Moskau greift Ukraines Infrastruktur an, Kiew Fliegerschule
Nach Angaben des russischen Managements der Anlage wurde ein Ausbildungszentrum neben dem Kraftwerk angegriffen. Die berichtete Explosion decke sich mit Beobachtungen von Experten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), die vor Ort stationiert sind, teilte IAEA-Chef Grossi auf X mit. "Diesmal keine unmittelbare Bedrohung der Atomsicherheit, aber dieser jüngste Vorfall zeigt einmal mehr, wie extrem ernst die Lage ist", sagte Grossi.
Am Sonntag war das AKW an drei Stellen von Drohnen angegriffen worden. Laut einem Bericht der IAEA kam es zu keinen schweren Schäden. Dennoch wertete die in Wien ansässige Behörde den Angriff als "schweren Vorfall", der die Strahlenschutzhülle eines Reaktors in Gefahr gebracht habe. Die IAEA äußerte sich nicht darüber, von welcher Seite das AKW jeweils attackiert wurde. Sie berichtete jedoch, dass am Sonntag russische Truppen die Drohnen bekämpft hätten.
Russland, dessen Truppen beim Angriff auf die Ukraine vor mehr als zwei Jahren auch das Kernkraftwerk erobert haben und es seither besetzt halten, inszeniert sich als Sicherheitsgarant der Anlage. Der einflussreiche erste Vizechef der Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko, hat offiziellen Angaben zufolge im Kraftwerk eine Sitzung zur aktuellen Lage und Fragen der Sicherheit der Anlage abgehalten. Außenminister Sergej Lawrow erklärte unterdessen bei seinem Besuch in China, dass Russland eine Dringlichkeitssitzung der IAEA und des UNO-Sicherheitsrates fordern werde, um eine internationale Stellungnahme zu den "Handlungen des ukrainischen Regimes" zu erzwingen.
Die Abschüsse der russischen Drohen sind laut Kiew über südlichen und zentralen Gebieten, aber auch der Westukraine erfolgt. Im westukrainischen Gebiet Lwiw sind dem Gouverneur Maxym Koyszkyj zufolge Drohnentrümmer auf ein Objekt der "kritischen Infrastruktur" gefallen. Das Energieministerium in Kiew teilte später mit, dass der Angriff einem Umspannwerk gegolten habe und die Schäden noch untersucht würden. Im zentralukrainischen Gebiet Poltawa ist dem Ministerium zufolge ein weiteres Umspannwerk beschädigt worden. Das ausgebrochene Feuer konnte gelöscht werden. Zudem seien zwei Hochspannungsleitungen im Gebiet Dnipropetrowsk im Südosten ausgefallen, heißt es. Ein Industrieobjekt sei daher ohne Strom.
Bei weiteren russischen Raketen- und Bombenangriffen wurden nach Behördenangaben mehrere Menschen getötet und verletzt. In Poltawa im Zentrum des Landes forderte ein Raketenangriff in der Nacht demzufolge mindestens ein Todesopfer und zwölf Verletzte, ein zweistöckiges Wohnhaus wurde dabei beschädigt. Im nordukrainischen Gebiet Sumy wurde am Montag ein Mensch bei russischen Luftangriffen getötet und mindestens sechs verletzt. Zudem wurde eine Person im Gebiet Donezk getötet, fünf weitere wurden verwundet. Weitere mindestens vier Verletzte gab es in den Gebieten Charkiw und Cherson. Bei den russischen Angriffen wurden Dutzende Wohnhäuser beschädigt oder zerstört. Die Zahl der Opfer nach russischen Raketenangriffen vom Montag im südostukrainischen Gebiet Saporischschja stieg auf vier Tote und acht Verletzte, teilte Gouverneur Iwan Fedorow mit. Insgesamt seien 13 Ortschaften im südostukrainischen Gebiet angegriffen worden.
Die Ukraine wehrt seit über zwei Jahren eine russische Invasion ab. Russland greift immer wieder die ukrainische Energieinfrastruktur an. Im ostukrainischen Gebiet Charkiw gibt es nach den verheerenden Angriffen vom März weiter nur stundenweise Strom.
Die ukrainischen Angriffe in Westrussland richteten ukrainischen Medien zufolge "erheblichen Schaden in der Hauptproduktionshalle" des Lehrzentrums in der Stadt Borissoglebsk an. Russische Medien berichteten hingegen lediglich von kaputten Fenstern und leichten Schäden an der Fassade. Unabhängig lassen sich die Berichte nicht prüfen. In den veröffentlichten Videos sind Explosionen zu hören und in der Ferne ist ein Feuerschein zu sehen. Das russische Verteidigungsministerium meldete nur den Abschuss von zwei Drohnen über der Region.
Der Gouverneur der Region Woronesch, Alexander Gussew, bestätigte den Drohnenangriff und den Abschuss durch die Flugabwehr. Tote und Verletzte seien nicht zu beklagen. Ob es Schäden am Boden gegeben habe, müsse aber noch überprüft werden, schrieb er auf seinem Telegram-Kanal.
Zusammenfassung
- In der Nacht griff das russische Militär ukrainische Infrastruktur mit 20 iranischen Kampfdrohnen an; alle abgeschossen, Schäden an Umspannwerken und Hochspannungsleitungen.
- Die Ukraine reagierte mit einem Drohnenangriff auf ein russisches Fliegerausbildungszentrum, russische und ukrainische Quellen berichten unterschiedlich über das Ausmaß der Schäden.
- Unabhängige Überprüfungen der Vorfälle sind nicht möglich, in der Ostukraine gibt es nach früheren Angriffen nur stundenweise Strom.