Nehammers Moskau-Besuch: "Niemand erwartet etwas Gutes"

Der Besuch von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) beim russischen Machthaber Wladimir Putin, stößt bei vielen Seiten auf Kritik. Der ehemalige ukrainische Botschafter Olexander Scherba zeigt sich überzeugt, dass der Besuch von der russischen Propaganda "zynisch ausgenutzt" wird.

Für den außenpolitischen Sprecher der NEOS, Helmut Brandstätter, war der "Solidaritätsbesuch in der Ukraine" etwas sehr wichtiges. Der Besuch in Moskau wirft für den Politiker allerdings Fragen auf. Zum Beispiel, dass der Koalitionspartner – Die Grünen – wohl nicht informiert wurde. Dies hat sowohl Vizekanzler Werner Kogler in einer Aussendung als auch die außenpolitische Sprecherin Ewa Ernst-Dziedzic auf Twitter mitgeteilt.

Ernst-Dziezic teilte auf Twitter sogar mit, dass sie den Besuch des Kanzlers "nicht gutheißen" kann und befürchtet, dass Putin dies nur für Propaganda missbrauchen werde.

Nach Informationen Brandstätters wurden die europäischen Partner zwar "informiert", abgesprochen war es allerdings nicht.

EU-Kommission wartet "mit Spannung"

Auch Martin Selmayr, der Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission, spricht im Zuge einer Pressekonferenz nur davon, dass die EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen vom österreichischen Bundeskanzleramt "informiert" wurde. "Wir sind sicher, dass der österreichische Bundeskanzler die Vor- und Nachteile dieser Reise gut abgewogen hat", sagte Selmayr. Nun warte man gespannt auf das Ergebnis der Reise.

"Das, worauf es ankommt, ist, dass die gemeinsame Position der Europäischen Union, die in Versailles und beim Europäischen Rat festgelegt worden ist, klar wiedergegeben wird", sagte Selmayr, nämlich, dass man "die völkerrechtswidrige Aggression Russlands in der Ukraine" klar verurteile. Man müsse außerdem "ganz deutlich machen, dass alle russischen Truppen aus der Ukraine bedingungslos abgezogen werden müssen und drittens, dass alles getan wird, um das Töten zu beenden und die brutalen, menschenrechtswidrigen Vorgehensweisen in Teilen der Ukraine beendet werden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden."

"Dass man dazwischen miteinander spricht, auch per Telefon, wie das einige Staats- und Regierungschefs tun, oder ob man das persönlich macht, das ist eine Entscheidung, die jeder selbst treffen muss, und wir warten mit Spannung darauf, was da heute Nachmittag herauskommen wird."

Brückenbauer-Funktion 

Der NEOS-Politiker Brandstätter kritisiert, dass der Besuch des Bundeskanzlers auch mit einer Brückenbauer-Funktion angekündigt worden sei. Für Brandstätter dürfe man zu Putin "keine Brücken bauen", da der russische Machthaber Europa und "unser Lebensmodell zerstören will".

Für Brandstätter bleibt die Frage, wie gut dieser Termin mit den EU-Partner abgesprochen worden ist und ob Wladimir Putin das Treffen mit dem Bundeskanzler "missbrauchen könne". Nehammer müsse Putin verständlich machen, dass Europa "einig dasteht", Sanktionen verschärft werden und alles getan wird "um diesen Krieg zu beenden". Sollte der Bundeskanzler das tun, "wünsche ich ihm alles Gute – dann hat es einen Sinn gehabt".

Scherba "enttäuscht"

Auch aus der Ukraine gibt es erste Reaktionen auf den Besuch. Olexander Scherba, der ehemalige ukrainische Botschafter in Wien wurde nach eigenen Angaben von der Meldung "enttäuscht". "Es gibt keinerlei Anzeichen, dass Putin irgendwie bereit wäre, seine Positionen umzudenken", erklärt der ehemalige Botschafter. Ohne diese Anzeichen ist dieser Besuch "eine Erniedrigung für Österreich und Europa".

"Niemand erwartet etwas Gutes" – Scherba erinnert, dass bereits zahlreiche Politikerinnen und Politiker in den vergangenen Monaten und Jahren "nach Moskau" gereist sind und danach "mit leeren Händen" zurückgekommen sind. "Diesem blutverschmierten Diktator im Kreml die Hände zu schütteln – das ist nicht richtig", so der ehemalige Botschafter.

Von Propaganda missbraucht 

Scherba ist auch überzeugt, dass Putin das Treffen mit dem Bundeskanzler für seine Propagandazwecke missbrauchen wird. Er spreche Russisch und verstehe die Propaganda, sagt Scherba. Diese werde den Besuch "zynisch ausnutzen".

ribbon Zusammenfassung
  • Der Besuch von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) beim russischen Machthaber Wladimir Putin, stößt bei vielen Seiten auf Kritik.
  • Der ehemalige ukrainische Botschafter Olexander Scherba zeigt sich überzeugt, dass der Besuch von der russischen Propaganda "zynisch ausgenutzt" wird.
  • Für den außenpolitischen Sprecher der NEOS, Helmut Brandstätter, war der "Solidaritätsbesuch in der Ukraine" etwas sehr wichtiges.
  • Der Besuch in Moskau wirft für den Politiker allerdings Fragen auf.