Kickl und Nehammer warfen sich "Radikalisierung" an den Kopf
ÖVP-Chef Karl Nehammer und FPÖ-Chef Herbert Kickl haben ein schwieriges Verhältnis. Nehammer betonte im Wahlkampf mehrfach, dass er nicht mit Kickl kann. Der FPÖ-Spitzenkandidat sagte im ORF Duell, dass sein Verhältnis zum ÖVP-Kanzler einmal "ein gutes" war.
Nehammer habe sich dann aber während der Corona-Pandemie "radikalisiert", weshalb das Verhältnis schwierig wurde. "Sie haben versucht, das Land in einen totalitären Ausnahmezustand zu überführen. Sie haben es bis zum Exzess getrieben", so Kickl. Etwa mit der Idee des Lockdowns für Ungeimpfte.
Die Regierung habe zudem nicht richtig kommuniziert, dass die Impfung kein "Gamechanger" und nur ein kleiner Teil der Bevölkerung durch das Virus stark gefährdet sei
Nehammer entgegnete allerdings, dass Kickl selbst einen Shutdown bei Anbruch der Pandemie befürwortet. Man habe mit dem besten Wissen und Gewissen gehandelt. "Wenn man politische Verantwortung trägt, geht man immer das Risiko ein, Entscheidungen zu treffen, die zu keinen Populationswerten führen", so Nehammer indes. Die FPÖ habe die Angst nur gestärkt und sie ausgenutzt.
Corona-Thema Elfer-Auflage für die FPÖ
Der ÖVP-Chef sagte, Kickl habe sich radikalisiert und nannte ein konkretes Beispiel: "Ich habe erlebt, wie sich das Wirtschaftstreffen in Davos 'Vorbereitung auf die Weltherrschaft' nennen".
Kickl monierte, dass Nehammer als Regierungschef verabsäumte, Zuversicht zu liefern. Er hätte während Corona dafür sorgen sollen, dass "man den Menschen die Angst nimmt".
Das Thema Corona hatte Kickl und der FPÖ in der Vergangenheit massiv genutzt hat, wie Wahlumfragen zeigen.
Video: Die PULS 24 Elefantenrunde - ohne Kickl
"Angstmache" bei "Sky Shield"
Die Außenpolitik dominierte das Gespräch, so ging es etwa um die europäische Luftabwehrinitiative "Sky Shield". Diese sei notwendig, um neue Bedrohungsformen aus der Luft bekämpfen zu können, zeigte sich Nehammer überzeugt.
Kickl pochte weiterhin darauf, dass es sich beim Beitritt dazu um einen Bruch der Neutralität handle. Nehammer warf dem FPÖ-Chef Angstmache vor, meinte dieser doch, Österreich werde durch den Beitritt aufgrund seiner Annäherung an die NATO zu einem Angriffsziel.
Kickl sprach sich zudem erneut gegen die Russland-Sanktionen aus. Er vermisse eine laute Stimme, die sage: "Auch wenn wir Recht haben, muss jetzt Schluss sein."
Die russische Seite müsse beginnen zu erkennen, dass sie mit Krieg keinen Erfolg haben werde, meinte hingegen Nehammer.
Hintergrund der Sanktionen sei eine Erkenntnis aus dem Zweiten Weltkrieg - nämlich jene, dass es nie wieder Krieg in Europa geben solle.
In der Frage der Asylpolitik betonte Nehammer bereits Erreichtes: So hätten die illegalen Grenzübertritte zwischen Ungarn und Österreich um 97 Prozent reduziert werden können, in der EU setze sich Österreich für Außengrenzschutz ein und stellt mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) nun den Migrationskommissar.
Kickl wendete sich gegen die Asylpolitik der EU - diese wolle "keinen Stopp der Völkerwanderung", sondern diese nur "anders organisieren". Deshalb werde es zu "Festungen" - etwa einer "Festung Österreich" kommen müssen.
Zusammenfassung
- Beide möchten sich nach dem 29. September das Wort "Bundeskanzler" auf die Visitenkarte schreiben.
- FPÖ und ÖVP trennen in den Umfragen nur wenige Prozentpunkte voneinander.
- Im ORF Duell trafen die beiden Kontrahenten aufeinander.
- Gerade dem FPÖ-Lieblingsthema Corona gaben die beiden Parteichefs viel Raum.
- Kickl warf Nehammer vor sich während dieser Zeit "radikalisiert" zu haben.