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Siesta: Medizinisch nötig, rechtlich möglich, aber kaum umsetzbar

In Deutschland kam zuletzt die Idee einer Siesta nach südeuropäischem Vorbild auf. Die Arbeiterkammer hält längere Arbeitspausen bei kürzeren Tagesarbeitszeiten für eine gute Idee. Umweltmediziner Hans-Peter Hutter sieht unterdessen ein "jahrelanges Versäumnis", wenn es um die Arbeit bei Hitze geht.

"Das ist eine sehr gute Idee", meinte Philipp Brokes von der Arbeiterkammer (AK) im PULS 24 Interview mit Blick auf längere Arbeitspausen bei kürzeren Tagesarbeitszeiten. Die Arbeiterkammer fordere das schon seit längere. So könne man etwa die Mittagspause von der üblichen halben Stunde verlängern - auf anderthalb oder zwei Stunden, so der Vorschlag von Brokes. Dennoch sollte der Dienstschluss bei der üblichen Zeit bleiben.

"Die Kernfrage ist: wie man sich diese Siesta vorstellen kann", so der AK-Jurist. Geteilte Dienste wie in Spanien - also, dass man eine lange Pause in der Mitte des Tages macht und dann dementsprechend länger arbeitet - findet Brokes in Österreich aber "schwer vorstellbar". Daran würden "die wenigsten Interesse haben". 

"Rechtlich möglich", in vielen Branchen aber nicht umsetzbar

Rechtlich "wäre das jetzt schon möglich", wenn das in den Kollektivverträgen festgelegt wird. Denkbar ist für Brokes, dass man im Sommer weniger arbeite und das dann dafür im Winter entsprechend aufhole. In Betrieben könnte das bereits mit dem Betriebsrat verhandelt werden. 

In vielen Branchen sei eine Siesta aber sowieso nicht umsetzbar, deshalb sollte man sie nun auch nicht als "Allerheilmittel" darstellen. In Österreich sei das vor allem auch durch die eingeschränkten Zeiten bei der Kinderbetreuung schwierig. 

Gar "unrealistisch" und "unlogisch" nannte die Idee der oberste Baugewerkschafter, FSG-Chef und SPÖ-Politiker Josef Muchitsch. Nach ein paar hitzefreien Stunden dann wieder zurück auf die Baustelle?  "Also so was von unsinnig, das ist unglaublich", meinte Muchitsch.

Arbeit an die Hitze anpassen: ein "jahrelanges Versäumnis"

Mit dem Klimawandel und immer häufigeren Hitzewellen braucht es neue Konzepte in der Arbeitswelt, wie Hans-Peter Hutter, Umweltmediziner an der MedUni Wien, zu PULS 24 sagte. Man müsse sich "diesen steigenden Temperaturen anpassen" und es sei ein "jahrelanges Versäumnis", dass dies bisher nicht geschehen ist. "Das ist für mich ein Rätsel, wie man das nicht angehen kann", so Hutter. Aus medizinischer Sicht seien Hitzeschutz-Konzepte aber dringend erforderlich.

Die optimale Leistungsfähigkeit liege zwischen 19 und 23 Grad, danach nehme die Konzentrationsfähigkeit ab, "weil der Organismus stärker und schneller ermüdet", so Hutter. Das bringe "eine Fülle von Problemen" körperlicher, psychischer und geistiger Natur. Vor allem das Unfallrisiko steige drastisch an. Für viele Berufsgruppen sei das Arbeiten in den Hitzestunden zwischen 12 und 16 Uhr "praktisch unerträglich".

Eine Siesta findet der Umweltmediziner zwar eine gute Idee, aber: "So einfach ist es halt nicht". Für viele Pendler sei eine sehr lange Mittagspause nicht sinnvoll, auch die Kinderbetreuung ist ein wesentliches Thema. Daher müsse schon "ins Detail gedacht werden". 

Fest steht aber: "So kann es nicht weitergehen", deshalb brauche es "umfassende Überlegungen", wie man mit der Arbeit bei Hitze in Zukunft umgehe.

ribbon Zusammenfassung
  • In Deutschland kam zuletzt die Idee einer Siesta nach südeuropäischem Vorbild auf. Die Arbeiterkammer hält längere Arbeitspausen bei kürzeren Tagesarbeitszeiten für eine gute Idee.
  • In vielen Branchen sei eine Siesta aber sowieso nicht umsetzbar, deshalb sollte man sie nun auch nicht als "Allerheilmittel" darstellen, so Brokes. In Österreich sei das vor allem auch durch die eingeschränkten Zeiten bei der Kinderbetreuung schwierig. 
  • Umweltmediziner Hans-Peter Hutter sieht unterdessen ein "jahrelanges Versäumnis", wenn es um die Arbeit bei Hitze geht.
  • "Das ist für mich ein Rätsel, wie man das nicht angehen kann", so Hutter. Aus medizinischer Sicht seien Hitzeschutz-Konzepte aber dringend erforderlich.