesprochen, ließ sich Lorenz K. im Prozessfinale am Mittwoch aus der Fassung bringen. "Was reden sie für eine Scheiße, für eine blöde?" rief er, woraufhin die Richterin ihm androhte, ihn aus dem Saal zu werfen.

Bei seinen Schlussworten zeigte der Angeklagte dann aber doch seine emotionale Seite. Er entschuldigte sich bei dem mitangeklagten 33-jährigen Nino K., dessen Verteidiger Rudolf Mayer auf Freispruch plädierte. "Er war nie ein glühender Anhänger, hatte nie konkrete Pläne. Ich habe ihm das Video geschickt, es ist meine Schuld, dass er heute hier ist." Und weiter: "Es tut mir echt leid, auch für deine Familie."

Von radikalislamistischem Gedankengut habe er sich mittlerweile losgelöst. "Das war alles Manipulation, was der IS macht." Er habe schon seit er 14 ist mit suizidalen Gedanken zu kämpfen und war "undankbar gegenüber meiner Familie und dem Land, das meine Eltern aufgenommen hat".

Radikalisierung in Haft?

Erneut gab er auch der Haft eine Teilschuld an seiner weiteren Radikalisierung. Alle paar Monate sei er in eine andere Haftanstalt überstellt worden, die meiste Zeit davon isoliert. "Es war nicht möglich eine Ausbildung zu machen." Und weiter: "Mir ist klar, dass ich die nächsten Jahre im Gefängnis verbringen werde. (..) Der einzige Hass, den ich noch empfinde, ist gegenüber den Hohen in dieser Organisation". Er meinte damit wohl den IS.

Sein Anwalt David Jodlbauer plädierte auf einen Freispruch im Zweifel von den zentralen Punkten. Er bezeichnete die Beweislage als zu dünn. Selbstverständlich schuldig sei sein Mandat der Verbreitung der Terrorpropaganda, dazu werde er sich auch schuldig bekennen, die Anklagebehörde habe aber "über das Ziel hinausgeschossen". Dass K. "sprunghaft" und aggressiv auftrete, helfe ihm wohl nicht. "Er ist ein Häferl (...), aber er hat die Chance verdient, sich wieder als Mitglied der Gesellschaft zu beweisen."

Terror-Netzwerke im Gefängnis

ribbon Zusammenfassung
  • Der zweite Terror-Prozess gegen Lorenz K. geht am Wiener Landesgericht zu Ende. Staatsanwalt Hannes Winklhofer fordert eine strenge Strafe und bezeichnet Lorenz K. als extrem gefährlich.
  • Lorenz K. wird vorgeworfen, im Gefängnis eine Terrorzelle gebildet und IS-Propaganda verbreitet zu haben. Er nutzte Instagram und WhatsApp, um Kämpfer für den IS zu rekrutieren.
  • Verteidiger David Jodlbauer plädiert für einen Freispruch im Zweifel von den zentralen Punkten und sieht die Beweislage als zu dünn.
  • Lorenz K. zeigte sich emotional und entschuldigte sich bei seinem Mitangeklagten Nino K., während er behauptet, sich von radikalislamistischem Gedankengut losgelöst zu haben.
  • Bei einer Verurteilung drohen Lorenz K., der derzeit eine neunjährige Haftstrafe absitzt, weitere zehn bis 20 Jahre oder lebenslange Haft.
  • Am Abend kam dann das Urteil im zweiten Prozess.