Unabhängiger ungarischer Radiosender nur mehr im Internet
Der Vorsitzende und Eigentümer des Radiosenders, Andras Arato, bedankte sich kurz vor Mitternacht bei den Hörern für deren Treue und wünschte sich einen gemeinsamen weiteren Weg. Ebenso hoffe er darauf, das baldigst jenes System untergeht, das Klubradio zum Schweigen brachte.
"Wir müssen noch dazu selber das Urteil vollstrecken, den Schalter umlegen, uns eigenhändig zum Schweigen bringen", erklärte Klubradio-Mitarbeiter György Bolgar der APA gegenüber. Viele Zuhörer hätten angerufen, neben ihrer Trauer auch der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass Klubradio weiter leben werde. Oppositionspolitiker zogen mit Fackeln zum Klubradio in der Bokor-Straße. "Wir haben deswegen keine Kerzen gebracht, da wir nicht zur Beerdigung kamen, denn das Radio wird kämpfen", betonte Akos Hadhazy.
Das Budapester Hauptstädtische Gericht hat am Dienstag die Klage des Senders gegen die Entscheidung des Medienrates abgewiesen. Der regierungsabhängige Rat hatte sich zuvor gegen eine automatische Verlängerung der Sendefrequenz 92,9 MHz von Klubradio entschieden.
Arato hatte das Vorgehen gegen den Sender als "beschämend" bezeichnet. Das Urteil des Gerichts käme nicht unerwartet, sei jedoch traurig und antidemokratisch, weil das Gericht die Argumente des Senders nicht beachtete. Der Sender werde in Berufung gehen, kündigte Arato an.
Laut Klubradio hätte der Medienrat gemäß den gültigen Rechtsregeln die Sendelizenz verlängern müssen, doch die Behörde habe mit ihrer Entscheidung das Recht des Senders auf ein ordentliches Verfahren verletzt. Das Gericht hätte sich laut dem Sender auf ein geringfügiges Versäumnis bei der Datenzustellung berufen, was aber keine Ablehnung des Antrages auf Frequenz-Erteilung begründen könne.
Die Abschaltung von Klubradio fügt sich ein in eine Reihe von Schritten der rechtsnationalen Regierung von Premier Viktor Orban. In den vergangenen Jahren waren in Ungarn immer wieder Medien eingestellt oder durch regierungsnahe Unternehmer aufgekauft worden.
Die E-Kommission schließt ein Vorgehen gegen den Entzug der Sendelizenz für Klubradio nicht aus. Die Behörde prüfe, ob EU-Regeln bei der Entscheidung eingehalten worden seien und werde "nicht zögern zu handeln, wenn möglich und notwendig", erklärte ein Kommissionssprecher und betonte die Sorge Brüssels mit Blick auf die Medienfreiheit in Ungarn.
Zusammenfassung
- In der Redaktion von Klubradio im 3. Budapester Stadtbezirk versammelten sich am Sonntagabend die Mitarbeiter des letzten unabhängigen, regierungskritischen Radiosenders in Ungarn.
- Der Vorsitzende und Eigentümer des Radiosenders, Andras Arato, bedankte sich kurz vor Mitternacht bei den Hörern für deren Treue und wünschte sich einen gemeinsamen weiteren Weg.
- Ebenso hoffe er darauf, das baldigst jenes System untergeht, das Klubradio zum Schweigen brachte.
- Das Radio musste gezwungenermaßen seinen analogen Sendebetrieb um Mitternacht einstellen, kann sein Programm nur noch im Internet anbieten. Das hatte der ungarische Medienrat entschieden.