Neuer Anlauf für bessere Corona-Forschungsdaten
Derzeit lässt sich nicht sagen, welche Bevölkerungs- oder Berufsgruppen stärker von Covid betroffen sind oder welche Vorerkrankungen zu besonders schweren Verläufen führen. Dabei gibt es bei der Gesundheitsagentur GÖG seit Juni eine Plattform, über die Forscher Zugang zu anonymisierten Infektionsdaten erhalten. Sie wurde eingerichtet, nachdem Wissenschafter in einem offenen Brief vor einem "Blindflug" gewarnt hatten, weil an sich vorhandene Daten nicht ausgewertet werden dürfen. Doch die für viele Forschungsfragen wichtige Verknüpfung mit anderen öffentlichen Datenbanken - etwa von Krankenhäusern und Sozialversicherung - ist weiter nicht möglich.
"Die Daten gibt es, aber sie sind nicht öffentlich zugänglich", sagt der Komplexitätsforscher Peter Klimek von der Medizinischen Universität Wien. Er kritisiert, dass damit zwar Daten zur "Akutbekämpfung" der Krise verfügbar seien. Doch die zahlreichen Fragen zu Kollateral- und Folgeschäden der Pandemie könne man nicht beforschen, so der Wissenschafter, der Mitglied des Covid-Prognosekonsortiums ist: "Wir müssen jetzt die Daten-Infrastruktur auf die Beine stellen, um nicht dann im kompletten Blindflug die auch mittel- und langfristigen Konsequenzen der Pandemie zu managen."
Derzeit erhalten die 46 zur Datenplattform zugelassenen Forschungseinrichtungen ausschließlich anonymisierte Informationen aus dem "Epidemiologischen Meldesystem". Diese sind zwar etwas detaillierter als die öffentlich zugänglichen Corona-Daten und können etwa das genaue Alter oder die Nationalität der Erkrankten enthalten. Die ursprünglich angedachte Verknüpfung mit anderen Gesundheits- oder auch Arbeitsmarktdaten wurde bisher aber nicht umgesetzt, wie Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) kritisiert. Damit habe die Plattform "kaum einen Mehrwert" gegenüber den öffentlichen Daten.
Zumindest für die Patienten auf Intensivstationen soll sich das nun allerdings ändern, wie das Gesundheitsministerium ankündigt. Prioritär geplant ist demnach ein "Covid-Intensivregister", das den Verlauf der Krankheiten dokumentieren soll. Ein Entwurf für die dafür nötige Verordnung sei bereits "in koalitionärer Abstimmung" heißt es im Büro von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) auf APA-Anfrage. Außerdem werden gemeinsam mit dem Wissenschaftsressort Möglichkeiten geprüft, Daten über Covid-Infektionen "pseudonymisiert" mit jenen der e-Medikation zu verknüpfen. Dort ist gespeichert, welche Medikamente die Versicherten erhalten haben.
Dafür brauche es allerdings eine eigene Rechtsgrundlage unter Einhaltung der Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), heißt es im Sozialministerium. Die "Gesundheit Österreich" (GÖG) kündigt Gespräche über die rechtlichen und technischen Voraussetzungen für die wissenschaftliche Nutzung verknüpfter Daten im Jänner an: "Wir teilen die Sichtweise, dass eine Verknüpfung von Individualdaten einen großen Mehrwert für die Wissenschaft bietet, aber auf der anderen Seite sehen wir auch die Risiken die dadurch für die Betroffenen entstehen können", so die Gesundheitsagentur in einer Stellungnahme gegenüber der APA.
Zusammenfassung
- Wissenschafter kritisieren, dass die geplante Verbesserung der Covid-Datenplattform bisher nicht umgesetzt wurde.
- Die ursprünglich angedachte Verknüpfung mit anderen Gesundheits- oder auch Arbeitsmarktdaten wurde bisher aber nicht umgesetzt, wie Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS) kritisiert.
- Damit habe die Plattform "kaum einen Mehrwert" gegenüber den öffentlichen Daten.