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Landes-FPÖ wegen Sobotka: Koalition nur mit "sauberer ÖVP"

Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger schießt gegen den türkisen Koalitionspartner: Eine Koalition wolle man nur mit einer "sauberen ÖVP". Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka dürfe weder in Koalitionsverhandlungen noch später eine Rolle spielen. Allerdings soll das Ganze erst in vier Jahren bei der nächsten Wahl gelten.

Der verstorbene Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek erhebt auf einer Tonbandaufnahme Vorwürfe gegen die ÖVP. In Tirol gehen deshalb bei der FPÖ die Wogen hoch. Dort sind nach der Wahl von 2022 die FPÖ und die ÖVP in einer Koalition. 

Landes-FPÖ-Chef Markus Abwerzger haut schon für die kommende Wahl 2027 auf den Busch: Eine prominente Rolle Sobotkas sei danach "denkunmöglich", wolle die ÖVP wieder eine Koalition mit den Blauen. "Die ÖVP muss intern säubern." "Das gilt auch für alle anderen, die daran mitgewirkt haben, die unabhängige Justiz zu untergraben", erklärte Abwerzger. Das werde hoffentlich die Staatsanwaltschaft zu Tage fördern, aber: "Ich gehe nicht davon aus, dass es sich bei Sobotka um einen mutmaßlichen Einzeltäter handelt."

Bei den Vorwürfen geht es darum, dass der vor kurzem verstorbene Pilnacek in privater Runde in einem Lokal darüber sprach, dass Sobotka ihm vorgeworfen habe, Ermittlungen nie abgedreht zu haben. Das Gespräch vom vergangenen Sommer wurde heimlich aufgenommen und in den vergangenen Tagen mehreren Medien zur Verfügung gestellt. Sobotka wies die Anschuldigungen zurück, die Staatsanwaltschaft Wien prüft einen Anfangsverdacht gegen ihn wegen versuchter Bestimmung zum Amtsmissbrauch.

Abwerzger vs. Mattle

"Wer schweigt, macht sich mitschuldig", richtete indes Abwerzger der Volkspartei aus. Dies gelte insbesondere auch für Tirols ÖVP-Obmann und Landeshauptmann Anton Mattle. Dieser solle sich "endlich äußern" - "noch dazu, da er ja sonst auch immer mit ach so hohen moralischen Wertvorstellungen, auch was die Ausgrenzung der Tiroler FPÖ betrifft, daherkommt." Mattle und andere ÖVP-Größen müssten sich jetzt "klar positionieren.": "Die Zeit des Wegsehens und Abtauchens ist vorbei."

Die "vernünftigen und gemäßigten Kräfte in der ÖVP, von denen es viele gibt", müssten nun das Heft in die Hand nehmen. Er glaube sogar, dass die Causa die "Chancen auf eine saubere ÖVP erhöht", so Abwerzger. Und diese aus ihrem "Selbstmitleidsmodus herauskommt."

ÖVP-Konter: Kickl-Koalition ebenfalls tabu

Die Tiroler ÖVP reagierte prompt: Eine Koalition mit FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl, "der die Menschen gegeneinander ausspielt, das Land spaltet und die Stimmung vergiftet", komme auch für die Landespartei nicht in Frage, erklärte Landesgeschäftsführer LAbg. Sebastian Kolland gegenüber der APA und lag damit auf einer Linie mit den Bundes-Schwarzen. Bevor die FPÖ irgendwelche Bedingungen stelle, müsse sie deshalb zuerst diese Frage klären. Im APA-Sommerinterview war Landeschef Mattle noch weiter gegangen und hatte - unabhängig von Kickl - eine Koalition mit den Freiheitlichen generell, "bei Beibehaltung des blauen Parteiprogrammes", ausgeschlossen. Auf Landesebene hatte sich Mattle gegen eine Koalition mit der FPÖ ausgesprochen.

FPÖ ist "Kickl-Anbetungsverein"

Schließlich rückte Kolland zur Verteidigung seines von Abwerzger angegriffenen Landesparteiobmannes und Landeshauptmannes aus: "Dass Markus Abwerzger glaubt, den moralischen Zeigefinger in Richtung unseres Landeshauptmannes Anton Mattle heben zu können, zeigt, dass manchen in der FPÖ die guten Umfragewerte bereits zu Kopf gestiegen sind. Denn wenn jemand für Anstand, Moral, Ehrlichkeit und Integrität steht, dann ist es unser Landeshauptmann." Die FPÖ sei zu einem reinen "Kickl-Anbetungsverein" geworden, wo jeder nachplappere, was "Scharfmacher Herbert Kickl" von sich gebe. "Für den Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger gilt leider mittlerweile dasselbe", meinte Kolland.

Vorwürfe gegen Van der Bellen

Vor den Vorhang treten und Stellung beziehen müsse endlich auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen. "Der grüne Obermoralist meldet sich ja sonst bei jedem Lercherlschas zu Wort. Aber hier schweigt er", attackierte Abwerzger das Staatsoberhaupt. Wenn es um Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit gehe, sei dies schließlich von höchstem staatspolitischer Interesse, betonte der Rechtsanwalt.

Damit wiederholt Abwerzger die Vorwürfe, die sein Parteichef Herbert Kickl schon am Mittwoch äußerte. 

ribbon Zusammenfassung
  • Nach Bekanntwerden des Tonbands, auf dem der verstorbene Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek Vorwürfe gegen die ÖVP erhoben hatte, stellt Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger der Volkspartei die Koalitionsrute ins Fenster.
  • Eine prominente Rolle Sobotkas sei "denkunmöglich", sprach sich der Tiroler Landesparteiobmann in einem solchen Fall gegen eine mögliche blau-schwarze Zusammenarbeit aus: "Die ÖVP muss intern säubern."