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Pezeshkian als neuer Präsident des Iran vereidigt

Masoud Pezeshkian ist neuer Präsident des Irans. Der als moderat geltende 69-Jährige wurde im Parlament in der Hauptstadt Teheran vereidigt und nimmt somit offiziell die Amtsgeschäfte als neunter Präsident der Islamischen Republik auf. An der Vereidigungszeremonie nahmen nach iranischen Angaben hochrangige Vertreter aus 86 Ländern teil. Die meisten westlichen Länder hatten Pezeshkian weder zum Wahlsieg gratuliert, noch standen sie auf der Gästeliste des Parlaments.

Pezeshkian konnte sich als Kandidat des Reformlagers in einer Stichwahl Anfang Juli gegen Saeed Jalili, ein Hardliner und Wunschkandidat des Systems, durchsetzen. Nach der Vereidigung will Pezeshkian zunächst seine Vizepräsidenten und Kabinettsmitglieder vorstellen. Bisher hat er nur Mohammed-Reza Aref als seinen ersten Vize ernannt. Der 71-jährige Aref war von 2001 bis 2005 auch Vizepräsident von Mohammad Khatami.

Laut iranischer Verfassung ist nicht der Präsident, sondern Ayatollah Ali Khamenei als oberster Führer das eigentliche Staatsoberhaupt des Landes. Daher wird auch nicht Pezeshkian, sondern Chamenei weiterhin das letzte Wort in allen strategischen Belangen haben.

Nichtsdestotrotz sind die Erwartungen an Pezeshkian im Land enorm hoch. Als wichtigste Aufgabe des neuen Präsidenten gilt, die desolate Wirtschaft im Land anzukurbeln. Das ist Beobachtern zufolge jedoch ohne die Aufhebung der im Zusammenhang mit dem Atomstreit verhängten internationalen Sanktionen gegen den Iran nicht machbar.

"Unser erstes Ziel ist Gerechtigkeit für alle ohne jegliche Diskriminierung", sagte Pezeshkian nach der Vereidigung. Außenpolitisch wolle der Iran einen konstruktiven Dialog mit der Weltgemeinschaft. Dieser müsse aber auf der Basis von gegenseitigem Respekt sein, sagte er weiter.

In der Nahostpolitik gibt es geringe Erwartungen, dass es mit dem neuen Präsidenten zu spürbaren Veränderungen kommt. Auch für Pezeshkian gilt die "Befreiung Palästinas von israelischer Besatzung" sowie Unterstützung der antiisraelischen Widerstandsfront als Hauptdoktrin der Außenpolitik. Seine Regierung wolle Frieden und keine Spannungen, könne aber die israelischen Verbrechen in Gaza nicht hinnehmen, sagte Pezeshkian.

Nach Einschätzung von Beobachtern wäre mit Pezeshkian ein direkter Konflikt mit dem Erzfeind Israel jedoch unwahrscheinlich. Wegen der Wirtschaftskrise im eigenen Land - und seines Wahlmottos "Für den Iran" - erwarten die Iranerinnen und Iraner auch weniger Unterstützung für die Widerstandsgruppen, die Teheran in der Region finanziert.

Mit Ägypten könnte nach 45-jähriger Eiszeit unter Pezeshkian eine Annäherung vollzogen werden. Der ägyptische Außenminister Sameh Shoukry reiste zur Vereidigung des neuen Präsidenten nach Teheran. Der Iran hofft seit langem, die diplomatischen Beziehungen mit Kairo wieder voll aufzunehmen. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte seinem neuen iranischen Amtskollegen zum Wahlsieg gratuliert.

Innenpolitisch stechen zwei Themen hervor: die Internetpolitik und Frauenrechte. Die von den Hardlinern im Parlament verhängten Internet-Einschränkungen haben besonders viele Online-Unternehmen lahmgelegt. In der Hinsicht erwarten die Wähler Pezeshkians ein konsequentes und kompromissloses Vorgehen gegenüber dem Parlament und eine schnelle Abschaffung der massiven Einschränkungen.

Bei den Frauen geht es um die strengen Straßenkontrollen der Sittenpolizei, die sie zur Einhaltung der islamischen Kleiderordnung zwingen sollen. Seit der Frauenbewegung 2022 und den landesweiten Protesten ignorieren Frauen die islamischen Kleidungsvorschriften und insbesondere das Tragen des obligatorischen Kopftuchs zunehmend. Zuletzt gab es erneut strengere Kontrollen, die teils auch zu Polizeigewalt gegen Frauen und Festnahmen führten. Pezeshkian versprach im Wahlkampf, die Kontrollen umgehend zu stoppen.

Im Reformlager herrscht seit der Stichwahl eine regelrechte Pezeshkian -Euphorie, für seine Anhänger gilt er als neuer Hoffnungsträger. Beobachter warnen allerdings vor erhöhten Erwartungen. Der neue Präsident ist politisch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt. Regierungserfahrung hatte der Herzchirurg lediglich zwischen 2011 bis 2015 als Gesundheitsminister; er war sonst nur im Parlament tätig. Ob er sich als Präsident gegen den mächtigen Klerus und die islamischen Hardliner im Parlament durchsetzen kann, bleibt abzuwarten.

ribbon Zusammenfassung
  • Masoud Pezeshkian, 69, wurde als neuer Präsident des Irans vereidigt. 86 Länder nahmen an der Zeremonie teil, jedoch keine westlichen Länder.
  • Pezeshkian plant, die Wirtschaft anzukurbeln und die Internet-Einschränkungen abzuschaffen. Er versprach auch, die Kontrollen der Sittenpolizei zu stoppen.
  • Eine diplomatische Annäherung an Ägypten nach 45 Jahren ist möglich. Der ägyptische Außenminister nahm an der Vereidigung teil, und Präsident al-Sisi gratulierte Pezeshkian zum Wahlsieg.