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Mehr Kindergartenplätzen für behinderte Kinder gefordert

In Österreichs Kindergärten haben immer mehr Kinder Verhaltensauffälligkeiten oder bräuchten wegen einer körperlichen bzw. psychischen Beeinträchtigung Begleitung durch eine Sonderkindergartenpädagogin.

In der Praxis gibt es allerdings viel zu wenige solcher Integrationsplätze, kritisiert Natascha Taslimi vom Netzwerk Elementarer Bildung Österreichs (NEBÖ). Sie verlangt Förderungen, um inklusive Angebote bei allen Kindergartenträgern zu ermöglichen.

Dass derzeit nur wenige Kindergartenkinder die entsprechende Förderung bekommen können, sei eine vertane Chance, beklagt Taslimi im Gespräch mit der APA. Wenn etwa ein Kind mit einer Autismusspektrum-Störung schon im Kindergarten gut darauf vorbereitet werde, sich in eine größere Gruppe zu integrieren, sei auch danach die Chance größer, dass es im Regelschulwesen gemeinsam mit Kindern ohne Beeinträchtigung lernen kann. "Es geht hier ganz viel Potenzial verloren."

Kinder werden "weitergereicht"

Derzeit würden Kindergartenkinder, die einen Integrationsplatz brauchen, mangels Angebot entweder auf Wartelisten landen oder kämen in reguläre Gruppen ohne zusätzliche Unterstützung. Das ist laut Taslimi allerdings für alle Betroffenen unbefriedigend - die Kinder bekämen nicht, was sie bräuchten, die anderen Kinder würden sich gestört oder eingeschränkt und die Pädagog:innen überfordert fühlen. In der Praxis würden die Kinder mit erhöhtem Unterstützungsbedarf deshalb von Standort zu Standort "weitergereicht" und die Möglichkeit auf eine gute Weiterentwicklung verlieren.

 

Beispiele für gute Praxis gibt es zwar laut der NEBÖ-Sprecherin. So würden im Burgenland manche Kindergärten Einzelintegration anbieten, bei der eine Pädagogin oder Stützkraft für die Betreuung und pflegerische Unterstützung eines Kindes abgestellt ist. Einen Rechtsanspruch darauf gebe es allerdings nicht, betont Taslimi. "Das ist im Ermessen der Gemeinde."

Förderung für private Kindergärten

In Wien gebe es nur in den städtischen Kindergärten spezielle Angebote für Kinder mit Behinderung. Kindergärten der privaten Träger, die in der Bundeshauptstadt immerhin zwei Drittel der elementarpädagogischen Infrastruktur stellen, könnten solche Angebote zwar ebenfalls machen. Das sei für die Träger ohne zusätzliche Förderung aber zu teuer, so Taslimi mit Verweis etwa auf Kosten für spezielle bauliche Voraussetzungen, therapeutische Geräte sowie das nötige Unterstützungspersonal.

Inklusiver-Elementarpädagogik-Ausbildung fehlt

Der Mangel an adäquaten Angeboten gehe dabei weit über das Bauliche hinaus. Bei einem schwer und mehrfach behinderten Kind brauche man speziell ausgebildete Sonderpädagog:innen, die wissen, wie man das Kind angreift oder pflegerisch unterstützt. Allerdings habe es bis vor Kurzem nicht einmal in jedem Bundesland eine Ausbildung in Inklusiver Elementarpädagogik gegeben, das sei erst mit den neuen Angeboten an den Pädagogischen Hochschulen bundesweit der Fall.

Außerdem gibt es aus Taslimis Sicht zu wenig Wissen über die Zielgruppe. So wurde im Schuljahr 2021/22 bei 5,8 Prozent der Pflichtschüler (v.a. Volks-, Mittel- und Sonderschule) ein Sonderpädagogischer Förderbedarf (SPF) wegen einer nachhaltigen psychischen oder körperlichen Behinderung attestiert. Wie viele Kindergartenkinder einen Integrationsstatus haben, sei indes nicht bekannt. Dabei sei anzunehmen, dass der Anteil an Kindern mit besonderem Förderbedarf noch einmal größer sei, weil ja etwa Kinder mit massiven Sprachentwicklungsstörungen vom SPF gar nicht erfasst seien.

ribbon Zusammenfassung
  • In Österreichs Kindergärten haben immer mehr Kinder Verhaltensauffälligkeiten oder bräuchten wegen einer körperlichen bzw. psychischen Beeinträchtigung Begleitung durch eine Sonderkindergartenpädagogin.
  • In der Praxis gibt es allerdings viel zu wenige solcher Integrationsplätze, kritisiert Natascha Taslimi vom Netzwerk Elementarer Bildung Österreichs (NEBÖ).
  • Der Mangel an adäquaten Angeboten gehe dabei weit über das Bauliche hinaus.