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Vorarlberg: Kritik an Kinderbetreuungsgesetz

2018 entschloss sich der Vorarlberger Landtag zu einem neuen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz, am Donnerstag stellte die Landesregierung endlich einen Begutachtungsentwurf vor.

Für diesen wird sie nun inhaltlich und für ihre Vorgehensweise kritisiert, Opposition und Systempartner sahen sich nicht eingebunden und boykottierten die Abschlussrunde. Einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gibt es weiter nicht, die Gemeinden verpflichten sich zu einem "Versorgungsauftrag".

Drei Jahre Vorbereitungszeit 

Man habe drei Jahre intensiver Arbeit in über 40 Terminen mit vielen Beteiligten hinter sich, die Begutachtung beginne nun aber erst, so die zuständige Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) über den Entwurf, der in den nächsten Tagen fertig sein soll. Ziel sei es, eine einheitliche gesetzliche Grundlage für die Betreuung der Ein- bis Sechsjährigen zu schaffen. Laut Prognosen kommen in den nächsten Jahren 225 neue Kinderbetreuungsgruppen hinzu. Basierend auf einer Erhebung müssen die Gemeinden künftig jährlich einen Angebotsplan erstellen und allen Kindern ihrer Wohnsitzgemeinde eine Betreuung ermöglichen. Um die Gemeinden nicht zu überfordern, werde das in einem Stufenplan umgesetzt.

Beginnen wird man mit den Drei- bis Fünfjährigen, für die ab 2023/24 ganzjährig und ganztägig mit vier Wochen Schließzeit ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen muss. In einem zweiten Schritt sollen ab 2024/25 alle Volksschulkinder an Schultagen zwischen 8.00 und 16.00 Uhr betreut werden können. Ab 2025/26 soll es auch für alle Zweijährigen für fünf Stunden täglich ein Betreuungsangebot geben. Damit das gelinge, setze man auf "maximale Flexibilisierung", so könne künftig jede Gruppe alterserweitert oder in Kooperation mit anderen Gemeinden und Privaten geführt werden. Gemäß des Inklusionsleitbildes erhielten alle Kinder, "ob Handicap oder nicht", ab dem dritten Geburtstag einen Platz, ihnen steht ein drittes Kindergartenjahr zu. Um den weiter zunehmenden Personalbedarf zu decken, soll im Raum Unterland ein Bundeskolleg für Elementarpädagogik entstehen, hier verhandle man intensiv mit dem Bund.

Wallner sieht Verbesserungen 

Es gehe um eine verbesserte Vereinbarkeit von Beruf und Familie, betonte Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Er kündigte eine Ausbildungsoffensive und für die Gemeinden eine erhöhte Personal- und Investitionskostenförderung an. Man habe die Kinderbetreuung in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut, seit 2012 stiegen die Landesausgaben dafür von acht auf 88 Mio. Euro. Man wolle "möglichst bald" in die Beschlussfassung kommen. Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) betonte, das neue Gesetz sei ein zentrales Projekt der schwarz-grünen Koalition. Einen "positiven Schub" erwartete sich Gemeindeverbandspräsidentin Andrea Kaufmann (ÖVP). "Knackpunkt" werde die Deckung des Personalbedarfs werden.

Unmut auf vielen Seiten

Die Landesregierung stellte ihren Entwurf wenige Stunden nach der Abschlussrunde der Öffentlichkeit vor, was für Unmut sorgte. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit Vorschlägen sei so nicht möglich "und war wohl auch nie geplant", so die Oppositionsparteien FPÖ, SPÖ, NEOS sowie Vertreterinnen der Kinderbetreuung Vorarlberg gGmbh und der Gewerkschaft younion. Sie boykottierten die Abschlussrunde. Der Landesregierung sei es nie um eine breite Diskussion gegangen, so die FPÖ-Mandatarin Andrea Kerbleder. Eine "riesige verpasste Chance" und ein "unwürdiges Schauspiel" sah ihre SPÖ-Kollegin Manuela Auer. "Es fehlte von Anfang an an der Bereitschaft zu verhandeln", das neue Gesetz berücksichtige weniger die Bedürfnisse der Familien, sondern vielmehr jene der Bürgermeister, so Johannes Gasser von den NEOS.

Keines der Anliegen - Wahlfreiheit bei der Betreuungseinrichtung, bessere Rahmenbedingungen für Spielgruppen, Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Trägern - sei berücksichtigt worden, kritisierten Bea Madlener-Tonetti und Angelika Hagspiel von Kinderbetreuung Vorarlberg gGmbH. Der Entwurf weise in Hinblick auf das Dienstrecht große Mängel auf, Einwände seien nicht gehört worden, so auch younion-Gewerkschafter Thomas Kelterer. Vorarlbergs Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch hatte bereits am Mittwoch gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten" (Mittwoch) die "dramatische Verzögerung" bei dem Gesetz kritisiert, neben einer beitragsfreien Betreuung forderte er einen Rechtsanspruch.

ribbon Zusammenfassung
  • 2018 entschloss sich der Vorarlberger Landtag zu einem neuen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz, am Donnerstag stellte die Landesregierung endlich einen Begutachtungsentwurf vor.
  • Für diesen wird sie nun inhaltlich und für ihre Vorgehensweise kritisiert, Opposition und Systempartner sahen sich nicht eingebunden und boykottierten die Abschlussrunde.
  • Einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung gibt es weiter nicht, die Gemeinden verpflichten sich zu einem "Versorgungsauftrag".