Ukraine verkündet langsamen Vormarsch an mehreren Fronten
Insbesondere im Umland der ostukrainischen Stadt Bachmut liege die Initiative laut Verteidigungsministerium derzeit auf ukrainischer Seite. Die Ukrainer setzen sich laut Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar auf neu erreichten Positionen fest. "Der Feind zieht seine Reserven heran und klammert sich an Bachmut mit allen seinen Kräften", unterstrich sie. Ukrainische Vorstöße habe es etwa in Richtung der Dörfer Klischtschijiwka und Kurdjumiwka südwestlich der zerstörten Stadt gegeben, so Maljar auf Telegram. Bachmut war von den Russen im Mai unter hohen Verlusten nach monatelangen schweren Kämpfen erobert worden.
Bei den Kämpfen an der Südfront an der Grenze zwischen den Gebieten Saporischschja und Donezk haben sich die ukrainischen Truppen Maljar zufolge in den eroberten Stellungen festgesetzt. "Sie lassen das gegnerische Offensivpotenzial ausbluten, zerstören Ausrüstung, Lager, Kommando- und Kontrollpunkte und Personal", schrieb sie. Die russische Seite ziehe in diesen Bereichen ebenso Reserven heran.
Wegen ständigen russischen Beschusses hat die ukrainische Armee die Bevölkerung der Grenzkreise im nordöstlichen Gebiet Sumy zur Flucht aufgefordert. "Ich rufe alle dazu auf, bitte flieht, um das eigene Leben zu retten!", schrieb Generalleutnant Serhij Najew am Donnerstag auf Telegram. Die örtlichen Behörden seien bei der Evakuierung behilflich. Russland setze täglich Raketenwerfer, Artillerie und Gleitbomben in diesem Gebiet ein. "Der Abschnitt Sumy bleibt der gefährlichste im nördlichen Operationsgebiet", unterstrich Najew.
Das Gebiet Sumy stand zu Kriegsbeginn mehrere Wochen großteils unter russischer Kontrolle. Im Mai drangen von der Ukraine unterstützte russische Nationalisten vom Gebiet Sumy in das angrenzende russische Gebiet Belgorod vor und verwickelten die russischen Sicherheitskräfte in Kämpfe. Nach kurzer Zeit zogen sie sich jedoch wieder auf ukrainisches Gebiet zurück.
Laut dem Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London zum Krieg in der Ukraine am Donnerstag habe der jüngst eskalierte Machtkampf in Russland auch psychologische Auswirkungen auf die Kampfkraft. "Kurzfristig wird der psychologische Schock, eine große Zahl an Crewmitgliedern auf diese Weise verloren zu haben, nahezu sicher die Moral der russischen Luftstreitkräfte schwächen", so die Mitteilung.
Längerfristig könnte sich nach Ansicht der Briten insbesondere der Verlust eines als fliegendem Kommandostand genutzten Flugzeugs des Typs Il-22M negativ auf Russlands militärische Fähigkeiten auswirken. Demzufolge verfügte Moskau nur über bis zu zwölf Flugzeuge dieses Typs, die eine wichtige Rolle bei der Koordinierung von Aktivitäten im russischen Angriffskrieg in der Ukraine spielten. Deren Aufgaben müssten womöglich verringert werden, um sie besser zu schützen. Das werde wahrscheinlich Russlands militärische Fähigkeiten einschränken.
Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin hatte am Samstag zwischenzeitlich unter anderem die südrussische Stadt Rostow am Don besetzt und ließ seine Kämpfer dann Richtung Moskau marschieren. Berichten zufolge schossen sie dabei mehrere russische Kampfhubschrauber und das Flugzeug vom Typ Il-22M ab. Den Wagner-Söldnern wurde vom Kreml nach dem Aufstand Straffreiheit zugesagt.
Nach dem russischen Raketenangriff auf ein Café in der ostukrainischen Stadt Kramatorsk im Gebiet Donezk am Mittwoch ist indes die Zahl der Toten auf zwölf gestiegen. Etwa 60 Menschen wurden verletzt. In dem Café waren am Dienstagabend viele Menschen gesessen, als eine russische Rakete einschlug. Die Bergungsarbeiten seien nun beendet, teilte die Behörde mit. Sie veröffentlichte auch ein Video, auf dem die Arbeiten sowie Drohnenaufnahmen vom Ausmaß der Zerstörung zu sehen waren.
Bei diesem Angriff sollen nach russischen Angaben auch zwei ukrainische Generäle getötet und bis zu 50 Offiziere des ukrainischen Militärs getötet worden sein. Das teilte das Verteidigungsministerium in Moskau der Nachrichtenagentur RIA zufolge am Donnerstag mit. Es sei ein provisorischer Kommandoposten der ukrainischen Armee getroffen worden. Man habe nur militärische Ziele angegriffen, keine zivilen.
Russland führt seit mehr als 16 Monaten einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Entgegen offiziellen Angaben aus Moskau werden Raketen, Marschflugkörper und Drohnen immer wieder auf ukrainische Wohngebiete abgefeuert. Dabei gibt es unter Zivilisten oft Tote und Verletzte.
Zusammenfassung
- Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben den russischen Gegner an mehreren Frontabschnitten um über einen Kilometer zurückgedrängt.
- Bei einem Raketenangriff auf Kramatorsk sollen laut russischen Angaben vom Donnerstag auch zwei ukrainische Generäle getötet worden sein.
- Russland setze täglich Raketenwerfer, Artillerie und Gleitbomben in diesem Gebiet ein.
- Das Gebiet Sumy stand zu Kriegsbeginn mehrere Wochen großteils unter russischer Kontrolle.