"Volksverhetzung" in Berlin: Weltweite Anti-Israel-Proteste
Die anti-israelischen Proteste hatten an der Columbia University in New York begonnen und sich seitdem auf mindestens 30 weitere Universitäten ausgebreitet. Nun kam es auch in Europa zu ersten Polizeieinsätzen.
Bei einer Kundgebung vor der Humboldt-Universität in Berlin kam es am Freitag nach Polizeiangaben etwa zu Einsätzen nach "volksverhetzenden Aufrufen". Demnach behinderten die Teilnehmer den Zugang zum Hauptgebäude und lehnten eine Verlegung der Kundgebung ab.
"Hass und Gewalt gegen Juden verherrlicht"
Nach Angaben der Universität fand außerdem eine Protestaktion von etwa 25 bis 30 Menschen statt, die sich im sogenannten Ehrenhof auf dem Universitätsgelände auf den Boden setzten.
Hochschulpräsidentin Julia von Blumenthal suchte demnach das Gespräch mit den Demonstrierenden im Ehrenhof und bot ihnen für den Fall einer friedlichen Beendigung ihres Protest die Organisation einer Podiumsdiskussion an. Dabei habe sie klargemacht, dass der Austausch "kontroverser Meinungen" zum Wesen einer Universität gehöre, "aber nicht brüllend und mit Megafonen geführt" werde.
Nach Polizeiangaben war bei dem Protest die israelfeindliche Parole "From the River to the Sea" skandiert worden. Die Parole ist in Berlin verboten, weil damit zur Vernichtung Israels aufgerufen wird. Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, äußerte sich empört über den Protest an der Humboldt-Universität. Die Demonstranten hätten "Hass und Gewalt gegen Juden verherrlicht".
https://twitter.com/Ron_Prosor/status/1786420450534346887
Paris: 91 Personen abgeführt
In Paris versuchten Polizisten, dutzende Demonstrierende aus der Eingangshalle der Sciences Po zu entfernen, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Die Räumung verlief Fernsehaufnahmen zufolge friedlich. Das Pariser Polizeipräsidium teilte mit, dass "91 Personen ohne Zwischenfälle abgeführt" worden seien.
Die Universität hatte wegen der Proteste am Freitag auf Online-Betrieb umgestellt, die meisten Gebäude blieben geschlossen.
Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamistischen Hamas am 7. Oktober war es an der Pariser Elite-Universität immer wieder zu pro-palästinensischen Kundgebungen und Spannungen gekommen. Die Polizei schritt mehrfach ein. Am Donnerstag wurde ein Protestlager mit rund 300 Studierenden aufgelöst.
Tagung in Italien untersagt
Eine für den 7. Mai - sieben Monate nach den Hamas-Anschlägen vom 7. Oktober - geplante Tagung in der Mailänder Universität Statale zum Thema Israel kann hingegen nach einer polizeilichen Warnung aus Sicherheitsgründen nur online stattfinden. Es bestehe die Gefahr, dass es zu gewalttätigen Zwischenfälle kommen könnte. Die Ankündigung löste in Italien Proteste aus.
"Wir konnten nicht anders. Die Polizei teilte uns mit, dass die Veranstaltung von 'hohes Risiko' auf 'extrem hohes Risiko' umgestuft worden ist und dass es notwendig sei, die Universität am Nachmittag zu schließen, um die Sicherheit der Studenten zu gewährleisten, da linksextreme Mitglieder von Sozialzentren aus ganz Norditalien eintreffe würden. Wir müssen die Sicherheit aller Teilnehmer garantieren und auch Angriffe auf die Polizei vermeiden", sagte am Freitag Alessandro Litta Modignani von der Vereinigung "Pro Israel", die die Veranstaltung organisiert.
Die Proteste in den USA hatten Mitte April an der renommierten Columbia University in New York begonnen und sich seitdem auf mindestens 30 weitere Universitäten im Land ausgeweitet. Die Demonstranten prangern zum einen die hohe Zahl von Toten im Gazastreifen an. Zum anderen fordern sie die Universitäten auf, Verbindungen zu Unternehmen zu beenden, die Verbindungen nach Israel haben. Immer wieder kam es auch zu Antisemtismus.
US-Präsident ruft zu Ordnung auf
In den vergangenen Tagen musste die Polizei an verschiedenen US-Universitäten eingreifen. Protestcamps wurden geräumt, Medienberichten kam es zu rund 2.000 Festnahmen. Die Universität of California in Los Angeles (UCLA) kündigte für Freitag die Umstellung auf Online-Betrieb an. Am Donnerstag hatte die Polizei auf dem UCLA-Campus ein Protestcamp geräumt und mehr als 200 Demonstranten festgenommen.
Angesichts der zunehmenden Eskalation der Proteste rief US-Präsident Joe Biden in einer Fernsehansprache zu Ordnung auf. "Wir sind keine autoritäre Nation, die Menschen zum Schweigen bringt oder Meinungsunterschiede unterdrückt", betonte er. Die USA seien aber "kein gesetzloses Land, sondern eine Zivilgesellschaft, und es muss Ordnung herrschen". Es müsse ein Gleichgewicht zwischen dem Recht auf friedlichen Protest und der Notwendigkeit geben, Gewalt zu verhindern.
Steigender Antisemitismus: Parlament gedenkt NS-Opfern
Zusammenfassung
- Die Hochschulproteste gegen den Krieg im Gazastreifen weiten sich von den USA zunehmend auf Universitäten weltweit aus.
- Auch in Paris und Berlin kam es zu teils heftigen Szenen bei Polizeieinsätzen. Die Berliner Polizei sprach von "Volksverhetzung".
- In Mailand kann eine Tagung zum Thema Israel nur online stattfinden.
- In den USA rief Präsident Joe Biden angesichts der zunehmenden Eskalation der Proteste in einer Fernsehansprache zu Ordnung auf.