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Spitäler vor Schließung? Experte sieht "ausgezeichnete Idee"

In Niederösterreich sollen einige Krankenhäuser geschlossen, andere umfunktioniert werden. Was viele Menschen zunächst schockiert und die Opposition auf die Barrikaden treibt, könne laut Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer aber eine "ausgezeichnete Idee" sein.

Für den niederösterreichischen SPÖ-Chef Sven Hergovich ist es ein "Spitalskahlschlag" und ein "Angriff auf die Gesundheit". Die NEOS sehen eine "Diskussionsgrundlage", es brauche aber  "effizientere und patientenfreundlichere Strukturen". Die Grünen sehen dahinter "die Folge jahrelanger Fehlpolitik der schwarz-blauen Landesregierung mit roter Beteiligung". 

Aber was ist eigentlich passiert? Am Mittwoch veröffentlichte zunächst die "Krone" Details aus einem Expertenpapier. 4 der 27 Krankenhäuser in Niederösterreich sollen demnach geschlossen, fünf weitere sollen umfunktioniert werden. 

Die Spitäler in Hollabrunn, Korneuburg und Stockerau sollen in ein neues Spital "Weinviertel Süd-West" zusammengelegt werden. Aus Gänserndorf soll ein Primärversorgungszentrum werden. Die Kliniken Melk, Klosterneuburg, Gmünd und Waidhofen an der Thaya sollen Sonderkrankenanstalten werden. 

Niederösterreich SpitalsschließungenPULS 24

 

Fix ist daran jedoch noch nichts. "Da gibt es viele Ideen und Vorschläge, die diskutiert, evaluiert, verändert, aufgenommen oder aber wieder verworfen werden. Aktuell ist unseres Wissens kein einzelner Vorschlag oder keine einzelne Idee fixiert", betonte die Landesgesundheitsagentur. 

Ergebnisse werden der Landesregierung voraussichtlich im ersten Quartal des kommenden Jahres vorgelegt. "Dementsprechend wollen wir jetzt keine Papiere aus Schubladen kommentieren. Uns geht es um die bestmögliche gesundheitliche und pflegerische Versorgung der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher", teilte Landesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) mit. 

Video: Ernest Pichlbauer im Interview

Reform dringend nötig

Was steckt da nun dahinter? Ist es der von der Sozialdemokratie befürchtete "Kahlschlag" und "Angriff" oder doch eine sinnvolle Idee? "Die Spitalslandschaft in Niederösterreich gehört reformiert, das ist jetzt nichts Neues", sagte Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer im PULS 24 Interview. 

Besonders die Standorte Korneuburg, Stockerau und Gänserndorf stünden schon seit Jahrzehnten zur Debatte. Das aktuelle Geheimpapier kenne er nicht, man wüsse derzeit nicht, ob das "nur irgendwelche Szenarien" seien oder das schon Hand und Fuß habe. 

Ähnlich sieht es die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky im Gespräch mit PULS 24. "Wir alle kennen das Papier nicht", aber Experten müssten auch einmal Überlegungen anstellen dürfen. Kleinere Spitäler seien "völlig unrentabel". 

Video: Andrea Kdolsky im Interview

"Große Spitäler sind besser"

Pichlbauer hielt fest: Laut Wissenschaft sind "große Spitäler besser als kleine". Denn durch die Fortschritte und Spezialisierungen in der Medizin könnten viele Untersuchungen in Kleinstspitälern "nicht umgesetzt" werden. 

Laut dem Geheimpapier sollen aus den Kliniken Hollabrunn, Korneuburg und Stockerau das Krankenhaus "Weinviertel Süd-West" werden. "Die Idee, diese drei Kleinstspitäler zusammenzulegen und eine größere Einheit zu machen und dafür zum Beispiel die Rettungen auszubauen, das ist eine ausgezeichnete Idee - von der Versorgungswissenschaft her", hält Pichlbauer fest. Ähnlich sieht es Kdolsky: Wenn sie in der Verantwortung wäre, "würde ich überlegen, dass ich diese Spitäler umwandele. Ich brauche nicht alle vier Kilometer ein Spital". 

Lieber gute Qualität als zu Fuß ins Spital

Die Debatte um die wohnortnahe Spitalsversorgung kann er nicht nachvollziehen. Ambulante und mobile Leistungen sollten möglichst nah bei den Menschen erledigt werden könne. Wenn man allerdings stationär in ein Krankenhaus muss, "dann ist es besser, ich habe gute Qualität und eine super Logistik, als ich habe eine schlechte Qualität und die Leute können zu Fuß ins Spital gehen". 

Auch das Krankenhaus in Klosterneuburg sei "versorgungswissenschaftlich nicht notwendig", so der Experte. Das Spital habe etwa die "teuerste Geburtenstation Österreichs". 

ribbon Zusammenfassung
  • In Niederösterreich sollen Krankenhäuser geschlossen werden, andere umfunktioniert werden.
  • Was viele Menschen zunächst schockiert und die Opposition auf die Barrikaden treibt, könne laut Gesundheitsökonom Ernest Pichelbauer aber eine "ausgezeichnete Idee" sein.
  • "Die Spitalslandschaft in Niederösterreich gehört reformiert, das ist jetzt nichts Neues".
  • Pichlbauer hielt fest: Laut Wissenschaft sind "große Spitäler besser als kleine".