Wieder Koalitionspoker
Aus für Blau-Türkis: Stocker deutet SPÖ-Gespräche an
Schon seit Tagen zeichnete es sich ab, am Mittwochnachmittag war es dann so weit: Die Verhandlungen der FPÖ mit der ÖVP scheiterten offiziell. An jenem Tag X saß quasi ganz Österreich am Verhandlungstisch - man ließ nur mehr Aussendungen sprechen und teilte sich Unfreundlichkeiten über die sozialen Netzwerke mit.
Den Schwarzen Peter schieben sich FPÖ und ÖVP seitdem gegenseitig zu. Bundespräsident Alexander Van der Bellen kritisierte indes die mangelnde Kompromissfähigkeit aller Parteien und legte vier Szenarien für das Fortlaufen nach der Nationalratswahl dar.
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Die Parteien stellten ihre favorisierte Option bereits am Mittwoch klar. Die FPÖ ist für Neuwahlen, die SPÖ für eine Expertenregierung und die NEOS für eine Minderheitsregierung.
Stocker für Regierung mit "Mehrheit"
Wo steht die ÖVP? "Ich bin für eine Regierung, die nicht nur verwaltet", meinte ÖVP-Chef Christian Stocker am Mittwoch in der "ZiB 2" und schloss damit eine Expertenregierung aus.
Es sei notwendig, weiterhin Gespräche zu führen, denn es gebe bereits Punkte, die ausverhandelt worden seien - wie etwa den Budgetpfad, der nach Brüssel geschickt wurde, erklärte er.
Es brauche eine Regierung mit "parlamentarischer Mehrheit", spricht er sich auch gegen eine Minderheitsregierung aus. Die ÖVP sei bereit, sich diesem "Prozess zu unterziehen". Parallelverhandlungen, wie von der FPÖ unterstellt, habe es aber nicht gegeben, stellte Stocker klar.
Laut dem ÖVP-Chef müssten sich "alle Parteien" noch einmal zusammensetzen, jedoch sei wegen der Mehrheiten primär die SPÖ notwendig, mit der die Verhandlungen im Jänner scheiterten. Da man mit der SPÖ nur eine hauchdünne Mehrheit im Parlament hätte, bräuchte es allerdings auch die Duldung anderer Parteien im Nationalrat.
Die ÖVP habe sich seit der Wahl "der Verantwortung unterzogen und es tut mir leid, dass es nicht gelungen ist", so Stocker. Vielleicht brauche es einen weiteren Anlauf, sagte er und stellte damit Gespräche mit der SPÖ in Aussicht.
"Machterhalt" könne man ÖVP "nicht nachsagen"
Mit der SPÖ hatte die ÖVP gemeinsam mit den NEOS ab Herbst eine mögliche Koalition verhandelt. Im Jänner scheiterten auch diese Gespräche. "Wir haben uns bemüht, über Monate eine Regierung zu bilden", umschrieb Stocker die vergangenen über 130 Tage nach der Nationalratswahl.
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"Machterhalt" könne man der ÖVP nicht nachsagen, meinte er. Denn seit Beginn der Verhandlungen mit der FPÖ habe man eine "Haltungsänderung gemacht", weil es "uns um unser Land gegangen ist".
Knackpunkt der Verhandlungen war die Ressortverteilung - obwohl der ÖVP-Chef diese nicht als Grund für das Scheitern sieht. "Die Protokolle sind ja öffentlich, wir haben nicht nur über Posten gestritten", erklärte er. Bei der "Kompetenzverteilung" habe man die Dinge allerdings anders gesehen als die FPÖ, sagte Stocker dann doch.
Kompromisslos sei die ÖVP zudem nicht gewesen, obwohl sich Stocker die Kritik Van der Bellens zu Herzen nehmen wolle. "Wir sind weite Wege gegangen, wenn es uns um Macht gegangen wäre, hätten wir das Finanzministerium nicht angeboten", nahm er etwa ein Angebot zur Ressortverteilung der ÖVP als Beispiel.
Die Frage der Sicherheit sei für die ÖVP zudem nicht verhandelbar gewesen - Stichwort Innenministerium. Die FPÖ habe auf ein blau-geführtes Innenressort gepocht, die ÖVP argumentierte damit, dass Kickl ein Sicherheitsrisiko sei.
Video: Van de Bellen zum Verhandlungsende von FPÖ-ÖVP
Zusammenfassung
- Nach dem Platzen der Verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP am Mittwoch stellte ÖVP-Chef Christian Stocker noch am Abend Gespräche mit der SPÖ in Aussicht.
- Auch mit den Roten waren Gespräche im Jänner gescheitert.
- In der "ZiB 2" sprach er sich nun für eine Regierung mit "parlamentarischer Mehrheit" statt einer Expertenregierung aus.