Ukraine: Kiew verkündet Rückzug aus Lyssytschansk
Der Generalstab verwies in seiner Erklärung auf die zahlenmäßige und materielle Überlegenheit der russischen Armee. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor erklärt, mit der Einnahme der strategisch wichtigen Stadt sei die gesamte Donbass-Region Luhansk "befreit" worden. Die ukrainische Armee hatte dies zunächst dementiert.
Selenskyj: "Wir werden zurückkommen"
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht Lyssytschansk trotz des Rückzugs noch nicht als verloren an. "Wenn das Kommando unserer Armee Menschen von bestimmten Punkten der Front abzieht, wo der Feind den größten Feuervorteil hat - insbesondere Lyssytschansk -, bedeutet das nur eins: Dass wir dank unserer Taktik, dank der verstärkten Versorgung mit modernen Waffen, zurückkommen werden", sagte er am Sonntag in einer Videobotschaft.
Die ukrainische Armee bewege sich vorwärts - sowohl im Gebiet Charkiw im Osten, als auch im Gebiet Cherson im Süden und auf dem Schwarzen Meer. Die jüngst wiedererlangte Schlangeninsel sei ein gutes Beispiel dafür. "Es wird einen Tag geben, an dem wir dasselbe über den Donbass sagen werden", meinte Selenskyj. "Die Ukraine gibt nichts verloren."
Slowjansk: Mindestens sechs Menschen getötet
Zuvor waren bei einem russischen Angriff auf Slowjansk im Osten des Landes nach Behördenangaben mindestens sechs Menschen getötet worden. Zudem seien 15 Menschen verletzt worden, teilte am Sonntag eine Sprecherin der Regionalverwaltung von Donezk mit. Bürgermeister Wadym Liach sprach seinerseits von "vielen Toten und Verletzten". Die Stadt in der Donbass-Teilregion Donezk sei am Sonntag mit Mehrfachraketenwerfern beschossen worden, sagte der Bürgermeister in einem Facebook-Video.
"Heftigste Angriffe seit langem"
Es seien die heftigsten Angriffe "seit langem" gewesen. Es gebe 15 Brände. Ukrainischen Medienberichten zufolge stand unter anderem ein Markt in Flammen. Die Sprecherin der Regionalverwaltung erneuerte den Aufruf an die Menschen in Slowjansk, die Stadt möglichst zu verlassen.
Slowjansk liegt nur wenige Kilometer von der Frontlinie entfernt und steht bereits seit Tagen unter Raketenbeschuss. Bürgermeister Liach hatte Russland zuvor bereits vorgeworfen, bei den Angriffen auf die Stadt Streumunition eingesetzt zu haben. Streumunition ist durch internationale Verträge geächtet, welche Moskau allerdings nicht unterzeichnet hat. Slowjansk gilt als nächstes mögliches Ziel russischer Truppen auf ihrem Vormarsch im Donbass.
Zusammenfassung
- Nach wochenlangen Kämpfen hat die ukrainische Armee ihren Rückzug aus der Stadt Lyssytschansk im Osten des Landes verkündet.
- "Um das Leben der ukrainischen Verteidiger zu schützen, wurde die Entscheidung getroffen, sich zurückzuziehen", teilte der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte am Sonntagabend in einer Erklärung mit.
- Der Generalstab verwies in seiner Erklärung auf die zahlenmäßige und materielle Überlegenheit der russischen Armee.
- Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor erklärt, mit der Einnahme der strategisch wichtigen Stadt sei die gesamte Donbass-Region Luhansk "befreit" worden. Die ukrainische Armee hatte dies zunächst dementiert.