APA/APA/AFP/DAVE CHAN

Kanadas Premierminister Trudeau kündigt Rücktritt an

Kanadas Premierminister Justin Trudeau hat am Montag seinen Rücktritt als Parteivorsitzender der Liberalen und als Regierungschef angekündigt. Er wolle nur noch so lange im Amt bleiben, bis die Nachfolge geklärt sei, sagte der 53-Jährige bei einer Pressekonferenz in Ottawa.

"Dieses Land verdient eine echte Auswahl bei der nächsten Wahl", erklärte er, "und mir ist klargeworden, dass ich nicht die beste Alternative bei dieser Wahl sein kann."

Truedeau bezog sich in Folge auf "interne Kämpfe", die er ausfechten müsse. Für Mittwoch ist eine Krisensitzung der liberalen Fraktion angesetzt. Trudeau steht parteiintern unter Druck, nachdem Umfragen seiner Liberalen Partei eine deutliche Niederlage bei den spätestens im Oktober bevorstehenden Parlamentswahlen voraussagen.

Rücktritt angefordert

Mehrere liberale Abgeordnete haben ihn aus Sorge um die schlechten Umfragewerte der Partei öffentlich zum Rücktritt aufgefordert.

Trudeau hatte den Parteivorsitz 2013 in einer Krisenzeit der Liberalen übernommen und 2015 mit einem progressiven Programm an die Macht gebracht.

Seine Amtszeit ist von Höhen und Tiefen geprägt: Anfangs für seinen Kurs gefeiert, sah er sich in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, darunter die Corona-Pandemie, steigende Lebenshaltungskosten und Kritik an seiner Einwanderungspolitik.

Laut Umfragen drohen Liberalen deutliche Verluste

Der Rücktritt käme für die Partei laut Medien und Beobachtern aber zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Umfragen zufolge drohen den Liberalen bei den Wahlen deutliche Verluste gegen die Konservativen. Experten erwarten, dass der Rücktritt Trudeaus den Ruf nach vorgezogenen Neuwahlen verstärken könnte, um angesichts der Präsidentschaft von Donald Trump in den USA eine handlungsfähige Regierung zu bilden.

Zuletzt hatte die Kritik an Trudeau allerdings stark zugenommen. Viele Menschen werfen ihm unter anderem vor, dass er seine vielen Versprechen nicht erfüllt habe, dass die Preise zu stark gestiegen seien und es im Land zu wenig Wohnraum gebe. Der Druck auf den Premier wurde zuletzt immer stärker: Rücktrittsforderungen wurden lauter - selbst aus den eigenen Reihen.

Vize Freeland mit lautem Abgang

Die Neue Demokratische Partei, mit der die Liberalen zuvor zusammengearbeitet hatten, entzog ihm bereits das Vertrauen und drohte mit einem Misstrauensvotum. Zuletzt trat auch noch Trudeaus Stellvertreterin und Finanzministerin Chrystia Freeland zurück.

Freeland, der Ansprüche auf die Führung der Liberalen nachgesagt werden, hatte sich mit Kritik an Trudeau aus der Regierung verabschiedet. "In den vergangenen Wochen waren wir uns uneinig über den besten Weg Kanadas in die Zukunft", erklärte sie in ihrem Rücktrittsschreiben. Trudeau kündigt danach eine Kabinettsumbildung an.

 

Konservative Partei liegt in den Umfragen weit vorne

Die nächste Wahl steht in Kanada regulär im Herbst an, beispielsweise mit einem Misstrauensvotum könnte jedoch auch eine vorgezogene Neuwahl erzwungen werden. In Umfragen sieht es derzeit gut für die Konservative Partei unter dem Vorsitz von Pierre Poilievre aus. Sie könnte nach derzeitigem Stand um die 40 Prozent der Stimmen auf sich versammeln, während Trudeaus Liberale nur auf etwa 20 Prozent kämen.

Der häufig eher populistisch agierende Poilievre hat unter anderem angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs mehr Häuser bauen lassen zu wollen.

Historisch betrachtet dominieren in Kanada die Liberalen, die sich im politischen Spektrum zwischen Zentrum und Mitte-Links bewegen, seit dem 20. Jahrhundert die Politik. Sie stellten die meisten Premierminister und prägten die vergleichsweise progressive Politik des nordamerikanischen Landes maßgeblich.

Kanada ist das flächenmäßig zweitgrößte Land der Erde, hat rund 40 Millionen Einwohner und ist Mitglied der NATO und der G7.

ribbon Zusammenfassung
  • Justin Trudeau, 53, hat seinen Rücktritt als Parteivorsitzender der Liberalen und Regierungschef angekündigt, bleibt aber im Amt, bis seine Nachfolge geklärt ist.
  • Eine Krisensitzung der liberalen Fraktion ist für Mittwoch angesetzt, da Trudeau parteiintern unter Druck steht wegen schlechter Umfragewerte, die deutliche Verluste gegen die Konservativen bei den bevorstehenden Wahlen vorhersagen.
  • Trudeaus Amtszeit, die 2013 begann und 2015 mit einem progressiven Programm zur Machtübernahme führte, war von Herausforderungen wie der Corona-Pandemie und Kritik an seiner Einwanderungspolitik geprägt.