Van der Bellen: Grenzöffnung keine vorschnelle Entscheidung
Auch wenn die Zahl der Coronafälle in vielen Ländern in den vergangenen Wochen wieder gestiegen ist, sieht Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Entscheidung, Reisebeschränkungen innerhalb Europas zu lockern, positiv. Sie sei nicht zu schnell getroffen worden, erklärte er der Präsident am Mittwoch anlässlich seiner ersten Auslandsreise seit dem Lockdown.
"Was jetzt in Kraft ist, ist in Ordnung", betonte Van der Bellen nach einem Vier-Augen-Gespräch mit der slowakischen Präsidentin Zuzana Čaputová in ihrer Heimatstadt Pezinok, rund 20 Kilometer nördlich von Bratislava. Čaputová hatte das Treffen als zuvor als "Symbol für die wiedergeöffneten Grenzen" und als "Zeichen, dass sich die Menschen nun wieder treffen können" bezeichnet. Die Grenze zwischen Österreich und der Slowakei ist seit 5. Juni wieder ohne Auflagen - also ohne Heimquarantäne oder Covid-Test - passierbar.
Man müsse aber weiterhin vorsichtig sein, also die bekannten Hygienevorschriften beachten, und "von Tag zu Tag entscheiden, was geht und was nicht geht", betonte der Bundespräsident. Ein Szenario mit erneuten Grenzschließungen wie zu Beginn der Corona-Pandemie wolle er sich jedenfalls nicht vorstellen, "das sage ich ganz offen", meinte Van der Bellen auf eine entsprechende Journalistenfrage.
Er selbst bleibe während des Sommers in Österreich, könne aber auch "jeden verstehen, der einmal hinaus will". "Das sind schon harte Zeiten, aber dieses Virus ist nicht zu unterschätzen", so Van der Bellen.
Der Slowakei, die in der Coronakrise nach Worten des Bundespräsidenten "sehr umsichtig gehandelt" habe, mache im Moment weniger das Virus als vielmehr die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage zu schaffen. Der Export des weltweit - gemessen an der Pro-Kopf-Zahl - größten Autoproduzenten ist in den vergangenen Wochen praktisch zum Erliegen gekommen.
Nicht nur in der Slowakei, sondern auch in anderen europäischen Ländern sei deshalb "ein bisschen mehr Diversität in der Wirtschaftsproduktion angemessen", betonte Van der Bellen. Das Risiko müsse gestreut werden, etwa um die Versorgungssicherheit mit medizinischen Produkten gewährleisten zu können - das gelte auch für Österreich. "Das sind Dinge, auf die wir früher nicht geachtet haben, auch weil wir nicht darauf achten mussten." In der Krise sei aber klar geworden, dass es hier ein Problem gebe.
Die ökonomischen Folgen müssten jedenfalls "mit allem Tempo, das wir haben" angegangen werden, sagte der Bundespräsident nach dem rund einstündigen Gespräch mit Čaputová in einem Hotel in Pezinok. Dabei diskutierten die beiden Staatsoberhäupter auch darüber, welche Rolle Nachhaltigkeit und Klimaschutz beim Wiederaufbau spielen können. Bei ihrem Antrittsbesuch im Sommer des vergangenen Jahres bezeichnete Van der Bellen Čaputová, eine frühere Bürgeranwältin und Umweltaktivistin, als "Mitstreiterin gegen die Klimakrise".
Gegen die Klimakrise werde es sicher keinen Impfstoff geben. "Es sind also unsere Entscheidungen, die der 'Impfstoff' sind, und wenn wir diese Entscheidungen nicht treffen, sind wir fahrlässig, wären wir fahrlässig gegenüber künftigen Generationen", hielt der Bundespräsident fest.
Nach einem Gespräch mit den Delegationen ging einer der wohl kürzesten Auslandsbesuche des Bundespräsidenten nach rund zwei Stunden zu Ende. Wien und Bratislava sind die zwei am nächsten gelegenen Hauptstädte Europas.
Zusammenfassung
- "Was jetzt in Kraft ist, ist in Ordnung", betonte Van der Bellen nach einem Vier-Augen-Gespräch mit der slowakischen Präsidentin Zuzana Čaputová in ihrer Heimatstadt Pezinok, rund 20 Kilometer nördlich von Bratislava.
- Bei ihrem Antrittsbesuch im Sommer des vergangenen Jahres bezeichnete Van der Bellen Čaputová, eine frühere Bürgeranwältin und Umweltaktivistin, als "Mitstreiterin gegen die Klimakrise".