Tiroler ÖVP-Jungbauern wollen Rückzahlung erst "prüfen"
Landesobmann Dominik Traxl und Tirols Bauernbundobmann Josef Geisler (beide ÖVP) kündigten am Dienstag an, dass man die Zahlung nicht sofort leisten, sondern erst überprüfen wolle. Das grüne Vizekanzleramt hatte am Montag argumentiert, dass die "Jungbauernschaft/Landjugend" als ÖVP-Teilorganisation eingestuft wurde und daher nicht anspruchsberechtigt sei.
Es werde sich erst "herausstellen", ob man die Gelder zurückbezahlen werde, sagte Traxl, der bei der anstehenden Landtagswahl für die ÖVP auf Platz sieben der Landesliste kandidiert, gegenüber dem ORF Tirol. "Wir sind jetzt mit diesen Tatsachen konfrontiert worden, wir werden das prüfen und dann schauen, wie wir da dementsprechend auch weiterarbeiten werden", führte er aus. Ähnliches tönte von LHStv. und Bauernbundchef Geisler: "Die vorliegende Rechtsauffassung ist vorerst einmal zu akzeptieren, doch die ganze Vorgangsweise, dass dies just zwei Wochen vor der Landtagswahl erfolgt, ist wohl dem Wahlkampf geschuldet", ortete Geisler einen parteipolitischen Hintergrund laut einem Bericht der "Tiroler Tageszeitung" (Dienstags-Ausgabe).
ÖVP-Spitzenkandidat und Landesparteiobmann Anton Mattle signalisierte wiederum gegenüber der "TT" den Willen zur Rückzahlung: "Alle Beteiligten haben immer klargemacht, dass dieses Geld zurückbezahlt wird, sollte eine neuerliche Prüfung zu diesem Schluss kommen". Die Opposition versuche nun, den Jungbauern einen Skandal unterzuschieben, meinte er zudem. Am Montag war nach der Stellungnahme des Vizekanzleramtes nicht Mattle, sondern Noch-Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) ausgerückt. Platter verhielt sich bisher im Wahlkampf öffentlich großteils zurückhaltend. Nun aber schaltete der Landeschef auf Angriffsmodus und warf dem grünen Vizekanzleramt "Missmanagement" und "offensichtliche Unfähigkeit" vor. Für ihn zeigte die Entwicklung vielmehr, dass "die Anträge aus dem NPO-Fonds unzureichend behandelt" worden seien und man "den eigenen Prüfauftrag zu wenig ernst genommen hat".
Während die Bundes-SPÖ am Montag nur die ÖVP kritisiert hatte, ritt Tirols SPÖ-Chef Dornauer hingegen einen Angriff auf Kogler und sprach wie Platter von "Missmanagement" des Vizekanzlers, das "zum Himmel" schreie. "Wie sein Ressort unglaubliche 800.000 Euro einfach so vergeben konnte, ohne entsprechende Grundlage, macht Kogler aus meiner Sicht rücktrittsreif". Zudem müssten VP-Spitzenfunktionäre "scharf kritisiert werden, die sich hier als Katalysator verwendet haben, um die Gelder abzurufen". "Schützend" stellte sich Dornauer dagegen vor "alle jungen Ehrenamtlichen in dieser Organisation", die "völlig unbeteiligt" seien. Der in Opposition befindliche Dornauer drängt bereits während des gesamten Wahlkampfes vehement in eine künftige Landesregierung.
Für Tirols FPÖ-Landesparteiobmann Markus Abwerzger ist es indes "unanständig, den Wahlkampf auf dem Rücken der Jungbauern auszutragen". "Zum einen ist es verwerflich, dass die Grünen aus Wahlkampfkalkül das aufs Tapet bringen, aber zum anderen ist es auch abzulehnen, dass die ÖVP ständig versucht, die Jungbauern für ihre politischen Zwecke zu vereinnahmen", sagte Abwerzger. Die Beantragung der Coronahilfen sei "auf dem Mist der ÖVP gewachsen", deshalb solle sie "nun auch dafür geradestehen", hielt der FPÖ-Chef fest.
NEOS attestierten den Jungbauern wiederum mangelndes Urteilsvermögen, diese könnten "nicht mehr von sich aus zwischen richtig und falsch unterscheiden", sagte Abg. Yannick Shetty (NEOS). Sollten die Jungbauern "noch einen letzten Funken Anstand besitzen, zahlen sie alle zu Unrecht bezogenen Förderungen sofort zurück", meinte er.
Der grüne Spitzenkandidat und ÖVP-Koalitionspartner, Gebi Mair, reagierte gegenüber "Tirol Live", dem Online-Talk der "Tiroler Tageszeitung", ebenfalls recht heftig: Es sei "fast eine Betrugsabsicht dabei", wenn Vereine und Parteiteilorganisationen "so tun, als ob sie jemand anderer wären und Gelder beantragen, die ihnen definitiv nicht zustehen". Er hätte sich erwartet, dass die Hilfsgelder - "als das aufgekommen ist" - freiwillig zurückbezahlt worden wären. "Wir haben wirklich eine Kultur von Korruption in diesem Land, wo es nicht einmal reicht, wenn man erwischt wird", so Mair.
Dies wollte sein schwarzes Pendant, ÖVP-Klubobmann Jakob Wolf nicht auf sich sitzen lassen. Dass Mair "wortwörtlich" von "versuchtem Betrug" sprach und eine "strafbare Handlung unterstellt hat, ist unerträglich", kritisierte Wolf seinen Kollegen. "Damit überschreitet er eine rote Linie. Ich fordere Gebi Mair auf, sich sofort zu entschuldigen", hielt Wolf fest. Der Klubobmann verurteilte "die Art und Weise, wie die politischen Mitbewerber vor NEOS, FPÖ, SPÖ und Grüne auf die Tiroler Jungbauernschaft/Landjugend einschlagen und sie durch den Dreck ziehen".
Seit dem Frühjahr 2020 können Non-Profit-Organisationen aus dem bei Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) angesiedelten "Non Profit Organisationen-Unterstützungsfonds" Mittel beantragen, um besser durch die Coronakrise zu kommen. Parteien und ihre Teilorganisationen sind von diesem Topf eigentlich ausgeschlossen, dennoch haben mehrere parteinahe, vor allem ÖVP-nahe Organisationen davon profitiert, wie eine Anfrage der NEOS aufdeckte. Kogler kündigte daraufhin vertiefte Prüfungen mit der abwickelnden Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS) an, einige wurden nun abgeschlossen. Die Tiroler "Jungbauernschaft/Landjugend" sind laut dieser Prüfung dem Tiroler Bauernbund, einer Teilorganisation der ÖVP Tirol, zuzurechnen, und damit von Förderungen aus dem NPO-Fonds ausgeschlossen.
Zusammenfassung
- Die Rückzahlungsaufforderung von Corona-Hilfsgeldern durch das Vizekanzleramt von Werner Kogler (Grüne) an Teilvereine der Tiroler "Jungbauernschaft/Landjugend" lässt die Wogen im Landtagswahlkampf weiter hochgehen.
- Die Jungbauern wollen eine Rückzahlung der über 800.000 Euro erst "prüfen", die ÖVP sah das Kogler-Ressort in der Verantwortung, dass es überhaupt zu der Auszahlung gekommen war.