Raab hat viel Konkurrenz bei Bewerbung um ICMPD-Chefposten
Die Vorauswahl wird im Februar und März durch eine dreiköpfige Kommission getroffen, bestehend aus dem ICMPD-Direktor für Management, dem US-Amerikaner John Aguirre, einem Vertreter des ICMPD-Aufsichtsgremiums (derzeit geleitet von Schweden) und einem internationalen Personalberater. Auf der Shortlist sollen nur noch drei bis fünf Kandidaten stehen, die sich dann im April einem Hearing durch die Mitgliedsstaaten unterziehen müssen. Im Juni soll dann die endgültige Entscheidung getroffen werden, wobei jeder ICMPD-Staat genau eine Stimme hat.
Die Amtszeit des aktuellen Generaldirektors Michael Spindelegger läuft noch bis Jahresende. Er will sich im zweiten Halbjahr der Amtsübergabe an seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin widmen, der oder die im Jänner 2026 die Leitung der in der Wiener Innenstadt ansässigen Organisation übernimmt. Der frühere ÖVP-Chef und Vizekanzler steht seit Jänner 2016 an der Spitze des ICMPD, derzeit läuft seine zweite fünfjährige Mandatsperiode.
Über die Bewerbungen und auch die Namen auf der Shortlist will das ICMPD Stillschweigen bewahren. Raab hatte nach dem Platz der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS öffentlich mitgeteilt, dass sie sich um den ICMPD-Chefposten beworben hatte. Es wird vermutet, dass sie durch ihre Mitteilung dem Bekanntwerden von Indiskretionen zuvorkommen wollte.
Österreich und die Schweiz hatten den Migrations-Thinktank im Jahr 1993 vor dem Hintergrund der Flüchtlingsbewegungen während der Jugoslawien-Kriege gegründet. In den vergangenen Jahren hat sich der Wirkungskreis und die Trägerschaft der internationalen Organisation deutlich ausgeweitet. So traten in der Amtszeit Spindeleggers die Türkei, Malta, Deutschland, Griechenland, die Niederlande und Irland dem ICMPD bei. Weitere Mitglieder sind die Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Nordmazedonien, Schweden, Serbien, die Slowakei, Slowenien, Polen, Portugal, Rumänien, Tschechien und Ungarn.
ICMPD steht den Mitgliedsländern mit Expertise zu Migrationsströmen zur Verfügung, betreibt aber auch Projekte mit Herkunfts- und Transitländern. In die Schlagzeilen geriet die Organisation, weil sie auf Wunsch der EU-Kommission einen Internierungstrakt zur Anhaltung von Migranten im nordbosnischen Flüchtlingslager Lipa errichtete. Nach massiver Kritik von bosnischen Politikern und Aktivisten wie der österreichischen NGO "SOS Balkanroute" wurde Ende November der Abriss des Internierungstrakts verkündet, der niemals in Betrieb genommen worden war.
Zusammenfassung
- Susanne Raab tritt mit über 70 Bewerbern um den Chefposten des ICMPD an, dessen neuer Leiter im Juni von den 21 Mitgliedsstaaten gewählt wird.
- Eine dreiköpfige Kommission erstellt im Frühjahr eine Shortlist von drei bis fünf Kandidaten, die sich im April einem Hearing unterziehen müssen.
- Das ICMPD, 1993 von Österreich und der Schweiz gegründet, geriet kürzlich wegen eines nie genutzten Internierungstrakts in Bosnien in die Kritik.