Tursky/Willi warnen im Finish vor Links und Rechts
Im Falle von Willis Wiederwahl würden weitere sechs Jahre "Stillstand und Chaos" auf die Stadtbewohner zukommen, so Tursky Freitagmittag bei seiner Schlusskundgebung vor dem Stadtturm nahe des Goldenen Dachls. Sich selbst sah er in der Bürgermeisterdirektwahl weiter in einem knappen Rennen in der Favoritenrolle.
Nachdem der Ex-Staatssekretär - flankiert von schwarzen Granden wie Landeshauptmann Anton Mattle, den Altlandeshauptmännern Günther Platter und Herwig Van Staa und Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler (alle ÖVP) - in die Altstadt eingezogen war und eine Bühne erklommen hatte, betonte er die Notwendigkeit eines "Neuanfangs" und die - trotz des Antretens der bürgerlichen Abspaltung von Ex-ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber (JA - Jetzt Innsbruck) - Geschlossenheit des bürgerlichen Lagers. "Während andere sich spalten, haben wir wieder zusammengefunden", rief er den dutzenden orangen Anhängern im Herzen Innsbrucks zu.
Tursky holte indes zu einem Appell an ehemalige bürgerliche Willi-Wähler aus, ihr Kreuz diesmal bei ihm zu machen. Es hätten sich bei der vergangenen Wahl im Jahr 2018 wahrscheinlich viele gedacht, "der Willi schaut nett aus, leitet einen Kirchenchor und Radfahren kann er auch." Doch es sei "nicht egal", wer Innsbruck regiert, warnte er einmal mehr vor desaströsen Zuständen in der Stadtpolitik, die von "Streit" geprägt waren.
Weil der grüne Kandidat außerdem mehrmals gesagt habe, dass er mit dem Bündnis bestehend aus ÖVP, Für Innsbruck (FI) und Tiroler Seniorenbund nicht koalieren wolle, sah Tursky eine linke Koalition am Horizont aufziehen. Diese bestehe neben den Grünen aus der Anzengruber-Liste, SPÖ und KPÖ. Dies würde "weitere sechs verlorene Jahre" bedeuten, warnte er. Im APA-Gespräch räumte er seinem Konkurrenten Anzengruber indes für die Stichwahl weiterhin offenbar keine Chancen ein und meinte, dass er im zweiten Wahlgang entweder auf Willi oder den FPÖ-Kandidaten Markus Lassenberger treffen werde.
Bevor Tursky im Bad der Menge mit "Florian"-Rufen und Geklatsche empfangen wurde, ergriff Landeshauptmann Mattle noch das Wort. Es gelte nun, die Menschen für den "Neuanfang" zu begeistern und die Stadt "neu zu gestalten". Dass Tursky bisher nicht in der Stadtpolitik aktiv war, sei "sein großer Vorteil". Dadurch könne er "vorbehaltlos" agieren, immerhin sei er in keinen "Streit eingebunden" gewesen.
Bürgermeister Willi und seine Grünen vollzogen ihren Wahlkampfabschluss vor rund 50 Sympathisanten, davon ein Gutteil Listenmitglieder, wenig später im Messepark. Willi zeigte sich "überzeugt", am Sonntag einen "Erfolg einzufahren". Die entscheidende Frage bei dieser Wahl sei ganz einfach: "Aufbruch mit Grün oder Rückschritt mit "Blau-Schwarz oder Schwarz-Blau".
Und der Stadtchef fuhr ganz in bisher gewohnter Wahlkampfmanier fort: "Will man eine Politik für die Radler oder die Autofahrer, für die Spekulanten oder für leistbares Wohnen". Es gelte jetzt, den richtigen Weg mit den Grünen einzuschlagen und "nicht falsch abzubiegen".
Ungeachtet der ständigen Vorhaltungen der politischen Konkurrenz sei in Innsbruck in den vergangenen Jahren "total viel weitergegangen", zählte das Grünen-Urgestein einmal mehr Erfolge aus seiner Sicht wie die Übergabe von 1.750 "leistbaren Wohnungen" in seiner Ära auf.
Unterstützt wurde Willi auf seinen letzten Wahlkampfmetern von Parteifreund und Sozialminister Johannes Rauch. "Es kann nur einen geben", meinte dieser in Richtung Willi und den vor allem in Liegestühlen platzierten Anhängern. Innsbruck brauche eine zweite Amtszeit des Grünen-Bürgermeisters. "Kämpfen und siegen", gab Rauch als Devise aus.
Eine positive Bilanz zum Wahlkampfende zog auch die Liste "JA - Jetzt Innsbruck. Man habe "viele interessante und aufschlussreiche Gespräche geführt", zeigte sich Bürgermeisterkandidat Ex-ÖVP-Vizebürgermeister Anzengruber in einer Aussendung am Freitag zufrieden. Man sei im Wahlkampf auf 65.000 persönliche Kontakte gekommen, über 150 freiwillige Helfer seien am Werk gewesen. Dazu hätten sich 2.500 servierte Kaspressknödel gesellt, rechnete der frühere Almwirt vor. Nun wolle er zumindest in die Stichwahl kommen, bekannte Anzengruber. Gleichzeitig geißelte er "übelste Schmutzkampagnen sowie das Verbreiten von Unwahrheiten", die er am Ende des Wahlkampfes bei der Konkurrenz orte. Einen Wahlkampfabschluss im klassischen Sinne gab es bei der Anzengruber-Liste indes nicht.
Abseits der heißen Anwärter auf den Bürgermeisterposten schlossen am Freitag auch kleinere Gruppierungen ihren Wahlkampf ab. Die NEOS begingen ihren Abschluss Freitagnachmittag am "Sonnendeck" am Inn vor etwa 40 Anhängern. Spitzen- und Bürgermeisterkandidatin Julia Seidl betonte dort die Wichtigkeit, überhaupt wählen zu gehen. "Es geht jetzt auch noch darum, noch Unentschlossene zu überzeugen", erklärte sie einem schon etwas durchaus euphorischen Publikum, das vor ihrer Ansprache zu einem DJ getanzt hatte. Wichtig sei auch, dass die NEOS - sie erzielten bei der Gemeinderatswahl 2018 4,73 Prozent und stellen damit zwei Gemeinderäte - noch stärker würden. "Es braucht nämlich einen funktionierenden Gemeinderat", hielt sie fest und kritisierte, dass in den letzten Jahren zu wenig konstruktiv gearbeitet worden wäre.
Prominente Schützenhilfe bekam Seidl vom Tiroler NEOS-Chef Dominik Oberhofer und NEOS-Generalsekretär Douglas Hoyos. Oberhofer schoss sich in seiner Wortspende auf die Innsbrucker und vor allem auch die Tiroler Politik insgesamt ein. "Die Moral im Land ist derzeit am Boden", erklärte er und meinte damit vor allem die ÖVP-Politik, die in die eigenen Taschen wirtschaften würde.
Vor Willi, Tursky und den NEOS hatte bereits am Vormittag die Liste Fritz zum Wahlkampfabschluss vor der Annasäule geladen. Spitzenkandidatin und Parteiobfrau Andrea Haselwanter-Schneider beschwor dabei mit Unterstützung von Listengründer Fritz Dinkhauser vor allem ein Beenden der "Wadlbeißerei", die aus ihrer Sicht in den letzten Jahren im Gemeinderat vorherrschend war. "Je stärker wir werden, desto leichter tun wir uns damit", sagte Haselwanter-Schneider. Die Liste Fritz hatte zuletzt 3,23 Prozent für sich verbuchen können und stellt seither mit Thomas Mayer einen Gemeinderat. Nun gilt es, die neu eingezogene Vier-Prozent-Hürde zu überspringen.
Am Samstag folgen dann vor dem großen Showdown die letzten Wahlkampfabschlüsse. Dabei im Fokus: Jene der FPÖ sowie der SPÖ.
Zusammenfassung
- Bürgermeisterkandidat Florian Tursky warnt beim Wahlkampfabschluss in Innsbruck vor einer Links-Koalition und prophezeit bei Wiederwahl von Georg Willi sechs Jahre Stillstand.
- Tursky, unterstützt von ÖVP-Größen, sieht sich trotz der Abspaltung von Johannes Anzengruber (JA - Jetzt Innsbruck) als Favoriten und ruft zur Geschlossenheit auf.
- Die Liste Fritz um Spitzenkandidatin Andrea Haselwanter-Schneider zielt darauf ab, die neu eingeführte Vier-Prozent-Hürde zu überwinden und kritisiert die bisherige 'Wadlbeißerei' im Gemeinderat.