Neuer OSZE-Vorsitz fordert Ende der russischen Aggression
Der illegale Aggressionskrieg Russlands in der Ukraine werde weiterhin "ganz oben auf der Tagesordnung der OSZE bleiben", versicherte Borg. Um dies zu unterstreichen, werde er schon kommende Woche die ukrainische Hauptstadt Kiew besuchen und ein "unmissverständliches" Bekenntnis zur Souveränität und territorialen Unversehrtheit des Landes abgeben. Als OSZE-Vorsitzender verlange er "den sofortigen und bedingungslosen Abzug" Russlands aus der gesamten Ukraine in ihren international anerkannten Grenzen.
Zurückhaltend äußerte sich Borg bei der anschließenden Pressekonferenz auf eine Frage nach dem Ausschluss Russlands aus der OSZE. "Diese Organisation hat ihre eigenen Regeln und es gibt keinen Mechanismus zum Ausschluss eines Staates", sagte er. Weil Russland weiterhin OSZE-Staat sei und Entscheidungen Konsens erfordern, werde er auch mit Russland in Kontakt bleiben. "Ich werde alles tun, um diese Organisation am Leben zu halten", versicherte er.
Er wolle "unermüdlich" daran arbeiten, dass sich wieder alle OSZE-Staaten zu den Grundprinzipien der Organisation wie der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) oder der Charta von Paris bekennen, so Borg. Diese Prinzipien - zu denen etwa das Bekenntnis zu Gewaltfreiheit und zur Achtung der territorialen Integrität aller Mitgliedsstaaten zählen - seien "nicht beliebig", sondern für alle verbindlich.
"Diese Organisation muss weiterhin in den Prinzipien und Verpflichtungen verankert sein, auf die wir uns vor 50 Jahren alle gemeinsam verständigt haben. Das ist kein Selbstzweck, sondern ein Mittel zum Zweck. Und dieser Zweck ist, Frieden und Sicherheit in unserer Region wieder herzustellen", betonte der sozialdemokratische Politiker.
Wie in Antrittsreden neuer OSZE-Vorsitze üblich, erwähnte Borg die verschiedenen Tätigkeitsgebiete der Organisation - von Konfliktvermittlung bis Wahlbeobachtung. Diesbezüglich appellierte er an die OSZE-Staaten, zu den jeweiligen nationalen Wahlen Beobachter der OSZE-Teilorganisation ODIHR einzuladen. "Kein Land ist perfekt. Aber es ist kein Idealismus, wenn wir den Respekt für Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat als Grundlage für eine friedliche und sichere Welt ansehen", betonte er.
Malta war im vergangenen November kurzfristig als OSZE-Vorsitz eingesprungen, nachdem Russland die Kandidatur Estlands durch ein monatelanges Veto verhindert hatte. Beim OSZE-Ministerrat Anfang Dezember in Skopje wurde zudem eine veritable Führungskrise abgewendet, indem die Mandate der vier OSZE-Spitzenbeamten in letzter Minute verlängert wurden - allerdings nur bis Anfang September. Zudem hat die Organisation schon seit drei Jahren kein ordentliches Budget mehr und leidet unter akutem Geldmangel.
"Keine Organisation kann ohne ein Budget und ohne Führung funktionieren", betonte Borg. Er appellierte an die Mitgliedsstaaten, "dieser Organisation endlich die Mittel zu geben, die sie braucht. Wenn wir das nicht tun, was machen wir dann eigentlich da?" Der maltesische Vorsitz strebe daher einen raschen Budgetbeschluss an und wolle sich vor September auch der Führungsfrage widmen. Ziel sei es, "dass wir in Malta ankommen, ohne dass diese Fragen über der Organisation hängen", sagte Borg mit Blick auf den traditionell im Dezember im jeweiligen Vorsitzland stattfindenden OSZE-Ministerrat.
Borg versprach, sich für "pragmatische Lösungen" einsetzen zu wollen. Er hob zugleich den spezifischen Beitrag hervor, den sein Land aufgrund seiner "einzigartigen Position an der Kreuzung von Ost und West, Europa und Afrika" leisten könne. Als derzeitiges nicht-ständiges Mitglied des UNO-Sicherheitsrates wolle es auch an "Synergien" zwischen OSZE und UNO arbeiten. "Wir werden auf unserer Arbeit in (dem UNO-Hauptquartier) New York aufbauen". Der maltesische Außenminister erinnerte daran, dass sein Land die Verankerung einer Mittelmeer-Dimension in der KSZE-Schlussakte im Jahr 1975 erreicht und damit die Basis für die Partnerschaften der OSZE mit insgesamt elf Mittelmeeranrainern - von Marokko bis Israel - gelegt habe. Den Nahost-Konflikt erwähnte er in seiner Rede aber mit keinem Wort.
Der maltesische Vorsitz wolle eine "Brücke nach Helsinki" sein, wo im kommenden Jahr unter finnischem OSZE-Vorsitz der 50. Jahrestag der Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte gefeiert werden soll. Die Beschlüsse des OSZE-Ministerrates im nordmazedonischen Skopje im vergangenen Dezember seien für die Organisation "ein Hoffnungsschimmer" gewesen. "Aber wir sind noch nicht aus dem Gröbsten heraus", so Borg, der diesbezüglich den US-Bürgerrechtler Martin Luther King zitierte. "Wenn Du nicht fliegen kannst, dann laufe. Wenn Du nicht laufen kannst, dann gehe. Wenn Du nicht gehen kannst, dann krabble. Wichtig ist, dass Du Dich immer nach vorne bewegst", sagte der neue OSZE-Vorsitzende zum Abschluss der Rede unter freundlichem Applaus der OSZE-Botschafter.
OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid betonte bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Borg, dass es bei der Sitzung am Donnerstag "viel Unterstützung" für den neuen Vorsitz gegeben habe. Zugleich trat sie dem Eindruck entgegen, dass die Organisation wegen des russischen Aggressionskriegs blockiert sei. "Ich sehe tagtäglich, wie viel getan wird", sagte Schmid unter Verweis auf Projekte gegen Menschenhandel und Korruption oder für Grenzsicherheit. "Ja, es gibt politische Herausforderungen, aber die Arbeit, die wir zum Nutzen der Menschen machen, ist riesengroß."
Zusammenfassung
- Borg betont die Wichtigkeit, dass alle 57 Mitgliedsstaaten der OSZE die Grundprinzipien der Organisation anerkennen. Zudem fordert er sie auf, OSZE-Beobachter zu ihren nationalen Wahlen einzuladen.
- Angesichts des Umstands, dass die OSZE seit drei Jahren ohne ordentliches Budget ist und unter Geldmangel leidet, betont Borg die Notwendigkeit eines Budgets und einer klaren Führung. Er strebt einen raschen Budgetbeschluss an.