Van der Bellen empfing kirgisischen Präsidenten
Der Besuch hatte einen klaren wirtschaftlichen Hintergrund. Wie die Präsidentschaftskanzlei in einer Aussendung mitteilte, wurden nach dem Arbeitsgespräch sechs Absichtserklärungen zur Vertiefung der Zusammenarbeit ausgetauscht. So vereinbarte etwa das Finanzministerium mit den jeweils zuständigen kirgisischen Ministerien Kooperationen in den Bereichen Digitalisierung, Wirtschaft, innovative Technologien und Bergbau. Das Unternehmen Andritz Hydro GmbH schloss eine Absichtserklärung mit dem Energieministerium der Kirgisischen Republik über vertiefte Zusammenarbeit beim Ausbau der kirgisischen Wasserkraftkapazitäten ab.
"Österreich verfügt über Unternehmen mit Jahrzehnten von Erfahrung in Bereichen wie Wasserkraft, Tourismus, Medizintechnik und Digitalisierung auf höchstem Niveau. Diese können wertvolle Partner für Kirgisistan sein. Vor allem das gegenseitige Interesse an einer Zusammenarbeit im Bereich Wasserkraft stimmt mich optimistisch. Es ist erfreulich, dass auch ein Memorandum mit der Andritz AG unterzeichnet wurde", wurde Van der Bellen zitiert. Das volle Potenzial in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Österreich und Kirgistan sei "bei weitem noch nicht ausgeschöpft". Der Besuch Schaparows sei daher eine Chance gewesen, "konkrete Möglichkeiten zu identifizieren, um unsere Zusammenarbeit weiter zu intensivieren".
An dem Arbeitsgespräch nahmen auch Finanzminister Gunter Mayr und Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) teil. Schaparow wurde dann auch noch von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) empfangen. In dessen Mittelpunkt seines Gespräch mit Schaparow sei ein Ausbau der Wirtschaftskooperationen gestanden, "vor allem im Bereich Wasserkraft", so Nehammer. "Der Abschluss des neuen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens mit Kirgisistan im Juni ist ein wichtiger Schritt für eine engere Zusammenarbeit." Das von der EU-Kirgistan-Abkommen enthält auch ein Handelskapitel, das Investitionen und Handel stärken soll.
Eine Pressekonferenz Van der Bellens mit Schaparow gab es nicht. Allerdings verbreitete die Präsidentschaftskanzlei in ihrer Aussendung abschließend auch Zitate des zentralasiatischen Machthabers. "Wir führten mit Bundespräsident Van der Bellen produktive Gespräche und tauschten uns zu aktuellen Fragen der bilateralen Beziehungen aus. Österreich ist ein wichtiger Partner Kirgisistans in der EU. Wir freuen uns auf einen etablierten Dialog über alle Aspekte unserer Partnerschaft und sind bereit, die umfassende Zusammenarbeit zu stärken, insbesondere im Rahmen der kirgisisch-österreichischen Kommission zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit", betonte Schaparow demnach. "Wir haben ein großes Interesse an den Erfahrungen Österreichs und modernen Technologien im Bereich Wasserenergie, erneuerbare Energie, Ausbildung, Gesundheitswesen, Digitalisierung, kritische Mineralstoffe und Touristik."
Das autoritär regierte Land zählt zu den Verbündeten des Aggressorstaates Russland. Die zentralasiatische Republik profitiert auch massiv von Geschäften zur Umgehung der westlichen Sanktionen gegen Russland. Nach Daten der auf Wirtschaftsanalysen spezialisierten Website CEIC Data haben sich die EU-Exporte nach Kirgistan zwischen Dezember 2021 und Oktober 2023 mehr als verzehnfacht. Das zentralasiatische Land wies damit den größten Zuwachs in der Gruppe der mit Russland verbündeten Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS) auf. Unter den von Kirgistan seit Kriegsbeginn in auffälliger Zahl importierten Waren sind auch solche, die für die Ausstattung von Waffen verwendet werden können, etwa elektrische Zünder und integrierte Schaltkreise.
Schaparow hatte nach Unruhen im Jahr 2020 die Macht an sich gerissen und sich Anfang 2021 in einer umstrittenen Wahl zum Präsidenten ernennen lassen. Per Referendum ließ er sich dann mit einer größeren Machtfülle ausstatten. Kritiker werfen dem nationalistischen Politiker Gängelung von Medien und die Inhaftierung von Oppositionellen vor. Der frühere Korruptionsbekämpfer setzte zudem mehrere Verwandte an hohe staatliche Positionen, was ihm den Vorwurf der Günstlingswirtschaft eintrug.
Zusammenfassung
- Österreichische Unternehmen wie Andritz Hydro GmbH sehen Potenzial in der Zusammenarbeit mit Kirgisistan, insbesondere im Bereich Wasserkraft und Digitalisierung. Die EU-Exporte nach Kirgisistan haben sich seit Dezember 2021 mehr als verzehnfacht.
- Schaparow, der 2020 die Macht an sich riss, steht wegen seiner autoritären Regierungsführung in der Kritik. Kirgisistan profitiert von Geschäften zur Umgehung westlicher Sanktionen gegen Russland.