APA/GEORG HOCHMUTH

Ott drohte Hungerstreik an, geheime Laptops gefunden

SINA-Laptops sind speziell gesicherte Laptops, die von Geheimdiensten oder hohen Beamten verwendet werden. Zwei dieser Geräte wurden bei Hausdurchsuchungen beim verhafteten Ex-BVT-Beamtem Egisto Ott sichergestellt. Einer war in einer Sockelleiste versteckt. Ott, dem unter anderem Spionage für Russland vorgeworfen wird, soll ermittelnde Beamte beleidigt haben.

Bei den Hausdurchsuchungen, die Ende März an der Kärntner sowie an der Wiener Adresse des Spionage-Verdächtigen Ex-BVT-Mitarbeiters Egisto Ott durchgeführt wurden, ist brisantes Beweismaterial sichergestellt worden. 

Dort wurden nämlich zwei SINA-Laptops gefunden, auf denen sich womöglich hochsensible Daten befinden. Was Ott mit diesen Geräten vor hatte und wie er in ihren Besitz gelangt war, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen.

Laptop in Sockelleiste versteckt

An Otts Hauptwohnsitz in Paternion im Bezirk Villach-Land fand sich ein SINA-Laptop in einem Regal im Arbeitsraum, in seiner Wohnung in Wien-Leopoldstadt war ein Gerät in einer Küchensockelleiste versteckt. Dieser Laptop war - wie aus einem Anlassbericht der "AG Fama" hervorgeht, der der APA vorliegt - noch originalverpackt und mit der Secnet-Banderole versehen.

Was heißt SINA?

SINA steht für Sichere Inter-Netzwerk Architektur, mit der die Übertragung und Verarbeitung von schützenswerten Informationen in unsicheren Netzen möglich ist. Die seit 2000 entwickelte SINA-Produktfamilie enthält die einzigen vom deutschen Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bis zum höchsten nationalen Einstufungsgrad ("Streng geheim") zugelassenen IP-basierten Kryptosysteme.

Schwerpunkt ist dabei der Schutz von elektronischen Informationen vor unberechtigten Zugriffen. Die hoch entwickelte Verschlüsselungstechnologie wird dem Vernehmen nach unter anderem von staatlichen Ermittlungsstellen zum Länder übergreifenden Austausch von Informationen mit Partnerdiensten genutzt.

Diese Technologie wurde weder vom BVT genutzt, noch wird sie von der Nachfolgebehörde Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) verwendet, wie der APA am Mittwochnachmittag aus informierten Kreisen versichert wurde.

Marsalek ließ Laptop kaufen

Bisher war bekannt, dass Egisto Ott verdächtigt wird, einen SINA-Laptop dem russischen Geheimdienst verkauft zu haben. Das Gerät soll am 19. November 2022 in Wien mit falschen Pässen ausgestatteten Männern, die vermutlich dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB zuzurechnen waren, übergeben und über Istanbul nach Moskau zum Sitz des FSB gebracht worden sein.

Den Deal eingefädelt haben soll Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek, der mittlerweile für den russischen Geheimdienst tätig sein soll.

Für den Laptop sollen im Herbst 2022 20.000 Euro bezahlt worden sein, wobei Marsalek das Geld von "laundry guys" von Berlin nach Wien bringen ließ, wie sich aus Chats ergibt, die Marsalek mit einem inzwischen in London inhaftierten bulgarischen Geschäftsmann führte, der eine mehrköpfige, für Russland operierende Spionage-Zelle angeführt haben soll.

Auf dem nach Russland transferierten Laptop dürften sich der Geheimhaltung unterliegende Daten eines EU-Staates befunden haben, ergibt sich aus dem Ermittlungsakt.

Ott soll Beamte beleidigt haben

Was mit den nunmehr entdeckten SINA-Laptops, die kriminaltechnisch untersucht werden, geplant war, ist unklar. Ott soll mittlerweile gestanden haben, er wisse von insgesamt fünf SINA-Laptops, wobei sich einer "im Ausland, aber nicht in Russland" befinde. Einen hätte "einer seiner Mitarbeiter", einen weiteren "ein Journalist in Österreich". Namen nannte er nicht. Für Egisto Ott gilt die Unschuldsvermutung.

Video: Werden wir ausspioniert?

Geheimdienstexperte Jeremy Stöhs im PULS 24 Interview. 

Ott besaß Blaulicht, drohte mit Hungerstreik

Neben dem Laptop wurden an der Kärntner Adresse des ehemaligen Mitarbeiters des Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) auch nachrichtendienstliche Unterlagen und Datenträger dienstlicher Herkunft beschlagnahmt - laut "Standard" auch eine folierte Fahrzeugkarte des Innenministeriums und ein dienstliches Blaulicht.

Ott war nicht bereit, die Zugangsdaten zu sichergestellten elektronischen Geräten bekannt zu geben, er soll sich wiederholt abfällig und in beleidigender Weise über die gegen ihn ermittelnden Beamten geäußert haben.

Kein Geständnis

Wie der "Standard" berichtet, drohte er sogar mit einem Hungerstreik. Grundsätzlich soll sich der Verdächtige - entgegen ersten Meldungen des Boulevards - zu den Vorwürfen nicht geständig gezeigt haben. Im Gegenteilt: Ott soll sich demnach als "Investigativjournalist" präsentiert haben. "Wir decken, egal wo, einfach Schweinereien meistens mit nachrichtendienstlichem Hintergrund auf. Egal welcher Dienst oder welche Operation, von Ost bis West, also weltumspannend", zitiert ihn der "Standard" aus seiner Einvernahme. 

Jene drei Handys von österreichischen Spitzenbeamten, die in den Händen des russischen Geheimdienstes vermutet werden, will Ott in einem Kuvert in seinem Briefkasten aufgefunden haben - er wisse nicht, woher sie kamen. Er will sie aber in einem Kuvert in seinem Briefkasten aufgefunden haben.

Peilsender bei Ausspionierten

Unterdessen kam es gegen jene Personen, über die Ott und sein ehemaliger Vorgesetzter beim BVT, der einstige Spionageabwehr-Abteilungsleiter Martin Weiss, Abfragen für Russland getätigt haben sollen, tatsächlich zu konkreten Bedrohungen. 

 Einer von ihnen war ein abtrünniger FSB-Agent, dem Ott nachgespitzelt haben soll.  Ott soll vom russischen Geheimdienst übermittelte Fingerabdrücke des Ex-Agenten abfragen haben lassen, um dessen Aufenthaltsort herauszubekommen. Ott soll auch Passagierlisten von Fluglinien und Gästelisten von Hotels durchforstet haben, um den untergetauchten Mann ausfindig zu machen.

Im Zusammenhang damit mutet es besonders Besorgnis erregend, dass am Pkw des Ex-FSB-Agenten am 28. Dezember 2023 unter dem Schutzblech ein Peilsender gefunden wurde. 

Es handelte sich um einen professionellen, qualitativ hochwertigen GPS-Tracker, ein autonomes Satellitengerät zur Online-Überwachung von Land-, See- und Luftobjekten. Der Ex-FSB-Agent übergab das Gerät am 8. Jänner den österreichischen Behörden und stellte bei dieser Gelegenheit klar, dass er davon ausgehe, nach wie vor vom russischen Geheimdienst verfolgt und ausgespäht zu werden. Aufgrund der Bedrohungslage entschloss er sich, den Staat in Südosteuropa, in dem er sich zuletzt mit seiner Familie aufgehalten hatte, kurzfristig zu verlassen.

Ähnliches war zuvor bereits einem anderen, in Russland in Ungnade gefallenen Mann widerfahren, den Ott ebenfalls 2017 ausgekundschaftet haben soll. 

ribbon Zusammenfassung
  • Bei den Hausdurchsuchungen, die Ende März an der Kärntner sowie an der Wiener Adresse des Spionage-Verdächtigen Ex-BVT-Mitarbeiters Egisto Ott durchgeführt wurden, ist brisantes Beweismaterial sichergestellt worden.
  • Es wurden zwei SINA-Laptops gefunden, auf denen sich womöglich hochsensible Daten befinden.
  • Was Ott mit diesen Geräten vor hatte und wie er in ihren Besitz gelangt war, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen.
  • Ott war nicht bereit, die Zugangsdaten zu sichergestellten elektronischen Geräten bekannt zu geben, er soll sich wiederholt abfällig und in beleidigender Weise über die gegen ihn ermittelnden Beamten geäußert haben.
  • Wie der "Standard" berichtet, drohte er sogar mit einem Hungerstreik. Grundsätzlich soll sich der Verdächtige - entgegen ersten Meldungen des Boulevards - zu den Vorwürfen nicht geständig gezeigt haben.