Leere Innenstadt am Tag nach dem Anschlag
Auf den ersten Blick erinnerte die gespenstische Kulisse an den ersten Corona-Lockdown, wären da nicht unzählige schwer bewaffnete Polizisten gewesen, die martialisch unterstrichen, in welchem Ausnahmezustand sich die Innenstadt befand. Obwohl der Handel von dem seit Dienstag geltenden zweiten Lockdown ausgenommen ist, waren nur vereinzelt Geschäfte geöffnet. Es gab aber auch keinen Grund, offen zu halten, wer nicht unbedingt musste, blieb der Innenstadt fern.
Am Vormittag hatte sich noch kein Punkt herauskristallisiert, an dem Menschen mit Kerzen und Blumen ihrer Betroffenheit Ausdruck verleihen konnten. Zu tief war zunächst die Verunsicherung der Bevölkerung, um sich dem Tatort auch nur zu nähern. Im Wiener Stephansdom betete eine Handvoll Gläubige - bewacht von Polizisten mit Maschinenpistolen vor dem Dom.
"Ich habe Angst und bin froh, dass ich bald wieder nachhause kann", sagte die Verkäuferin einer Bäckerei nahe der U-Bahn-Station Schottentor der APA. Sie arbeitet in einem der wenigen Geschäfte in der Innenstadt, die am Dienstagvormittag geöffnet haben. "Es kommen kaum Menschen, es ist sehr wenig los", erzählte auch die Verkäuferin im Geschäft daneben. Auch sie fühlt sich unsicher, wie sie selbst sagte. Kunden gab es heute laut ihr deutlich weniger als normal.
In einer gegenüberliegenden Buchhandlung ist ebenfalls nur eine Verkäuferin anzutreffen. "Es war bisher noch kein einziger Kunde da", sagte sie. Am heutigen Tag, so vermutete sie, würden wohl kaum Menschen einkaufen gehen. "Wir können froh sein, dass es uns so gut geht", sagte sie, während sie vor einem leeren Regal saß, in dem normalerweise Tageszeitungen liegen. Denn diese wurden heute erst gar nicht geliefert.
Einer der wenigen Taxifahrer, der in der Innenstadt unterwegs ist, schildert ebenfalls völlige Menschenleere. "In zwei Stunden hatte ich erst zwei Fahrgäste", sagte er. Auf die Frage, wie er sich gerade fühle, antwortete er nur mit "ganz schlechter Tag".
Der Tatort war von der Polizei weiterhin weiträumig abgesperrt. Die Stimmung blieb nervös: Schon ein verdächtiger Gegenstand reichte aus, um wieder in den Alarmmodus überzugehen. Schaulustige gab es am Vormittag keine, lediglich Berichterstatter hielten sich in der Nähe der Ruprechtskirche auf. Die Partyzone, in der die Feiern und das Ausgehen kurz vor dem zweiten Lockdown mit dem schlimmsten Terroranschlag der jüngeren Geschichte Österreichs ein blutiges Ende fanden, war zur offenen Wunde der Stadt geworden.
Zusammenfassung
- Viele Menschen halten sich in Wien offenbar an den Aufruf, auch am Tag nach dem Anschlag zuhause zu bleiben und nicht rauszugehen.
- In den U-Bahnen, Straßenbahnen und Bussen herrschte oft völlige Stille.
- Auch in den wenigen offenen Geschäften im ersten Bezirk war sehr wenig los.
- Am heutigen Tag, so vermutete sie, würden wohl kaum Menschen einkaufen gehen.
- Auf die Frage, wie er sich gerade fühle, antwortete er nur mit "ganz schlechter Tag".