Rechnungshof sieht Miliz nicht gut aufgestellt
Aufgrund des derzeitigen Grundwehrdienst-Systems - also sechs Monate plus einer freiwilligen Möglichkeit zur Fortsetzung - gebe es außerdem keine Planungssicherheit. Kritik üben die Prüfer auch an der Umsetzung der Teilmobilmachung der Miliz im Rahmen der Pandemie.
Der RH überprüfte von Oktober 2021 bis Dezember 2021 das Verteidigungsministerium zum Thema "Einsatzbereitschaf der Miliz". Einer der größten Kritikpunkte: Es fehlte milizübungspflichtiges Personal. Infolge des steigenden Anteils der befristet Beorderten, also jener die nicht übungspflichtig waren, ging dessen Anteil im Verhältnis zur Gesamtanzahl zurück. Auch Milizpersonal in den Dienstgradgruppen Offiziere (Abweichung zum Soll-Stand von 32,8 Prozent) und Unteroffiziere (Abweichung von 35,3 Prozent), speziell im Bereich der Fachunteroffiziere, fehlte.
Zahlreiche Mangel
Aufgrund mangelnder Kenntnisse, fehlender Schulungen sowie fehlender Zugangsberechtigungen zu IT-Systemen beim Milizpersonal musste vermehrt das Personal der Präsenzorganisation eingesetzt werden. Außerdem fehlten laut RH Grundschießfertigkeiten sowie Material, weil es vorwiegend in der Präsenzorganisation bzw. im Auslandseinsatz verwendet wurde. Das Material für die pandemiebedingte Teilmobilmachung 2020 musste erst durch umfangreiche Dispositionsmaßnahmen zur Verfügung gestellt werden, was wiederum die Präsenzorganisation schwächte.
Auch in den bürokratischen Strukturen gibt laut Prüfern Mängel. So fehle eine steuernde und koordinierende Stelle für Milizangelegenheiten in der Zentralstelle des Ministeriums. "Die Koordination der Milizangelegenheiten in der Zentralstelle wäre zu stärken", lautet daher die Empfehlung. Auch sollte das Ministerium die Empfehlungen des Milizbeauftragten verstärkt in künftige milizbezogene Reformprojekte einfließen lassen.
Qualitätseinbußen verhindern
Allgemein empfiehlt der Rechnungshof Maßnahmen, um Qualitätseinbußen, die durch die Verschränkung der Struktur der selbstständig strukturierten Miliz und der Präsenzorganisation entstehen könnten, zu verhindern. Ebenso gehörten die Abweichung der Ist-Stände von den Soll-Ständen bei der Miliz sowie den Soldat:innen der Präsenzorganisation reduziert. Bei der Ausstattung der Miliz werden zudem Maßnahmen "zur Vermeidung aufwendiger Dispositionsmaßnahmen unter Berücksichtigung ökonomischer Aspekte" gefordert.
"Die Miliz ist integraler und wichtiger Bestandteil des Bundesheeres", bekannte das Verteidigungsministerium nach Veröffentlichung des RH-Berichts. Fakt sei aber auch, dass die Miliz wieder mehr zum Üben kommen müsse. Um dies zu erreichen, habe Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) den Generalstab bereits damit beauftragt, diesbezügliche Konzepte zu erstellen und vorzulegen. Auch an die erfolgte Budgeterhöhung für das Heer erinnerte das Ressort in seiner Reaktion.
Mobilmachung von Milizsoldaten wegen Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie habe die erstmalige Mobilmachung von Milizsoldaten in der Zweiten Republik notwendig gemacht, argumentierte das Ministerium außerdem. "Dadurch konnten einige fehlerhafte Abläufe aufgedeckt und die notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung gesetzt werden." Ein abschließendes Evaluierungsergebnis dazu sei noch ausständig, es wurden und werden aber bereits Verbesserungen umgesetzt, wie etwa im Bereich der Einbindung der Miliz im IT-Bereich, welche im Rechnungshofbericht kritisiert wurde.
Kritik von der Opposition
Kritik an der Verteidigungspolitik vonseiten der Opposition blieb dennoch nicht aus. SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer forderte von Verteidigungsministerin Tanner: "Wir brauchen in der Landesverteidigung kein Festhalten an gescheiterten Reformen, sondern eine Modernisierung der Miliz und eine Mobilisierungsoffensive." Die Miliz sei das "Rückgrat der militärischen Landesverteidigung", so Laimer.
Für die Freiheitlichen bestätigt der Rechnungshofbericht, "wie ÖVP und auch SPÖ die Miliz in den letzten Jahrzehnten herabgewirtschaftet haben". "Ruiniert" worden sei das Bundesheer bereits durch die Kürzung des Grundwehrdienstes und die damit einhergehende Abschaffung der verpflichtenden Truppenübungen als seinerzeitiges Wahlzuckerl, befand Wehrsprecher Volker Reifenberger in einer Aussendung.
Zusammenfassung
- Laut einem aktuellen Bericht, der am Freitag veröffentlicht wurde, fehlten sowohl Personal, als auch Fertigkeiten und Material.
- Infolge des steigenden Anteils der befristet Beorderten, also jener die nicht übungspflichtig waren, ging dessen Anteil im Verhältnis zur Gesamtanzahl zurück.
- Auch Milizpersonal in den Dienstgradgruppen Offiziere und Unteroffiziere, speziell im Bereich der Fachunteroffiziere, fehlte.