APA/APA (AFP/Azerbaijani Def. Min.)/HANDOUT

Massenproteste in Armenien gegen Berg-Karabach-Abkommen

In Armenien halten die Proteste gegen die Regierung wegen der Vereinbarung einer Waffenruhe in Berg-Karabach an. Mehrere Tausend Menschen widersetzten sich am Mittwoch in der Hauptstadt Jerewan (Eriwan) dem Versammlungsverbot und forderten den Rücktritt von Ministerpräsident Nikol Paschinian. "Nikol ist ein Verräter", skandierte die Menge.

Die Polizei nahm einen Oppositionsführer und weitere Kritiker der am Dienstag mit Aserbaidschan erzielten Waffenruhe-Vereinbarung fest. Sie hatten versucht eine Kundgebung abzuhalten und den Rücktritt Paschinians verlangt.

Öffentliche Versammlungen sind unter dem Kriegsrecht, das in Armenien wegen der Kämpfe in Berg-Karabach verhängt wurde, untersagt. Dennoch planten 17 politische Parteien Kundgebungen. Sie empören sich gegen die unter Vermittlung Russlands ausgehandelte Waffenruhe, die die sechs Wochen dauernden Gefechte zwischen armenischen Kämpfern in Berg-Karabach und der aserbaidschanischen Armee beenden soll.

Der Unmut richtet sich vor allem dagegen, dass das von der aserbaidschanischen Armee gewonnene Gelände unter Kontrolle Aserbaidschans bleiben soll. Dazu gehört auch Schuscha, die zweitgrößte Stadt, die die Armenier Schuschi nennen. Bis zum 1. Dezember sollen weitere Gebiete unter aserbaidschanische Kontrolle kommen.

In Berg-Karabach, einer Enklave in Aserbaidschan, leben überwiegend christliche Armenier. Völkerrechtlich gehört die Region im Südkaukasus zum mehrheitlich islamischen Aserbaidschan, von dem es sich aber 1991 losgesagt hatte. International ist das nicht anerkannt.

Armeniens Ministerpräsident Paschinian begründet seine Zustimmung Waffenruhe-Vereinbarung damit, dass die eigene Armee ihn dazu gedrängt habe. Die Anführer in Berg-Karabach argumentieren, es habe das Risiko bestanden, dass die rasch vorrückenden aserbaidschanischen Soldaten nach dem Fall Schuschis das gesamte Gebiet unter ihre Kontrolle bekommen.

Die Einhaltung der Waffenruhe kontrollieren nun Soldaten Russlands, das einen Verteidigungspakt mit Armenien hat und dort einen Militärstützpunkt unterhält. Die Türkei leistet Aserbaidschan diplomatische und militärische Hilfe.

Die Türkei und Russland richten ein Zentrum zur Überwachung der Waffenruhe zwischen Aserbaidschan und Armenien ein. Das Zentrum solle "auf von der Besatzung befreitem aserbaidschanischem Gebiet" entstehen, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch in Ankara. Eine entsprechende Vereinbarung sei am Vormittag unterschrieben worden. Die Türkei werde sich zusammen mit Russland an Friedenskräften beteiligen, um die Umsetzung der Waffenruhe zu beobachten.

Dagegen stellte Kremlsprecher Dmitri Peskow erneut klar, dass das Zentrum zum Monitoring der Waffenruhe auf aserbaidschanischem Gebiet angesiedelt werde und nicht in Gebieten in Berg-Karabach, die zuvor von Aserbaidschan erobert worden waren. "Nein, so haben wir das nicht verstanden", sagte der Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Er wies abermals zurück, dass auch die Türkei Friedenstruppen entsendet.

Aserbaidschan hatte in einem Krieg nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor rund 30 Jahren die Kontrolle über das bergige Gebiet mit etwa 145.000 Bewohnern verloren. Seit 1994 galt eine brüchige Waffenruhe. In dem neuen Krieg hat sich Aserbaidschan weite Teile des Gebiets zurückgeholt. Das Land berief sich dabei auf das Völkerrecht und sah sich von seinem "Bruderstaat" Türkei unterstützt. Armenien wiederum setzt auf Russland als Schutzmacht.

ribbon Zusammenfassung
  • In Armenien halten die Proteste gegen die Regierung wegen der Vereinbarung einer Waffenruhe in Berg-Karabach an.
  • Mehrere Tausend Menschen widersetzten sich am Mittwoch in der Hauptstadt Jerewan (Eriwan) dem Versammlungsverbot und forderten den Rücktritt von Ministerpräsident Nikol Paschinian.
  • Die Türkei und Russland richten ein Zentrum zur Überwachung der Waffenruhe zwischen Aserbaidschan und Armenien ein.
  • Seit 1994 galt eine brüchige Waffenruhe.