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Sobotka sieht "gefährliche Entwicklung in der Politik"

Das Verfahren in der Causa Jelinek gegen ihn ist laut Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) eingestellt worden. Dass in der Politik vermehrt mit Anzeigen gearbeitet werde, sieht er als "gefährliche Entwicklung". Sechs Anzeigen habe es in dieser Legislaturperiode bereits gegen ihn gegeben.

Sobotka wurde wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch als Beschuldigter geführt. Im Dezember 2023 wurde er informiert, dass das Verfahren eingestellt wurde, sagte der ÖVP-Politiker. Einen Missbrauch habe man ihm nicht nachgewiesen.

Hintergrund ist eine Postenbesetzung aus dem Jahr 2017. Andrea Jelinek soll als Wiener Vizelandespolizeidirektorin verhindert worden sein, weil sie als SPÖ-nahe wahrgenommen wurde, so der damalige Verdacht. Peter Pilz zeigte den Fall an. 

Aus einem Chat am Handy von Ex-Kabinettschef Michael Kloibmüller war hervorgegangen, dass sich die ÖVP um eine Gegenkandidatin oder einen Gegenkandidaten gekümmert haben soll und auch Sobotka, damals Innenminister, damit befasst war. Den Job bekam der ÖVP-nahe Franz Eigner. Dieser sei auch Erstgereihter gewesen, sagte Sobotka am Freitag, er sei sich keiner Schuld bewusst ist.

Natürlich habe er in dieser Zeit "viele SMS" bekommen, meinte Sobotka. Er habe sich jedoch immer auf die Bestellungskommissionen verlassen - "bei allen Bestellungen". 

Vermehrt Anzeigen

Die von Sobotka wahrgenommene vermehrte Verwendung von Anzeigen bereitet ihm Sorge: "Ich halte das für eine absolut gefährliche Entwicklung in der Politik." Jemanden "anzuschütten" schade nicht nur der Reputation der Person, die vorverurteilt werde, sondern auch dem Amt. Politische Ränder würden daraus Nutzen ziehen, das Vertrauen in die Politik leide und für politische Ämter - auch auf den untersten Ebenen - würden sich kaum mehr Kandidaten finden. 

Sobotka ausgeliefert

Zuletzt war Sobotka auf Ersuchen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vom Nationalrat "ausgeliefert" worden. Dabei geht es um eine Steuer-Causa, in der der frühere Generalsekretär des Finanzministeriums Thomas Schmid belastenden Schriftverkehr vorgelegt haben soll. Laut Schmids Darstellung soll Sobotka bei einer steuerlichen Prüfung der (mittlerweile aufgelösten) Erwin-Pröll-Stiftung bei ihm interveniert haben, was der Nationalratspräsident als "an den Haaren herbeigezogen" bestreitet.

Sobotka für mehr Rechte für Beschuldigte

Er hoffe noch während dieser Legislaturperiode auf einen Ausbau der Beschuldigtenrechte, so Sobotka. Auch will er sich für eine Klarnamenpflicht im digitalen Raum einsetzen. Ob er bei der Nationalratswahl kandidieren werde, weiß er noch nicht: "Ich gehe über die Brücke, wenn sie da ist."

"Die mediale Vorverurteilung stellt sich wieder einmal als falsch heraus", resümierte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in einem Statement gegenüber der APA. Die Opposition kritisierte er für politische Zwischenrufe bei Ermittlungsverfahren der Justiz. Diese seien "nicht nur entbehrlich, sondern schaden dem Ansehen von Medien, Politik und Justiz und damit unserer Demokratie."

Gegensätzlich fiel das Urteil der Freiheitlichen aus, die von Sobotka als einem Hauptakteur eines "tiefen schwarzen Staates" sprechen. Generalsekretär Christian Hafenecker forderte den Nationalratspräsidenten in einer Aussendung zum Rücktritt auf und wies auf noch offene Vorwürfe gegen ihn hin - u.a. aus den "Pilnacek-Mitschnitten" und wegen im Raum stehender Interventionen rund um die steuerliche Prüfung der Erwin-Pröll-Stiftung.

ribbon Zusammenfassung
  • Das Verfahren in der Causa Jelinek gegen ihn ist laut Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) eingestellt worden.
  • Dass in der Politik vermehrt mit Anzeigen gearbeitet werde, sieht er als "gefährliche Entwicklung".
  • Die von ihm wahrgenommene vermehrte Verwendung von Anzeigen bereitet ihm Sorge: "Ich halte das für eine absolut gefährliche Entwicklung in der Politik."
  • Hintergrund der Ermittlungen sei eine Anzeige des Ex-Politikers Peter Pilz gewesen.