Hartinger-Klein: "Patientenmilliarde war Marketing-Gag"
Der rot-blaue U-Ausschuss kommt in die Gänge, hieß es im Vorfeld der Befragung vom Mittwoch. Misst man die Brisanz des U-Ausschusses an der Dichte der Geschäftsordnungsdebatten, ist das zutreffend.
Zur Patientenmilliarde und geschredderten Akten wurden Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker und die blaue Ex-Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein befragt, die sich zum Teil diametral widersprachen.
Wutanfall wegen Patientenmilliarde
Der Ausdruck "Patientenmilliarde" habe Hartinger-Klein einen "Wutanfall" beschert, beschreibt sie ihre Reaktion auf den Ausdruck, der laut ihr von Ex-Kanzler Sebastian Kurz' (ÖVP) Team geprägt wurde. Er sei ein "Marketing-Gag".
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Bei der sogenannten Patientenmilliarde handelt es sich um die Sozialversicherungsreform, die damit angepriesen wurde, dass sie eine Milliarde Euro bringen werde. Stattdessen kostete sie 215 Millionen. Die Entscheidung, zu reformieren, "war und ist richtig", betonte Hartinger-Klein Jahre später im U-Ausschuss. Alle Versicherten sollten gleiche Leistungen bekommen, dazu stehe sie.
"Ich hab' nichts geschreddert"
Stunden vor Hartinger-Klein kritisierte Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker, dass Dokumente in großem Stil unter Hartinger-Klein geschreddert oder als privat versiegelt wurden. Hartinger-Klein widerspricht dem.
Alle Unterlagen seien auf CD-Rom "nach meiner Amtszeit" eingeschrieben verschickt worden. Ein Rechtsanwalt habe ihr die Übergabe bestätigt. Die Unterlagen können also nicht versiegelt und im Staatsarchiv abgelegt worden sein, denn die Weiterleitung der Kabinettsdokumente ans Staatsarchiv sei bei ihrem Abtritt sofort passiert.
"Ich hab' nichts geschreddert", den Auftrag dazu habe sie auch nie gegeben, beharrt sie.
Rechnungshof-Präsidentin widerspricht
Die Aussagen der Ex-Sozialministerin standen im Gegensatz zu denen der Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker, die vor ihr auch zur Kassenreform befragt wurde.
Hartinger-Klein habe Aufträge mündlich vergeben und "umfassende" Beraterverträge abgeschlossen. Diese hochpreisigen Berater hätten auch Assistenzdienste verrichtet, wie Türschilder und Geschirr bestellt. "Ich glaube, da können Sie sich Ihre eigene Meinung bilden", grinste Kraker auf die Frage, ob das üblich sei.
"Entschuldigung, ich war nicht dort"
Als Zuhörer frage man sich, warum Kraker geladen wurde. Oft verwies sie bei Fragen auf den Bericht des Rechnungshofs, den man einfach nur nachlesen müsse. Mehr als dort stehe, könne sie auch nicht sagen, musste deshalb einige Male auf Mitarbeiter verweisen, die die Prüfung durchgeführt hätten.
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Ebenfalls im Bericht stand, dass die Mitarbeiterzahlen in die Höhe schossen. Kabinette blieben gleich groß, Generalsekretariate wurden als zusätzliche Hierarchieebene eingezogen, ohne die anderen auszudünnen. Yannick Shetty rechnete vor, dass 2017 unter der schwarz-blauen Regierung das Personal in den Generalsekretariaten von 13 auf 63 stieg.
Der Liveblog zum Nachlesen - am Donnerstag ab 9 Uhr wird weitgetickert. Angekündigt hat sich unter anderem FPÖ-Parteichef Herbert Kickl.
U-Ausschuss zum rot-blauen Machtmissbrauch
Zusammenfassung
- Im U-Ausschuss zu rot-blauem Machtmissbrauch kritisierte Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker die Sozialversicherungsreform, die Hunderte Millionen kostete, statt eine Milliarde zu bringen.
- Nur wenige Stunden später sagte dann Ex-Ministerin Hartinger-Klein aus, verteidigte die Reform und erzählte über ihren Wutanfall, den sie bekommen habe, als das Team um Ex-Kanzler Kurz den Ausdruck "Patientenmilliarde" erfand.