Rechtsanwälte wollen besseren Schutz bei Handyauswertung
Es gehe um eine Regelung, "die aus der digitalen Steinzeit stammt" - nämlich aus dem Jahr 2004, also drei Jahre vor Präsentation des ersten iPhones, so Utudjian. Er unterstrich, dass die Forderungen der Anwälte in keinem Zusammenhang mit konkreten Vorkommnissen der letzten Zeit - Stichwort FPÖ/Ibiza und ÖVP-Ermittlungen - stünden. Es müssten generell Beschuldigtenrechte, aber auch die Rechte unbeteiligter Dritter und jene von Berufsgeheimnisträgern gewahrt werden.
Mit der derzeitigen Rechtslage würden Geräte der Informationstechnologie wie einfache Gegenstände behandelt, führte Zerbes aus. Ihre Sicherstellung, für die derzeit nur äußerst niederschwellige Voraussetzungen gelten, gebe letzten Endes aber dieselben oder mehr Daten preis als die streng reglementierte Kommunikationsüberwachung. "Der durchschnittliche Nutzer bildet sein Leben auf diesen Telefonen ab", sagte sie.
Ihr Vorschlag, den sie im Auftrag des Instituts für Anwaltsrecht der Uni Wien erstellt hat (und zwar "ohne Weisung", wie sie betonte): Beide Typen des Eingriffs seien vergleichbar, deshalb sollten die Sicherstellungsvorgaben im Bereich der Kommunikationsdatenträger auf das rechtsstaatliche Niveau der Nachrichtenüberwachung angehoben werden. So sollte eine begründete gerichtliche Bewilligung Voraussetzung werden und die Schwelle der Anlasstaten auf mit einem Jahr Freiheitsstrafe bedrohte Straftaten angehoben werden.
Weitere Forderungen: Die Schaffung klarer Regelungen im Umgang mit Zufallsfunden, Transparenz gegenüber den Beschuldigten (sie sollen die sichergestellten Daten zur Verfügung gestellt bekommen, um selbst etwa nach Entlastendem suchen zu können), verbindliche Fristen für die Auswertungsdauer, die Beschränkung der Akteneinsicht von Mitbeschuldigten sowie die Anerkennung des Widerspruchsrechts von Berufsgeheimnisträgern.
Utudjian kündigte an, den Gesetzesvorschlag nun dem Justizministerium übermitteln zu wollen - in der Hoffnung auf Umsetzung. Auch Rechtsanwälte-Vizepräsident Bernhard Fink sah dringenden Handlungsbedarf und berichtete von einem Fall, bei dem Geräte monatelang nicht zurückgegeben wurden. Es gehe um das Recht auf ein faires Verfahren, jenes auf Privat- und Familienleben, aber auch das Datenschutzrecht und den Gleichheitsgrundsatz.
Auf Nachfrage betonte Zerbes, dass eine solche Neuregelung in Verfahren gegen politisch Mächtige, etwa bei den Geräteabnahmen in ÖVP und Bundeskanzleramt im Vorjahr, nicht für einen großen Unterschied gesorgt hätten. Es wäre aber gegenüber sämtlichen Betroffenen transparent gemacht worden, welche Daten in der Hand der Behörden sind. Das Überraschungsmoment für die jeweils Betroffenen wäre verringert worden, "und das macht einen großen Unterschied".
Zusammenfassung
- Die Beschuldigtenrechte müssten hier auf ein rechtsstaatlich vertretbares Niveau angehoben werden, forderte Präsident Armenak Utudjian am Montag in einer Pressekonferenz.
- Die Strafrechtlerin Ingeborg Zerbes hat ein entsprechendes Gutachten und auch schon einen Gesetzesvorschlag dafür erstellt.
- Mit der derzeitigen Rechtslage würden Geräte der Informationstechnologie wie einfache Gegenstände behandelt, führte Zerbes aus.