Regierung will Terroristen lebenslang wegsperren
Im Ministerrat am Mittwoch wurde eine Punktation beschlossen, wie die Bundesregierung im Anschluss in einer Pressekonferenz bekanntgab.
Geplant ist die vorbeugende elektronische Überwachung entlassener Gefährder mittels Fußfessel sowie die Unterbringung terroristischer Straftäter im Maßnahmenvollzug, von der ÖVP als "Präventivhaft" bezeichnet. "Wie bei geistig abnormen Rechtsbrechern auch werden wir die Möglichkeit schaffen, diese Menschen wegzusperren." Dies sei nicht einfach umzusetzen, aber es sei ein wichtiger Schritt, "um die Bevölkerung zu schützen", so Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Denn: "Viele dieser Menschen sind tickende Zeitbomben", so der Kanzler.
Weitere Punkte umfassen die Möglichkeit zur Aberkennung der österreichischen Staatsbürgerschaft nach einer Terror-Verurteilung, Führerscheinentzug und ein lebenslanges Waffenverbot für verurteilte Islamisten, sagten Vizekanzler Werner Kogler (Grüne). Erweitert werden soll auch die gerichtliche Aufsicht verurteilter Personen mit verstärkten Berichtspflichten von Bewährungshilfe und Deradikalisierungs-Einrichtungen. Staatliche und finanzielle Leistungen sollen nach einer Verurteilung wegen eines Terrordelikts - so weit es geht - entzogen werden.
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Verschärfung bei Islamgesetz und Straftatbestand "politischer Islam"
Außerdem soll der Straftatbestand "politischer Islam" eingeführt werden, in Form einer "Ergänzung der Straftatbestände zur effektiven Bekämpfung des religiös motivierten politischen Extremismus". Extremistische Vereine und Kultusstätten will man so bei Terrorismuspropaganda leichter schließen können, es soll dafür ein Imameverzeichnis geben.
Zudem soll die Zuständigkeit von Staatsanwaltschaften und Gerichten für Terrorismusstrafsachen gebündelt werden. Auch eine Reform sowie eine Aufstockung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) soll kommen. Ein erstes Gesetzespaket soll Anfang Dezember in Begutachtung gehen.
Welche Maßnahmen gegen Terror die Regierung plant
PULS 24 Reporter Paul Batruel erklärt im Gespräch mit PULS 24 Moderatorin Alina Marzi mit welchen Maßnahmen die Regierung gegen islamistischen Terror in Österreich vorgehen möchte.
Vizekanzler Kogler betonte, dass man mit dem Paket auch gegen Neonazis angehen wolle. Damit gelte es, die Grundwerte des Rechtsstaates zu verteidigen. Die Pläne sollen "in einem möglichst breiten politischen Kontext verabschiedet werden". Die geplanten Maßnahmen sollen in jedem Fall menschenrechtskonform sein, heißt es in einer Punktation der Regierung. Ein konkretes Gesetz soll bis Anfang Dezember vorliegen.
Razzien gegen Muslimbruderschaft
Montagfrüh führten Polizei und Verfassungsschutz in vier Bundesländern Razzien gegen Vereine und Personen im Umfeld der islamistischen Muslimbruderschaft sowie der Hamas durch. Gegen 70 Beschuldigte - darunter auch einige bekannte Persönlichkeiten - wird wegen Terrorismus und Terrorfinanzierung ermittelt, 25 Millionen Euro in bar wurden beschlagnahmt.
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FPÖ "gesprächsbereit", NEOS orten "Überschriften-Politik"
Zurückhaltend haben die Oppositionsparteien auf das von der Regierung angekündigte Anti-Terror-Paket reagiert. "Einige Punkte des Pakets der Regierung sind durchaus diskussionswürdig, manches ist allerdings nicht zu Ende gedacht", meinte FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl am Mittwoch in einer Aussendung. Die NEOS orten eine "Überschriften-Politik" und pochen auf die Aufklärung des Attentats, bevor man Verschärfungen beschließt.
Kickl forderte ein "Verbotsgesetz gegen den politischen Islam, inklusive eines Verbots aller verschiedener Vereinigungen, Organisationen, Einrichtungen und Vereine wie etwa Muslimbrüder, Milli Görüs oder ATIB". Zudem will er den Verlust der Staatsbürgerschaft für Islamisten, und zwar unabhängig davon, ob die Person staatenlos wird oder nicht. "Nicht reinlassen, abschieben, verbieten, einsperren und nicht mehr rauslassen - das ist einzige, das im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus funktioniert", glaubt Kickl.
Das Anti-Terror-Paket entbinde die Regierung auch sicher nicht von der Verantwortung und der Aufklärung im Zusammenhang mit der Terrornacht von Wien. Die FPÖ sei jedenfalls zu Gesprächen bereit, Kickl schlug dazu eine gemeinsame Sondersitzung aller Parlamentsfraktionen vor.
"Die Bundesregierung wirft mit Punktationen um sich und nennt das dann ein effektives Vorgehen gegen den Terror", reagierte der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak mit Unverständnis auf das angekündigte Anti-Terror-Paket. Bevor man über schärfere Maßnahmen spreche, müsse der Anschlag "lückenlos und unabhängig" aufgeklärt werden. "Das muss oberste Priorität haben." Sollte sich nach der Aufklärung herausstellen, dass weitere Schritte notwendig seien, könne man diese anschließend diskutieren.
Zusammenfassung
- Eine Woche nach dem islamistischen Terroranschlag in Wien schnürt die Bundesregierung nun ein umfassendes Anti-Terror-Paket, das auf Gefährder und den politischen Islam abzielt.
- Geplant ist die vorbeugende Überwachung entlassener Gefährder mittels Fußfessel sowie die Unterbringung terroristischer Straftäter (nach dem Vorbild geistig abnormer Rechtsbrecher) im Maßnahmenvollzug.
- Verurteilten Dschihadisten soll die Staatsbürgerschaft aberkannt werden können, zusätzlich sollen sie lebenslanges Waffenverbot erhalten.
- Außerdem soll der Straftatbestand "politischer Islam" als "Ergänzung der Straftatbestände zur effektiven Bekämpfung des religiös motivierten politischen Extremismus"eingeführt werden.
- Extremistische Vereine und Kultusstätten will man bei Terrorismuspropaganda leichter schließen können, es soll dafür ein Imameverzeichnis geben.