Krieg: Zwei Millionen Ukrainer flüchteten bereits nach Polen
Die EU berief indes ein Sondertreffen der Innenminister zur Koordinierung der Aufnahmen der Kriegsflüchtlinge ein. Bei den Beratungen am 28. März in Brüssel wird es laut einer ersten Tagesordnung um materielle und finanzielle Unterstützung für Aufnahmestaaten gehen. Zudem sollen Fragen des Außengrenzschutzes und der Sicherheit sowie die Aufnahme von in Moldau ankommenden Flüchtlingen Thema sein.
Polen nimmt mit Abstand bisher die meisten Flüchtlinge in Empfang, stellte aber in den vergangenen Tagen einen Rückgang der Neuankommenden fest. Viele der Menschen bleiben zudem nicht in Polen, sondern versuchen weiter nach Westeuropa oder auch in weiter entfernte Länder wie Kanada zu reisen.
Nach Österreich kamen seit Kriegsbeginn 164.000 Menschen aus der Ukraine. Mehr als 80 Prozent sind weitergereist, rund 30.000 werden laut Zahlen aus dem Innenministerium bleiben, registriert wurden bisher 9.000. Die täglich steigenden Zahlen an ukrainischen Flüchtlingen stellt die heimischen Behörden vor große Herausforderungen. Vor allem bei der Registrierung habe sich ein Stau gebildet.
Zudem will Österreich in den nächsten Tagen per Luftbrücke 2.000 ukrainische Vertriebene aus der Republik Moldau (Moldawien) übernehmen. Der Fokus des gemeinsam mit dem UNHCR aufgesetzten Aufnahmeprogramms liegt auf besonders schutzbedürftigen Personen. Die Lage in Moldau ist schwierig - im 2,6 Mio. Einwohner umfassenden Land sind schon mehr als 100.000 Flüchtlinge registriert. Zahlreiche Moldauer verlassen aufgrund der Kriegsgefahr allerdings selbst das Land.
Die NEOS fordern angesichts der dramatischen Situation einen EU-Koordinator oder eine EU-Koordinatorin für ukrainische Kriegsvertriebene. "Die größte humanitäre Katastrophe nach dem Zweiten Weltkrieg können wir nur gemeinsam bewältigen. Dafür braucht es nicht nur Empathie, sondern Organisation und Logistik", hieß es am Freitag in einer Mitteilung der Europaabgeordneten Claudia Gamon und Asylsprecherin Stephanie Krisper. Bis dahin müsse die österreichische Regierung "durch viel schnelleres und viel konkreteres politisches Handeln dafür sorgen, dass die Menschen in Not rasch Hilfe erfahren", sagte Krisper.
Auch Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser wünscht sich bei der Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine mehr Abstimmung innerhalb der Europäischen Union. In einem Gespräch mit EU-Innenkommissarin Ylva Johansson betonte die SPD-Politikerin nach eigenen Angaben am Freitag, "dass enger koordiniert werden muss auf europäischer Ebene". Dabei gehe es besonders darum, Nachbarländer der Ukraine wie Moldau zu entlasten.
Nach Deutschland kamen laut offiziellen Zahlen bereits fast 200.000 Kriegsflüchtlinge. Wie ein Sprecher des deutschen Innenministeriums am Freitag mitteilte, hat die Bundespolizei bisher die Einreise von 197.423 Flüchtlingen aus der Ukraine festgestellt. Erfasst werden allerdings nur Geflüchtete, die von der Bundespolizei angetroffen werden, etwa an der österreichisch-bayerischen Grenze, an Bahnhöfen oder in Zügen.
Im Regelfall gibt es keine festen Grenzkontrollen an den EU-Binnengrenzen, Ukrainer dürfen zudem ohne Visum einreisen - die Zahl der Angekommenen ist daher wahrscheinlich deutlich höher. Nicht erfasst wird außerdem, wie viele von ihnen womöglich von Deutschland aus weiterreisen zu Freunden oder Verwandten in anderen Staaten.
Italien plant die Aufnahme von 175.000 Flüchtlingen aus der Ukraine. Das geht aus einem Beschluss-Entwurf vor, den die Nachrichenagentur Reuters einsehen konnte. Es wird damit gerechnet, dass der Beschluss noch am Freitag vom Kabinett in Rom gefasst wird. Nach Angaben des Innenministeriums sind seit Beginn der Invasion rund 53.600 Ukrainer, darunter 27.000 Frauen und 21.600 Kinder, nach Italien geflohen.
Norwegen bereitet sich unterdessen auf die Aufnahme von bis zu 100.000 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine vor. Derzeit rechne die Regierung mit rund 30.000 Flüchtlingen aus der Ukraine in diesem Jahr, sagt Ministerpräsident Jonas Gahr Störe im Parlament in Oslo. Man bereite sich aber darauf vor, dass bis zu 100.000 Menschen Zuflucht in Norwegen vor der russischen Invasion suchen könnten. Bisher zählt Norwegen rund 2.000 Flüchtlinge aus der Ukraine.
Zusammenfassung
- Seit Beginn des russischen Einmarsches in die Ukraine vor mehr als drei Wochen haben zwei Millionen Kriegsflüchtlinge die Grenze zum Nachbarland Polen überquert.
- Am Freitagmorgen meldete der polnische Grenzschutz auf Twitter die Zahl von zwei Millionen Geflüchteten.
- Nach Deutschland kamen laut offiziellen Zahlen bereits fast 200.000 Kriegsflüchtlinge.
- Italien plant die Aufnahme von 175.000 Flüchtlingen aus der Ukraine.