Taliban-Vizechef dementiert Gerüchte über eigenen Tod
Medien hatten vergangene Woche spekuliert, dass Baradar, der in der neuen Taliban-Regierung auch stellvertretender Regierungschef ist, bei einem internen Streit getötet worden sei. Die Information verbreitete sich schnell über die sozialen Medien. Die Gerüchte wurden dadurch befeuert, dass Baradar mehrere Tage nicht öffentlich zu sehen war.
Baradar sagte weiter, er sei außerhalb Kabuls auf einer Reise gewesen und habe deswegen keinen Zugang zu Medien gehabt. Er wolle nun alle Taliban in hohen und niedrigen Positionen darüber informieren, dass es keinen Grund zu Sorgen gebe. Zu angeblichen Machtkämpfen innerhalb der Taliban-Ränge sagte er, man habe über Jahre Leid und Schwierigkeiten ertragen, um die US-Besatzung zu beenden. All dies sei nicht für Macht oder Positionen gewesen. Einen großen Teil seiner Antworten las Mullah Baradar von einem Blatt ab.
Die UN-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Deborah Lyons, traf indes sich mit dem neuen Innenminister Sirajuddin Haqqani getroffen und über die humanitäre Krise in dem nun von den Taliban beherrschten Land gesprochen. Haqqani galt jahrelang als einer der weltweit meistgesuchten Islamisten. Ein Taliban-Sprecher teilte am Donnerstag über Twitter mit, Hauptthema sei die Frage der humanitären Hilfe gewesen. Haqqani habe zugesichert, dass die Arbeit des UN-Personals in Afghanistan nicht behindert werde. Lyons betonte nach UN-Angaben, jede Bedrohung oder Beeinträchtigung der Hilfsarbeiter müsse unbedingt unterbunden werden.
Taliban-Kämpfer hatten in den vergangenen Jahren vor ihrer Machtübernahme mehrfach die Vereinten Nationen (UN) ins Visier genommen. So wurden 2009 in der Hauptstadt Kabul fünf UN-Mitarbeiter bei einem Angriff auf ein Gästehaus getötet. Haqqani leitet das von seinem Vater gegründete gleichnamige Netzwerk, das eine Untergruppe der Taliban bildet und US-Regierungskreisen zufolge Verbindungen zur Islamisten-Organisation Al-Kaida unterhält. Die US-Bundespolizei FBI führt Haqqani als eine der meistgesuchten Personen. Für Informationen zu seiner Ergreifung ist eine Belohnung von zehn Millionen Dollar ausgesetzt.
Unterdessen beschlagnahmte die neue Taliban-Führung nach offiziellen Angaben mehr als zwölf Millionen US-Dollar (etwa 10,2 Millionen Euro) in Form von Bargeld und Goldbarren. Dies teilte die Zentralbank am Mittwochabend (Ortszeit) in der Hauptstadt Kabul mit. Das Geld und das Gold sei in Häusern von Mitgliedern der früheren Regierung und ehemaliger hochrangiger Beamter gefunden worden, hieß es.
Namentlich genannt wurde der ehemalige Vizepräsident Amrullah Saleh. Saleh hatte sich im vergangenen Monat nach der Flucht des ehemaligen Präsidenten Ashraf Ghani zum amtierenden Präsidenten des zentralasiatischen Landes erklärt. Seit der Machtübernahme der Taliban Mitte August baut er in der Provinz Panjshir Widerstand auf. Die genaue Summe, die in Salehs Haus beschlagnahmt worden sein soll, wurde nicht mitgeteilt. Die Zentralbank wird mittlerweile von den Taliban kontrolliert.
Ein hochrangiger Taliban behauptete auf Twitter, man habe bei Saleh mehr als sechs Millionen US-Dollar in bar und 18 Goldbarren gefunden. Er selbst äußerte sich zunächst nicht. Sein aktueller Aufenthaltsort ist unbekannt. Zuvor hatte Afghanistans ehemaliger Botschafter in Tadschikistan, Mohammed Sahir Agbar, behauptet, Ghani habe bei seiner Flucht 169 Millionen Dollar mitgenommen. Der Ex-Präsident wies dies zurück. Nach Medienberichten forderte die Zentralbank auch Banken auf, die Konten ehemaliger Offizieller einzufrieren.
Zusammenfassung
- Taliban-Vizechef Mullah Abdul Ghani Baradar hat Berichte über seinen eigenen Tod oder eine schwere Verletzung dementiert.
- Spekulationen über Machtkämpfe innerhalb der Riege der neuen Machthaber in Kabul wies er ebenfalls zurück.
- Unterdessen beschlagnahmte die neue Taliban-Führung nach offiziellen Angaben mehr als zwölf Millionen US-Dollar in Form von Bargeld und Goldbarren.
- Dies teilte die Zentralbank am Mittwochabend in der Hauptstadt Kabul mit.