Urteil in Terror-Prozess in Klagenfurt: Neun Jahre Haft
Ein 41-jähriger Libanese ist am Mittwoch am Landesgericht Klagenfurt wegen krimineller Organisation, terroristischer Vereinigung und Ausbildung für terroristische Zwecke zu neun Jahren Haft verurteilt worden. Der Mann wurde noch im Gerichtssaal festgenommen und danach mit medizinischen Problemen mit der Rettung abtransportiert. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Laut Anklage war der 41-Jährige seit 2006 Mitglied der Hisbollah. Dort war er zeitweise Kommandant einer 60-köpfigen Einheit, die an der Grenze zu Syrien Kampfhandlungen ausführte, an denen der Angeklagte selbst teilnahm und denen Menschen zum Opfer fielen. Er gab im Asylverfahren auch an, 250 Männer und Jugendliche für die Hisbollah angeworben zu haben. Außerdem habe er an ideologischen und militärischen Ausbildungen, unter anderem im Iran, teilgenommen, er habe aber auch selbst ausgebildet. Der Angeklagte habe aus freien Stücken im Asylverfahren Angaben über seine Mitgliedschaft bei der Hisbollah gemacht, erläuterte die Staatsanwältin.
Der Libanese bekannte sich am Mittwoch, wie schon beim Prozessauftakt im Juni, nicht schuldig. Er gab an, dass er das alles im Asylverfahren gesagt hatte, damit sein Antrag durchgeht. "Wir Araber wissen alle, wenn wir herkommen und keinen Grund für Asyl haben, werden wir zurückgeschickt." Vor Gericht sagte er, anders als in den früheren Befragungen, er sei kein Mitglied, sondern nur Sympathisant der Hisbollah gewesen, er habe das alles nur behauptet, damit er in Österreich bleiben könne und Geld bekomme. Dass er sich dadurch selbst belasten könnte, habe er nicht gedacht.
Am Mittwoch sagte ein Beamter des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) aus. Er bekräftigte, dass der Angeklagte über all seine Rechte belehrt worden sei. Seine Angaben zur Hisbollah habe er aus freien Stücken gemacht. Ebenfalls geladen war eine Beamtin des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Sie sagte, dass der 41-Jährige in allen Befragungen angegeben hatte, dass er Mitglied der Hisbollah gewesen sei. Bei einem weiteren Gesprächstermin - weil ein Sohn von ihm eine Luftdruckpistole in die Schule mitgebracht hatte - habe sie den Mann auch darauf aufmerksam gemacht, dass eine Hisbollah-Mitgliedschaft ein Ausschlussgrund für eine Asylberechtigung sei. Als die Anträge seiner Familie dann abgelehnt wurden, habe der Mann eine Beschwerde abgeschickt - und auch in dieser habe er noch einmal seine Mitgliedschaft in der Hisbollah erwähnt.
Ein Sachverständiger betonte am Mittwoch, er definiere die Hisbollah jedenfalls als kriminelle und terroristische Organisation: "Bei der Hisbollah ist das überhaupt keine Frage wegen der Menge und Qualität der Aktionen, die sie in den letzte vier Jahrzehnten durchgeführt hat." Die Organisation sei für Selbstmordanschläge, Entführungen und Kampfhandlungen verantwortlich. Auch die Angaben des Angeklagten - von denen sich dieser im Prozess distanzierte - bezeichnete der Sachverständige als plausibel: Ortsangaben, Details zur Ausbildung und zu Aufgaben würden stimmen, außerdem habe die Hisbollah 2006 stark aufgerüstet, weshalb es denkbar sei, dass der Mann zu diesem Zeitpunkt angeworben wurde.
Die Verteidigerin des Libanesen meinte, die subjektive Tatseite sei nicht erfüllt, sie forderte einen Freispruch. Ihr Mandant sei - so er denn je Mitglied gewesen sei - überzeugt davon gewesen, dass die Hisbollah keine terroristischen Aktionen durchführen würde. Die Aussagen im Asylverfahren habe er nur gemacht, um einen Fluchtgrund zu behaupten und sich als verfolgt dazustellen.
Dem widersprach die Staatsanwältin: "Es war nicht so, dass er nur gesagt hat, er will Asyl, weil er Mitglied der Hisbollah sei. Er hat detailreiche Beschreibungen geliefert, und zwar zu Kämpfen, Ausbildungen, Orten und Kampfnamen." Und: "Ob er die Aktionen der Hisbollah gutheißt oder nicht, kann doch für die Strafbarkeit keinen Unterschied machen."
Der Vorsitzende des Schöffensenats begründete das Urteil damit, dass man überzeugt davon sei, dass der Angeklagte die Angaben nicht einfach erfunden hatte, sondern dass diese der Wahrheit entsprachen. Er sei in seinen Aussagen über die Hisbollah erst zurückgerudert, als er von seinem Verteidiger darauf aufmerksam gemacht wurde, dass das strafbar sei. Die Höhe der Strafe - der Strafrahmen lag bei zehn Jahren - wurde auch mit der Generalprävention begründet: "Es ist abzulehnen, dass man mit solchen Angaben eine Entscheidung über den Asylstatus erreichen will." Außerdem sei der 41-Jährige auch kein kleines Rad, er habe auch ideologische Schulungen im Iran besucht.
Nach der Urteilsverkündung ordnete das Gericht die sofortige Festnahme des Mannes und Untersuchungshaft wegen Tatbegehungs- und Fluchtgefahr an. Die Familie des Libanesen protestierte heftig, drei Polizisten waren nötig, um den 41-Jährigen aus dem Gerichtssaal zu bringen. Wie das Landesgericht mitteilte, kollabierte der Verurteilte noch im Gerichtsgebäude. Er wurde mit der Rettung abtransportiert, sein Gesundheitszustand war nach ersten Informationen stabil.
Beim Angeklagten wurden darüber hinaus - in einem Computer versteckt - 14.600 Euro und 1.500 US-Dollar (mehr als 1.300 Euro) gefunden. Das Geld habe er in Österreich gesammelt, um die Hisbollah zu unterstützen, so der Vorwurf der Staatsanwältin. Zu diesem Vorwurf der Terrorismusfinanzierung soll noch ein Zeuge einvernommen werden, er wurde deshalb aus dem Verfahren ausgeschieden.
Zusammenfassung
- Ein 41-jähriger Libanese ist am Mittwoch am Landesgericht Klagenfurt wegen krimineller Organisation, terroristischer Vereinigung und Ausbildung für terroristische Zwecke zu neun Jahren Haft verurteilt worden.
- Der Mann wurde noch im Gerichtssaal festgenommen und danach mit medizinischen Problemen mit der Rettung abtransportiert.
- Seine Angaben zur Hisbollah habe er aus freien Stücken gemacht.