Steuersenkung als CO2-Rückerstattung benachteiligt Arme
Bisher ist noch wenig zur ökosozialen Steuerreform bekannt. Feststeht bisher nur, dass es einen CO2-Preis geben soll. Außerdem sollen die 2. und 3. Tarifstufe der Lohn- und Einkommensteuer von 35 auf 30 Prozent bzw. von 42 auf 40 Prozent gesenkt werden. Durch die kalte Progression würden die Effekte dieser Steuersenkung allerdings schon bald verpuffen, während die CO2-Steuer sinnvollerweise mit der Zeit steigen sollte, um ihre Lenkungswirkung zu entfalten, schreibt das Institut in einer Aussendung am Donnerstag.
Damit würden die Haushalte schon nach ein paar Jahren wieder mehr Steuern als noch vor der Reform zahlen. Haushalte mit niedrigem Einkommen bekommen gar schon im ersten Jahr weniger Geld zurück, als sie durch die CO2-Steuer zusätzlich ausgeben müssen.
Die ökosoziale Steuerreform soll im Jänner 2022 kommen. Ein CO2-Preis, umgesetzt über CO2-Steuern oder einen Emissionshandel, soll den Treibhausgasausstoß verteuern. Das soll dazu führen, dass klimaschädliche Treibhausgasemissionen reduziert werden und die Kosten der Umweltverschmutzung stärker von den Verursachern getragen werden. Gleichzeitig kommt es dabei aber auch zu verteilungsökonomischen Auswirkungen. Haushalte mit niedrigem Einkommen zahlen relativ zu ihrem Einkommen mehr als reichere Haushalte.
Dazu kommt, dass CO2-Preise keine Rücksicht auf die tatsächliche Verfügbarkeit von klimafreundlichen Alternativen nehmen. Haben Haushalte beispielsweise keinen Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, so müssen sie trotzdem den CO2-Preis für die notwendige Nutzung ihres Pkws zahlen. Entscheidend für eine notwendige sozial-ökologische Steuerreform sei daher die Rückverteilung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung.
Das Momentum Institut hat eine Studie gemacht, bei der ein Maßnahmenpaket bestehend aus mehreren Teilen simuliert und einer CO2-Steuer von EUR 150 pro Tonne CO2-Äquivalent gegenübergestellt wurde. Aus dieser Simulation heraus hat das Momentum Institut mehrere Vorschläge zur Abfederung der Kosten für Niedrigverdiener ausgearbeitet: Erstens sollen zwei Härtefallboni die Steuerleistung für Haushalte mit besonders niedrigem Einkommen auf je 500 Euro pro Jahr für Treibstoffe und Raumwärme deckeln. Insgesamt würde die Steuerleistung somit maximal 1.000 Euro pro Jahr betragen. Zweitens sollen Mieter, die keinen direkten Einfluss auf den Heizungstausch haben, mit einem Wohnkostenbonus von 110 Euro pro Jahr unterstützt werden. Drittens soll es für Haushalte mit einer schlechten Anbindung ans öffentliche Verkehrsnetz einen Mobilitätsbonus von 310 Euro pro Jahr geben.
Zusätzlich soll ein sozial gestaffelter Ökobonus Haushalte mit niedrigem Einkommen unterstützen: Haushalte mit einem Nettojahreseinkommen (inkl. Sozialleistungen) von weniger als 20.000 Euro sollen rund 240 Euro pro Jahr erhalten. Der Ökobonus reduziert sich bis zu einem Nettojahreseinkommen von 25.000 Euro auf die Hälfte. Sämtliche Maßnahmen sind dabei bedarfsgewichtet und beziehen sich auf Einpersonenhaushalte. Größere Haushalte bekommen also entsprechend höhere Transfers. Das Maßnahmenpaket würde insgesamt rund 2,7 Mrd. Euro an die Haushalte rückverteilen. Das entspricht den simulierten Einnahmen aus einer CO2-Steuer von 150 Euro pro Tonne im Haushaltssektor. Die Reform wäre damit budgetneutral.
In der Studie wurde zudem eine mögliche Rückverteilung über eine Senkung der Lohn- und Einkommensteuer bzw. über Senkungen der Sozialversicherungsbeiträge analysiert. Konkret wurde dazu eine Erhöhung der Negativsteuer sowie der Steuerfreigrenze simuliert, um die Steuerreform möglichst im unteren Einkommensbereich wirken zu lassen. Auch eine Senkung der Krankenversicherungsbeiträge um drei Prozentpunkte wurde simuliert.
Die Ergebnisse zeigen, dass die untersten Einkommensgruppen nur unzureichend unterstützt werden können: Die durchschnittliche Unterstützung liegt im untersten Einkommensfünftel sowohl bei der Steuersenkung als auch bei der Senkung der Sozialversicherungsbeiträge unter der durchschnittlichen Steuerleistung. Viele Haushalte mit niedrigem Einkommen verlieren also durch die Reform. Dagegen profitieren vor allem Haushalte im mittleren und oberen Einkommenssegment von der Reform. Im Schnitt würden Haushalte im reichsten Einkommensfünftel rund 4,5-mal stärker von der Beitragssenkung profitieren als Haushalte im ärmsten Einkommensfünftel. Für eine ökosoziale Steuerreform sei eine Rückverteilung über das Steuer- und Beitragssystem daher nicht geeignet, so das Institut.
Zusammenfassung
- Eine Senkung der Einkommensteuer als Rückerstattung für die CO2-Steuer würde Niedrigverdiener benachteiligen.
- Eine CO2-Steuer müsste daher von gezielten Rückverteilungsmaßnahmen an Haushalte mit niedrigem Einkommen und Haushalte ohne klimafreundliche Alternativen begleitet werden, so das Institut.
- Haushalte mit niedrigem Einkommen bekommen gar schon im ersten Jahr weniger Geld zurück, als sie durch die CO2-Steuer zusätzlich ausgeben müssen.