SPÖ und FPÖ wollen Nehammer (aus unterschiedlichen Gründen) aus dem Amt
Basis der Sitzung ist ein entsprechender Antrag der FPÖ, die sich am Verbot der Corona-Demos stößt. Die FPÖ geht in ihrer "Dringlichen Anfrage" mit Nehammer und auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hart ins Gericht. Die Vorgangsweise bei den Demo-Verboten sei einmalig in der Zweiten Republik und zeige, dass die Regierung und insbesondere der Innenminister nicht davor zurückschreckten, jede Regierungskritik beinhart zu verbieten, heißt es in der schriftlichen Begründung der "Dringlichen", die um 11 Uhr eingebracht wurde und ab 14 Uhr debattiert wird.
Wissenschaftliche Evidenz für die Behauptung, dass Demonstrationen ein verstärktes Infektionsgeschehen begünstigen würden, gebe es nicht. Eine angebliche Gefährdung des öffentlichen Wohls zu behaupten, um die regierungskritischen Demonstrationen zu unterbinden, sei daher völlig absurd, finden Klubchef Herbert Kickl und Kollegen. Aufrechten Demokraten sei so die Möglichkeit genommen worden, ihre Sorgen und Ängste um die Zukunft der Kinder, des Arbeitsmarkts, der Unternehmen, des Bildungs- und des Sozialsystems zum Ausdruck zu bringen. Auch der Bundespräsident hätte sich dazu nicht verschweigen dürfen.
Der SPÖ geht es um Asylpolitik und BVT
Die SPÖ nimmt unabhängig davon vor allem Nehammer ins Visier: "Österreich braucht keinen Innenminister, der die Gesellschaft spaltet und die Bürger verunsichert sondern einen der für Zusammenhalt in Österreich sorgt", meint der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried, der von "unfassbaren Szenen" bei der Abschiebung der georgischen und armenischen Familien sprach. Mit dieser "spektakulären Aktion" habe Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nur von Verfehlungen in der Corona-Politik ablenken wollen. Leichtfried kündigte am Donnerstag zwei Entschließungsanträge an, die das Ziel haben, die Mädchen zurückzuholen sowie das humanitäre Bleiberecht mit Mitsprache der Länder neu aufzustellen.
Nehammer wiederum habe nicht nur in diesem Fall sondern auch in Sachen Moria versagt. Dazu kämen noch die Verfehlungen im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, speziell im Vorfeld des Terroranschlags in der Wiener Innenstadt. Mit Ex-Ressortchef Herbert Kickl liefere sich Nehammer einen fast schon skurrilen Kampf, wer der schlechteste Innenminister der Zweiten Republik sei. Es sei höchst an der Zeit, dass er zurücktrete.
"Parteipolitische Instrumentalisierung der Exekutive"
Kanzler Kurz wirft die FPÖ wiederum vor, "seine Innenminister-Marionette" zur parteipolitischen Instrumentalisierung der Exekutive zu benutzen. Zynisch sei es dabei, die Einschränkung der Versammlungsfreiheit mit jenen Maßnahmen zu begründen, gegen welche viele tausende Bürger bereits seit Wochen demonstrieren.
Die 76 Detailfragen an Nehammer drehen sich im Wesentlichen um das Verbot der Demos und Vorfälle bei den Märschen, die trotzdem stattfanden, etwa einen angeblichen Sturmversuch auf das Parlamentsgebäude oder Übergriffe gegen Journalisten. Zudem will die FPÖ beantwortet wissen, ob seitens des Innenministeriums versucht worden sei, Polizisten, die an Protest-Demos teilnehmen, zu identifizieren.
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ÖVP-Klubobmann August Wöginger erinnerte im Vorfeld der Debatte daran, dass die FPÖ, als sie in der Regierung war, Demonstrationen verbieten und von der Innenstadt an den Stadtrand drängen wollte. Er wundere sich, dass auch die SPÖ einen Misstrauensantrag gegen Minister Nehammer einbringe und forderte die SPÖ auf, "ihren radikalen Kurs einzustellen und zum konstruktiven Weg zurückzukehren".
Zusammenfassung
- Die heutige Sondersitzung des Nationalrats soll offenkundig eine Abrechnung mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) werden. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen haben FPÖ und SPÖ einen Misstrauensantrag gegen den Ressortchef angekündigt.