Tirols ÖVP-Alt-LH Van Staa ist unzufrieden mit Regierung
In Sachen Bundesregierung mahnte der frühere ÖVP-Spitzenpolitiker und Landeschef von 2002 bis 2008 eine bessere Abstimmung zwischen den Koalitionsparteien ein. Aus "Stabilitätsgründen" in Zeiten von veritablen Krisen halte er es aber für "wünschenswert", dass die Regierung bis zur Nationalratswahl im Jahr 2024 hält. Was die Zusammenarbeit von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) betrifft, habe er ein "gutes Gefühl". Für die Zeit nach der Wahl plädierte Van Staa dafür, dass die ÖVP keine Koalitionsoption ausschließe. Auch die FPÖ nicht, betonte er - obwohl sich seine Begeisterung für FPÖ-Chef Herbert Kickl in Grenzen halte.
Bezüglich der Arbeiten der Staatsanwaltschaften ist Van Staa ein Dorn im Auge, dass Verfahren bzw. Ermittlungen in den diversen ÖVP-Causen offenbar "bis zum nächsten Wahlkampf" in die Länge gezogen bzw. "immer weiter hinausgeschoben" würden. Etwa in jenem Fall, in dem Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz Falschaussage im U-Ausschuss vorgeworfen werde - einem Vorwurf, dem er ohnehin keine Substanz beimesse. "Warum wird da nicht endlich eingestellt oder Anklage erhoben?", fragte Van Staa. Mittlerweile müssten doch wohl alle Unterlagen und Fakten für eine Entscheidung am Tisch liegen. In all diesen anhängigen Causen sei auch "in Einzelpunkten" über Anklage oder nicht zu entscheiden - und nicht bis zur Bewertung aller Vorwürfe zu warten.
Auch in anderer Hinsicht sah Van Staa die Rolle der Ermittlungsbehörden kritisch. "Wie können aus Akten in Fällen, in denen Erhebungen oder Voruntersuchungen geführt werden, Ergebnisse an die Öffentlichkeit gelangen? Das führt zu Vorverurteilungen. Und in weiterer Folge wird auch die Unvoreingenommenheit der Gerichte in Mitleidenschaft gezogen. Ich sehe die Gefahr der Beschädigung wichtiger Institutionen", zeigte sich der gebürtige Oberösterreicher empört.
An den laufenden Untersuchungsausschüssen stört Van Staa vor allem Handhabe und mediale Darstellung. "Menschen, die in politischen Untersuchungsausschüssen befragt werden, sind Auskunftspersonen. Keine Angeklagten. In der Öffentlichkeit entsteht aber der Eindruck, dass sie letzteres sind". Zudem forderte er, dass U-Ausschüsse nicht parallel zu strafrechtlichen Ermittlungen abgehalten werden, sondern "zu ruhen haben oder überhaupt nicht aufgenommen werden, solange eine strafrechtliche Verfolgung gegeben ist".
In Vorarlberger Wirtschaftsbund-Affäre und Seniorenbund-Causa begrüßte Van Staa die laufenden Untersuchungen. Bei ersterem sei er sich sicher, dass ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner "nichts damit zu tun hat": "Ein Landeshauptmann hat keine Zeit zu antichambrieren, um ein kleines Inserat zu bekommen". In puncto Seniorenbund gehe es vor allem darum, wofür das Geld verwendet wurde - für klassische Vereinsarbeit oder die Bezahlung von Gehältern.
Auch die nahende Tiroler Landtagswahl im ersten Quartal des kommenden Jahres beschäftigt den früheren Landeschef. Die Chancen der zuletzt unter Druck geratenen Tiroler ÖVP auf einen Wahlerfolg seien intakt. Garant für ein gutes ÖVP-Ergebnis ist für Van Staa offenbar sein Nachfolger, LH Günther Platter: "Die ÖVP hat nur mit Günther Platter eine echte Chance, bestmöglich abzuschneiden. Selbst wenn da oder dort Verluste auftreten könnten. Die wären aber sicherlich nicht ihm anzulasten". Er sehe bei Platter ein "unglaubliches Bemühen, unglaublichen Fleiß und sehr gute Vernetzung", zeigte sich der Altlandeshauptmann voll des Lobes. Dieser gehe mit dem erneuten Antreten natürlich auch ein Risiko ein, denn "wenn man manche Medien aufschlägt, spürt man den Trend des Mainstreams gegen die ÖVP". Eigentlich hätte Platter "die bestmögliche Ausgangsposition - von den Wirtschaftsdaten, der Leistungsbilanz her. Nur die Unzufriedenheit in der öffentlichen Diskussion macht es schwierig".
Ein "4er" vor dem Volkspartei-Ergebnis - 2018 hatte die ÖVP 44,26 Prozent - wäre "im Sinne der Stabilität dringend zu wünschen", so Van Staa. Die künftige Regierungskonstellation - derzeit regiert Schwarz-Grün - werde anhand des Wahlergebnisses ausgelotet. Er habe einen präferierten ÖVP-Regierungspartner, ließ Van Staa wissen, werde ihn aber nicht nennen. Alle im Landtag vertretenen Parteien würden theoretisch in Frage kommen, so auch die FPÖ. Lob bekam SPÖ-Landesparteichef Georg Dornauer ab. Er habe diesen immer als "sehr gut ausgebildete und sich positiv entwickelnde Persönlichkeit wahrgenommen".
An eine, mitunter gemutmaßte, vorgezogene Landtagswahl im heurigen Herbst glaubte Van Staa nicht. Er habe vorgezogene Wahlen immer "sehr skeptisch" gesehen. Eine solche wäre in Tirol derzeit auch "nicht sachgerecht".
Zusammenfassung
- Tirols Altlandeshauptmann Herwig van Staa (ÖVP) ist "insgesamt nicht zufrieden" mit der Performance der türkis-grünen Bundesregierung.
- In puncto Seniorenbund gehe es vor allem darum, wofür das Geld verwendet wurde - für klassische Vereinsarbeit oder die Bezahlung von Gehältern.
- Auch die nahende Tiroler Landtagswahl im ersten Quartal des kommenden Jahres beschäftigt den früheren Landeschef.
- Die wären aber sicherlich nicht ihm anzulasten".