Seit zwei Monaten protestieren Studenten in Serbien
Am Ende des Wintersemesters stehen Mitte Jänner an allen Fakultäten Prüfungen bevor. Ob sie tatsächlich abgehalten werden, ist ungewiss. In der Stadt Niš ließ einer der Dekane am Mittwoch wissen, dass es Prüfungen geben werde, "sobald die Situation dafür gegeben" sei.
Laut dem TV-Sender N1 gibt es eine Studentenpetition für die reguläre Abhaltung der Prüfungen. Offenbar aus Angst vor Repressionen haben sich die bisher rund 200 Unterzeichner nur mit skurrilen Namen deklariert. Unter diesen befinden sich die Diktatoren Adolf Hitler und Josef Stalin genauso wie ein "Elon Musk aus der Republika Srpska". "Es lebe Aleksandar Vučić" schrieb ein Proponent zynisch mit Blick auf den serbischen Präsidenten.
Den Anlass für die Proteste hatte am 1. November der Einsturz des Daches am Bahnhof von Novi Sad, bei dem 15 Personen ums Leben kamen, geliefert. Das Unglück wurde für Regierungskritiker zum Symbol für Korruption und Behördenversagen.
Ende Dezember wurde Anklage gegen 13 Verantwortliche erhoben, darunter gegen den zurückgetretenen Infrastruktur- und Bauminister Goran Vesić. Während alle anderen Angeklagten in Untersuchungshaft sitzen, befindet sich Vesić als einziger auf freiem Fuß.
Die Anklage bezieht sich auf Unterlassungen bei der fast vierjährigen Renovierung des Bahnhofgebäudes. Die protestierenden Studenten sehen einen weitreichenden Korruptionsskandal bei der Finanzierung des Renovierungsprojekts. Dazu wurde aber nicht ermittelt.
Im Zuge von Chinas "Neuer Seidenstraße" waren zwei chinesische Firmen mit den Renovierungsarbeiten in Novi Sad aber auch in Subotica beauftragt worden. Unter ihrer Federführung wird auch eine moderne Eisenbahnstrecke zwischen den beiden Städten errichtet. Konkrete Detailarbeiten haben aber etliche, serbische Kleinunternehmen mit guten Kontakten zu den Regierungsparteien übernommen.
Zusammenfassung
- Seit fast zwei Monaten blockieren serbische Studenten den Betrieb an staatlichen Universitäten, nachdem am 1. November das Dach des Bahnhofs in Novi Sad einstürzte und 15 Menschen ums Leben kamen.
- Die Behörden erhoffen sich durch die bevorstehende Prüfungssaison ein Ende der Proteste, während rund 200 Studenten eine Petition für die reguläre Abhaltung der Prüfungen unterzeichneten.
- Anklage wurde gegen 13 Personen, darunter den zurückgetretenen Infrastrukturminister Goran Vesić, erhoben, während chinesische und serbische Firmen in die Renovierungsarbeiten involviert waren.