Weiter pro-palästinensische Proteste an europäischen Unis
Am Campus der Universität Wien im Alten AKH wurde von Aktivisten ein Protestcamp errichtet. Die österreichische Polizei beobachtet die Kundgebung und sah vorerst keinen Grund zur Auflösung.
Zu dem Camp an der Berliner FU erklärte eine Gruppe mit dem Namen Student Coalition Berlin in einer Mitteilung, dass mit der Aktion gegen den "Völkermord" im Gazastreifen protestiert werden solle. Sie forderte die Universitäten in Berlin unter anderem dazu auf, sich für eine Waffenruhe im Gazastreifen einzusetzen und Israel "akademisch und kulturell" zu boykottieren. Die Gruppe hatte in der vergangenen Woche zu einer Protestaktion an der Humboldt-Universität aufgerufen.
Die Polizei war an der FU mit 200 Einsatzkräften vor Ort, die das Gelände am Nachmittag räumten. Eine Sprecherin sagte, in der Spitze hätten sich bis zu 150 Menschen an den Protesten beteiligt. Es habe vereinzelte Festnahmen gegeben, unter anderem wegen Hausfriedensbruchs oder Volksverhetzung. Einem AFP-Reporter zufolge wurden die Demonstranten teilweise weggetragen, weil sie sich weigerten, den Hof zu verlassen. Es wurde Pfefferspray eingesetzt.
"Diese Form des Protests ist nicht auf Dialog ausgerichtet", erklärte FU-Präsident Günter Ziegler. "Eine Besetzung ist auf dem Gelände der FU nicht akzeptabel - wir stehen für einen wissenschaftlichen Dialog zur Verfügung, aber nicht auf diese Weise."
Aus Sicht des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigt die gewaltsame Besetzung der FU einen "fanatischen Charakter" der daran beteiligten Gruppierungen. "Der Israel-Hass und der antizionistische sowie antisemitische Hintergrund der Aktion ist offensichtlich und gehört zur DNA dieser Leute", erklärte Schuster. Dass die Universitätsleitung in ihrem Statement kein Wort über diesen ideologischen Unterbau verwende, sei mehr als irritierend.
Nach der Besetzung des Audimax an der Leipziger Universität räumte die Polizei Dienstagabend den Hörsaal. Es seien derzeit 13 Tatverdächtige ausgeforscht worden, teilte ein Polizeisprecher mit. Zuvor seien die Unterstützer, die die Türen des Audimax blockiert hatten, aufgefordert worden, die Eingänge zum Hörsaal freizugeben. Einige hätten jedoch weggetragen werden müssen, hieß es.
Das Audimax und der Innenhof auf dem Innenstadt-Campus der Universität Leipzig waren am Dienstagnachmittag besetzt worden. Laut Polizei hatte ein Dutzend Menschen das Audimax besetzt. Im Innenhof hatten sich laut Polizei 50 bis 60 Unterstützer eingefunden. Zudem hätten rund 40 proisraelische Demonstranten gegen die Besetzung protestiert.
In Paris schritt die Polizei am Dienstag zweimal vor dem historischen Gebäude der renommierten Hochschule Sciences Po Paris ein, um pro-palästinensische Versammlungen aufzulösen, wie AFP-Reporter berichteten. Am frühen Vormittag versperrten Mülltonnen den Eingang, etwa zwanzig Studenten waren anwesend. 13 Studenten der Hochschule sind seit vergangener Woche im Hungerstreik.
In Amsterdam löste die Polizei in der Nacht auf Dienstag ein Protestlager auf einem Campus auf und nahm 125 Demonstrierende fest. Wie Fernsehbilder zeigten, gingen die Beamten mit Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor und zerstörten ihre Zelte, nachdem diese sich geweigert hatten, den Campus zu verlassen. Der Polizei zufolge hatten die Proteste einen "gewalttätigen Charakter". In der Schweiz besetzten pro-palästinensische Studenten Hochschulen in Lausanne, Zürich und Genf.
Auch in den USA protestieren Studenten teils massiv gegen die israelische Militäroffensive im Gazastreifen. Diese wurden durch den Überfall der von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuften Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst. Die islamistischen Kämpfer überfielen damals israelische Ortschaften und töteten nach israelischen Angaben etwa 1.170 Menschen. Darüber hinaus verschleppten sie rund 250 Menschen als Geiseln in den Gazastreifen. Israel geht seit dem Hamas-Großangriff massiv militärisch im Gazastreifen vor.
Zusammenfassung
- An europäischen Universitäten, darunter die Freie Universität Berlin und die Universität Leipzig, setzten sich die pro-palästinensischen Proteste fort, mit Forderungen nach einem Boykott Israels.
- Die Polizei griff durch, räumte Protestcamps und nahm Demonstranten fest: In Berlin waren 200 Einsatzkräfte im Einsatz, 150 Menschen beteiligten sich an den Protesten, in Amsterdam wurden 125 Personen festgenommen.
- Die Protestaktionen forderten auch international Aufmerksamkeit, mit Hungerstreiks an der Sciences Po Paris und weiteren Protesten in den USA und anderen europäischen Ländern.