Polizeigewalt für Nehammer "absolut inakzeptabel"
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat nach den jüngsten Misshandlungsvorwürfen gegen acht Wiener Polizisten klargestellt, dass ein solches Verhalten "absolut inakzeptabel" sei. Die Ermittlungen liefen auf Hochtouren, versicherte Nehammer bei einem Pressetermin in Wien-Favoriten.
Die Inszenierung war wohl eigentlich anders geplant: Der Lokalaugenschein des Innenministers und der Integrationsministerin in einer Polizeiinspektion in der Wiener Favoritenstraße unter Begleitung zahlreicher Journalisten, Fotografen und Kamerateams hätte nach den Ausschreitungen bei Demos im anlaufenden Wien-Wahlkampf symbolträchtige Bilder liefern sollen. Über Nacht änderte sich freilich der Brennpunkt, tauchte doch Donnerstagabend, just ein paar Stunden nach der Medieneinladung, via "Kronen Zeitung" ein Video auf, dass Polizisten beim mutmaßlichen Misshandeln eines Mannes in einem Spiellokal - angeblich noch dazu ausgerechnet in Favoriten - zeigt. Acht Beamte wurden inzwischen vorläufig suspendiert.
Die derzeitigen Informationen ließen nur einen Schluss zu, meinte Nehammer: "Dieses Verhalten ist absolut inakzeptabel." Die Dienstbehörde habe rasch reagiert und die Beamten suspendiert. Er appelliere nur, dass sich das "Fehlverhalten einiger weniger" nicht negativ auf alle Polizisten auswirken dürfe. Der Innenmister sicherte denn auch jenen Polizisten, die sich an das Gesetz halten und für Sicherheit sorgen, "vollen Rückhalt" zu.
Die Staatsanwaltschaft hat jetzt Ermittlungen gegen die beteiligten Beamte aufgenommen. Ein Verfahren wegen Körperverletzung, allenfalls zusätzlich wegen Amtsmissbrauchs, läuft.
Auch beim Besuch der Polizeistation in der Favoritenstraße habe er sich einmal mehr überzeugen können, dass sich die Polizisten hier jeden Tag bewähren, unterstrich Nehammer. "Favoriten war ein Brennpunkt der Gewalteskalation", erinnerte er an die Angriffe ultranationalistischer Türken auf kurdische und linke Demonstrationen Ende Juni. Die Polizei habe aber schnell wieder für Sicherheit sorgen können. Es gebe nun in Favoriten eine erhöhte Polizeipräsenz, zudem sei der Verfassungsschutz intensiv dabei, die Hintergründe aufzuklären. Die Mischung an Gewalttätern, "die hier gewütet haben", sei komplex - es gebe sowohl politische als auch ethnische Motive und einfach auch "Krawallmacher".
Rabb: Schwierige Situation für Polizisten
Auch Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) sprach bei einer Pressekonferenz vor der Polizeiinspektion von einer schwierigen Situation für Polizisten in Favoriten. Der Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund sei sehr hoch, oft komme man etwa in der Kommunikation mit der deutschen Sprache nicht weit. Generell würde die Ministerin, die auch für Frauenagenden zuständig ist, mehr Frauen bei der Polizei sehen.
Hintergrund: Amtshandlung wurde nicht dokumentiert
Die Wiener Polizei hat das Video, auf dem Misshandlungen eines Tschetschenen durch Polizisten zu sehen sind, seit dem gestrigen Donnerstag. Die Beamten hätten die Amtshandlung im Jänner 2019 nicht dokumentiert, sagte der Wiener Vizepolizeipräsident Franz Eigner: "Das wirft Fragen auf." Schon damals gab es eine Anzeige durch ein Spital, die Polizisten wurden aber erst fast ein Jahr später befragt.
Auf dem Video, das die "Kronen Zeitung" Donnerstagabend veröffentlicht hat, sollen Polizeibeamte einen 28-jährigen Tschetschenen in einem Lokal schlagen, obwohl dieser keine Gegenwehr leistet. Das Video sei am gestrigen Donnerstag der Polizei übergeben worden, umgehend habe man acht Polizisten vorläufig suspendiert, hieß es seitens der Wiener Polizei. Sie wurden noch nicht zu dem Video befragt.
Jänner 2019
Der Vorfall hat sich freilich bereits im Jänner 2019 abgespielt. Der Tschetschene sei danach für längere Zeit nach Dubai geflogen, erst vor einem Monat zurückgekommen und habe sich nun mit dem Video an einen Polizisten gewandt, sagte Eigner am Freitag vor Journalisten.
Passiert sind die Gewalttätigkeiten laut Eigner im Zuge einer Schwerpunktkontrolle im Bereich des illegalen Glücksspiels. Zwei Personen hätten in dem Spiellokal in einem abgesonderten Raum gespielt, einer davon war der Tschetschene. Bei der Ausweiskontrolle sei es offenbar zu einer Auseinandersetzung gekommen, schließlich sei ein Streit entbrannt, weil die Beamten das Handy des Mannes nicht entsperren konnten, woraufhin es zu den Gewalthandlungen kam. Ein Verhalten, "das von uns in keiner Weise toleriert wird", betonte Eigner.
Krankenhaus erstattete Anzeige
Der Betroffene begab sich laut Eigner nach dem Vorfall ins Krankenhaus, das auch Anzeige erstattete. Der Tschetschene habe ein Hämatom und Hautabschürfungen erlitten und klage außerdem bis heute über Schmerzen im Bauchbereich und beim Kiefer.
Bis der Anzeige des Krankenhauses vom Jänner 2019 nachgegangen wurde, dauerte es jedenfalls ungewöhnlich lange: Erst im Dezember 2019, also fast ein Jahr später, wurden zwei Beamte zu dem Vorfall befragt. Sie gaben an, sich an keine Details erinnern zu können. Die Amtshandlung selbst sei nicht dokumentiert worden, erklärte Eigner. "Das wirft Fragen auf." Auch, warum der Weg der Anzeige so lang war, sei zu recherchieren, meinte Eigner.
Überwachungskameras
Das Video, das die polizeiliche Gewalt dokumentiert, stammt aus Überwachungskameras aus dem Lokal. Es wurde nicht amtlich sichergestellt, sondern vom Tschetschenen beigebracht, wie der Vizepolizeipräsident einräumte. Da der Mann überzeugt gewesen sei, dass es aus dem Lokal ein Video geben müsse, habe der Tschetschene die Tage und Wochen nach der erlittenen Gewalt versucht, an das Material zu kommen und es schließlich per Whatsapp bekommen, erklärte Eigner. Nun, wieder in Österreich, habe er es der Polizei übergeben.
Zusammenfassung
- Innenminister Karl Nehammer äußerte sich zu dem aufgetauchten Video, auf dem Misshandlungen eines Tschetschenen durch Polizisten zu sehen sind.
- Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hat nach den jüngsten Misshandlungsvorwürfen gegen acht Wiener Polizisten klargestellt, dass ein solches Verhalten "absolut inakzeptabel" sei.
- Der Betroffene begab sich laut Eigner nach dem Vorfall ins Krankenhaus, das auch Anzeige erstattete.