Kritik an Trumps Verhandlungstaktik im Ukraine-Krieg
Kallas erklärte, ein "Deal" zwischen den USA und Russland hinter dem Rücken der Europäer wäre ohnehin nicht umzusetzen. "Ein schmutziger Deal" werde das Töten nicht stoppen.
Scholz warnte vor zu großer Nachgiebigkeit gegenüber Russland bei Gesprächen über einen Frieden in der Ukraine. "Die nächste Aufgabe ist sicherzustellen, dass es hier keinen Diktatfrieden gibt", sagte er in einem Podcast des Magazins "Politico". Die Ukraine müsse auch nach einem Friedensschluss eine Möglichkeit haben, sich zu entwickeln. Und sie müsse "eine starke Armee" haben, die größer sein werde als vor dem Krieg, ausgestattet auch mit westlichen Waffen.
Scholz pocht zudem auf eine Einbeziehung der USA. "Ganz klar für mich ist, dass es keine Lösung geben darf, die nicht zugleich auch Lösungen sind, an denen die USA beteiligt ist." Er rechne mit der Unterstützung Trumps für die Ukraine. "Meine Gespräche, die ich mit ihm geführt habe und die auch meine Beraterinnen und Berater mit seinen Beratern geführt haben, laufen darauf hinaus, dass wir hoffen und annehmen dürfen, dass auch die USA weiter die Ukraine unterstützen."
Auch der Vorsitzende der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, kritisierte das Vorgehen Trumps. "Für einen Dealmaker ist es erstaunlich, dass er schon vor Verhandlungen Positionen aufgibt, die vielleicht im Ergebnis in ähnlicher Weise herauskommen könnten", sagte er dem "Spiegel". Trump hatte erklärt, die Ukraine werde ihr Kriegsziel, die Wiederherstellung der territorialen Einheit, wahrscheinlich nicht erreichen können. "Es darf nichts ohne die Ukrainer, die Opfer der russischen Aggression sind, verhandelt werden", forderte Heusgen. Die Sicherheitskonferenz beginnt am Freitag, ein Schwerpunkt ist der Krieg zwischen Russland und der Ukraine.
Tusk betonte Notwendigkeit der Gemeinsamkeit
Die Ukraine, Europa und die USA müssen nach den Worten des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk zusammenarbeiten, um einen gerechten Frieden in der Ukraine zu schaffen. "Alles was wir brauchen, ist Frieden. EINEN GERECHTEN FRIEDEN", schrieb Tusk am späten Mittwochabend auf der Plattform X. "Die Ukraine, Europa und die Vereinigten Staaten sollten gemeinsam daran arbeiten. GEMEINSAM." Polen hat derzeit turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft inne.
Die Ukraine und Europa dürfen bei künftigen Friedensgesprächen nicht ausgeschlossen werden, betonte auch der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha. "Über die Ukraine kann man nicht ohne die Ukraine diskutieren, und über Europa kann man nicht ohne Europa diskutieren", sagte Sybiha der Zeitung "Le Monde". Die NATO-Mitgliedschaft seines Landes sei für das transatlantische Bündnis nach wie vor der kostengünstigste Weg, seine eigene Sicherheit zu gewährleisten. Es dürfe auch keine Kompromisse geben, die die territoriale Integrität oder Souveränität der Ukraine beeinträchtigten, sagte der Außenminister.
China begrüßt Gespräche Trump-Putin
Auch die Außenministerinnen und Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Polens, Italiens, Spaniens, Großbritanniens sowie die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas schalteten sich in die Diskussion ein. In einer gemeinsamen Erklärung vom Mittwochabend hieß es, Europa müsse an möglichen Friedensgesprächen beteiligt sein. Mit den USA müsse das weitere Vorgehen erörtert werden. "Unser gemeinsames Ziel sollte es sein, die Ukraine in eine Position der Stärke zu bringen. Die Ukraine und Europa müssen an den Verhandlungen beteiligt sein", hieß es in der Erklärung weiter. Die Sicherheit Europas liege "in unserer gemeinsamen Verantwortung".
Nach einem Bericht des "Wall Street Journal" hat China angeboten, ein Gipfeltreffen zwischen Putin und Trump zu organisieren. Offiziell gab es dazu keine Stellungnahme aus Peking. "China freut sich, wenn Russland und die USA ihre Kommunikation zu einer Reihe internationaler Themen verstärken", sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Guo Jiakun, lediglich. China sei stets der Auffassung gewesen, dass Verhandlungen der einzige gangbare Weg zur Lösung der Krise seien. Von Beginn an habe Präsident Xi Jinping auf eine politische Lösung hingewirkt.
Trump selbst sagte, sein erstes Treffen mit Putin werde "wahrscheinlich" bald in Saudi-Arabien stattfinden. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wird auch der chinesische Außenminister Wang Yi erwartet.
Reaktionen von FPÖ und NEOS
In Österreich reagierten die FPÖ und NEOS. "Dass es nun endlich zu direkten Verhandlungen kommt, ist eine historische Chance für Europa und die Welt. US-Präsident Donald Trump hat sich von Anfang an nicht von Skeptikern beirren lassen und bringt mit großem diplomatischem Geschick beide Seiten an einen Tisch. Sein Einsatz für Verhandlungen und seine Entschlossenheit, eine friedliche Lösung herbeizuführen, verdienen höchsten Respekt", betonte Harald Vilimsky, freiheitlicher Delegationsleiter im EU-Parlament in einer Aussendung. Umso unverständlicher sei daher die beinahe schon ablehnende Reaktion der EU-Spitze auf diese Entwicklung.
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger erklärte, dass die Ukraine nun praktisch ausgebootet worden sei. "Nichts über die Ukraine ohne die Ukraine. Und nun alles über die Ukraine ohne die Ukraine laut Trump", schrieb sie auf der Plattform X. "So viel zur territorialen Selbstbestimmung. So viel zu europäischer Souveränität. Irre, dass Europa, vor allem Olaf Scholz das verschlafen hat."
Kreml zeigt sich beeindruckt
Russland will dem Präsidialamt in Moskau zufolge wie die USA eine Lösung im Konflikt mit der Ukraine finden und den Krieg beenden. Dazu bestehe auf beiden Seiten der politische Wille, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Beide Seiten seien sich einig, dass eine Lösung durch Verhandlungen erreicht werden müsse. "Es gibt einen politischen Willen, der während des gestrigen Gesprächs betont wurde, einen Dialog auf der Suche nach einer Lösung zu führen", sagte der Sprecher des Präsidialamts. "Es besteht Einigkeit darüber, dass eine friedliche Verhandlungslösung möglich ist." Die neue US-Regierung vertrete im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin die Auffassung, "dass alles getan werden muss, um den Krieg zu beenden und den Frieden siegen zu lassen", sagte Peskow. "Wir sind von der Position der jetzigen Regierung mehr beeindruckt und offen für den Dialog."
Nun müssten die ersten konkreten Ergebnisse solcher Verhandlungen abgewartet werden, sagte Peskow vor Journalisten in Moskau. Auf die Frage, ob europäische Länder bei den Friedensgesprächen vertreten sein würden, antwortete er, es sei verfrüht, über das Format zu sprechen. Auch um über einen Zeitpunkt für ein Treffen der beiden Präsidenten zu sprechen, sei es zu früh.
Der stellvertretende Chef des russischen Sicherheitsrats, Ex-Präsident Dmitri Medwedew, sieht das Zustandekommen des Telefonats als Beleg für die Schwäche Europas auf der internationalen Bühne. Europa sei außer sich vor Wut und Eifersucht, schrieb der Putin-Vertraute auf dem Online-Dienst Telegram. "Das zeigt seine wahre Rolle in der Welt. Europas Zeit ist vorbei." Die Vereinbarung über die Aufnahme von Verhandlungen sieht er als Zeichen der Unbesiegbarkeit Russlands. Das Gespräch von Putin und Trump zeige, dass westliche Hoffnungen, Russland zu besiegen, niemals erreicht werden könnten. "Es ist unmöglich, uns in die Knie zu zwingen. Und je eher unsere Gegner das erkennen, desto besser."
Zusammenfassung
- Nach einem Telefonat zwischen Wladimir Putin und Donald Trump äußerte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas scharfe Kritik an der US-Verhandlungstaktik im Ukraine-Krieg.
- Olaf Scholz warnt vor einem Diktatfrieden und fordert, dass die Ukraine nach einem Friedensschluss eine starke Armee haben müsse.
- Christoph Heusgen kritisiert, dass Trump Positionen vor Verhandlungen aufgegeben hat, und betont, dass nichts ohne die Ukrainer verhandelt werden dürfe.
- China zeigt Interesse an einem Gipfeltreffen zwischen Trump und Putin, während die Münchner Sicherheitskonferenz am Freitag beginnt.
- Die FPÖ lobt Trumps diplomatisches Geschick, während die NEOS kritisieren, dass die Ukraine praktisch ausgebootet worden sei.